Diabetes bedeutet nicht, auf Kohlenhydrate verzichten zu müssen bzw. zu dürfen. Im Idealfall sollten Kohlenhydrate 45-60% der täglichen Nahrungszufuhr ausmachen.
Wichtig: der Glykämische Index
Entscheidend ist, welche Zuckerstoffe man zu sich nimmt. Und hier spielt der sogenannte Glykämische Index (GI) eine Hauptrolle. Das ist eine Maßeinheit für Nahrungsmittel, die besagt, ob eine bestimmte Kost den Blutzucker deutlich in die Höhe treibt oder nicht. Oder anders gesagt: Ob nach dem Genuss einer bestimmten Speise mit einem raschen Anstieg des Blutzuckers zu rechnen ist oder nicht.
Das ist bei Diabetes und dem Ziel einer guten Blutzuckerkontrolle wichtiger als der Zuckergehalt dieser Speise. Ein niedriger Glykämischer Index ist demzufolge besser, da dann der Blutzucker weniger stark und weniger schnell ansteigt.
Mit sanfter Pflanzenkraft gegen Diabetes: Was ist dran?
Niedrig-, mittel- und hochglykämisch
Um Ihnen eine Vorstellung von der Höhe des Glykämischen Index in verschiedenen Nahrungsmitteln zu geben, nachfolgend ein paar Zahlen:
Als Referenzwert gelten 50 g Glukose. Sie haben per Definition einen GI von 100. Als niederglykämisch und damit "gut" gelten Lebensmittel mit einem GI < 55. Dazu zählen etwa Obst, Gemüse, Joghurt, Nüsse und Hülsenfrüchte. Hochglykämisch sind Lebensmittel ab einem GI > 70. Hierunter fallen Weißbrot, Fertigreis, Pommes frites oder Cornflakes. Sie zählen somit zu den "schlechten" Kohlenhydraten, da sie schnell ins Blut steigen. Dazwischen liegt mit einem GI von 56-69 mittelgradig glykämische Kost wie Vollkornbrot, Müsli und Haferflocken.
Hier können Sie zugreifen
Günstige Kohlenhydrat-Lieferanten sind demnach z.B.:
- frisches Gemüse
- Obst (außer der Melone)
- Vollkorn-Produkte
- Hülsenfrüchte
- Milchprodukte, v.a. fettarme
- Nudeln aus Hartweizen
Komplexe Kohlenhydrate beschäftigen den Darm
Dass es solche Unterschiede bei den Kohlenhydraten gibt, liegt an ihrem Aufbau. Sie bestehen aus einzelnen Zuckermolekülen. Die kleinste Einheit sind sogenannte Monosaccharide wie Glukose (Traubenzucker), Fruktose (Fruchtzucker) und Galaktose (Schaumzucker). Daneben gibt es, je nach dem, wieviele Zuckermoleküle aneinandergereiht sind, Di-, Oligo- und Polysaccharide.
Je länger die Zuckerkette und je komplexer der Aufbau damit ist, umso mehr ist der Körper mit dem Abbau und der Verarbeitung der Kohlenhydrate beschäftigt und umso langsamer gehen sie folglich ins Blut über.
Haushaltszucker, Honig und Süßwarten fluten als Monosaccharide rasch ins Blut und sind für Diabetiker daher eher ungünstig. Milch und Milchprodukte, bestehend aus zwei Zuckermolekülen (Disaccharide), brauchen schon länger. Hülsenfrüchte haben als Oligosaccharide 3-9 Zuckerbausteine und sind für den Darm eine noch größere Herausforderung. Polysaccharide wie Stärke, Getreide, Kartoffeln und Reis schließlich enthalten mindestens 10 Monosaccharid-Einheiten und beschäftigen den Körper entsprechend lange.
Auch Verarbeitung und Zubereitung spielen eine Rolle
Aber Vorsicht: Nicht nur die Nahrungsmittel selbst, sondern auch die Zubereitung spielt eine Rolle. Je weniger und schonender verarbeitet, umso wertvoller ist das Essen. So enthält die Dampfkartoffel die weitaus "besseren" Kohlenhydrate als Pommes frites, die mit dem Ursprungsprodukt nicht mehr viel gemein haben. Naturreis ist „besser“ als Instantreis, Gegartes grundsätzlich gesünder als Gebackenes.
besten Dank für Ihre ausführliche Antwort. Wir wollen unbedingt vermeiden, dass mein Mann Medikamente nehmen muss. Mit Ihren Vorschlägen gelingt uns das sicher.
Nochmals Danke!
Viele Grüße – Margrith Stähli
der Hausarzt meines Mannes (80) hat ihm empfohlen, abends keine Kohlenhydrate und Früchte zu essen, damit sein Langzeitzuckerwert etwas sinkt (momentan 6,5).
Soll er jetzt abends auf Linsen, Bohnen, Kichererbsen, Quinoa, Buchweizen, Haferflocken verzichten oder nur auf Kartoffeln, Reis, Teigwaren, Brot, Mehlspeisen?
Freundliche Grüße – Margrith Stähli
gute Frage, denn nicht alle Kohlenhydrate wirken gleich auf den Blutzucker.
Der Langzeitzuckerwert (HbA1c) von 6,5 % liegt an der Grenze zum Prädiabetes/Diabetes. Die Empfehlung, abends auf bestimmte Kohlenhydrate zu verzichten, soll vor allem nächtliche Blutzuckeranstiege vermeiden – das kann helfen, den HbA1c-Wert zu senken.
Welche Kohlenhydrate sind "problematisch"?
Die Empfehlung bezieht sich hauptsächlich auf schnell verdauliche (hochglykämische) Kohlenhydrate, also:
Kartoffeln
Weißer Reis
Weißbrot
Teigwaren aus Weißmehl
Mehlspeisen, Kuchen, Kekse
Süßigkeiten, Fruchtsäfte
Süße Früchte in größeren Mengen (z.B. Bananen, Trauben, Datteln)
Diese lassen den Blutzucker schnell ansteigen – vor allem abends, wenn der Körper langsamer reagiert.
Was ist abends nicht verboten (in Maßen)?
Langsam verdauliche, ballaststoffreiche Kohlenhydrate mit niedrigem glykämischen Index (GI) sind deutlich blutzuckerfreundlicher, vor allem in kleinen Mengen:
Linsen, Bohnen, Kichererbsen
Quinoa, Buchweizen (in Maßen okay)
Haferflocken (kleine Portionen, z.B. 2 EL im Joghurt)
Diese lassen den Blutzucker langsamer und flacher ansteigen, besonders wenn sie mit Eiweiß oder Fett kombiniert werden (z.B. Linsensalat mit Olivenöl und Feta).
Was könnte er also abends essen?
Hier ein paar blutzuckerfreundliche Abendessen-Ideen:
Gemüsesuppe mit Hülsenfrüchten (Linsen, Bohnen)
Quinoasalat mit Gemüse und Ei
Ofengemüse mit Feta oder Tofu
Naturjoghurt mit ein paar Nüssen und Zimt
Rührei mit Spinat, Pilzen, Avocado
Viele Grüße, Dr. med. Jörg Zorn
Sie haben Recht, diese Einteilungen in Schubladen sind manchmal eher irreführend. Wir kommen jetzt nicht akut dazu, dass zu überdenken und ggf. überarbeiten, aber wir nehmen das auf die Aufgabenliste.
Viele Grüße, J. Zorn vom Navigator-Team