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Brauche ich eine Chemotherapie? Ist eine Chemotherapie bei Brustkrebs auch im höheren Alter möglich? Gibt es Tests, die das Ansprechen auf die Chemotherapie vorhersagen können? Antworten auf diese Fragen finden Sie im folgenden Beitrag.

Sinn der Chemotherapie

Brustkrebs: Brauche ich eine Chemotherapie?

Das kommt darauf an. Die Wahl der richtigen Therapieform bei Brustkrebs ist nicht einfach und wird immer für den individuellen Fall von mehreren Experten entschieden. Dabei spielt eine Rolle, wie fortgeschritten der Tumor ist, aber auch, wie es Ihnen geht und wie fit Sie sich fühlen. Denn eine Chemotherapie ist auch eine Belastung für den gesamten Körper.

Insgesamt können aber durch eine Chemotherapie die Erfolgsaussichten steigen und das Risiko verringert werden, dass der Tumor wieder ausbricht (Rezidiv). Aber was genau ist eigentlich eine Chemotherapie, wann wird sie verabreicht und welche Nebenwirkungen bringt sie mit sich?

Chemotherapie bei Brustkrebs: Wirkung und Nebenwirkungen

Was ist eine Chemotherapie und wie wirkt sie?

Unter Chemotherapie versteht man eine Behandlung mit chemischen Substanzen. Dabei geht die Ursprungssubstanz oft auf natürliche Wirkstoffe zurück, die zu therapeutischen Zwecken synthetisch, also im Labor, weiterentwickelt wurden.

Das Prinzip der Therapie ist es, bösartige Zellen an der Teilung zu hindern, indem sie an unterschiedlichen Phasen der Zellteilung angreift.

Jede Zelle unseres Körpers durchläuft einen Zellzyklus, um sich zu teilen und zu vermehren. Krebszellen sind dabei meist besonders schnell, das heißt, sie teilen sich mit großer Geschwindigkeit und wuchern dadurch immer weiter.

Schnellen Zellen geht es an den Kragen

Es mag vielleicht etwas seltsam klingen, aber dieses rasante Teilungsverhalten ist für die Therapie sehr vorteilhaft. Denn sie richtet sich vornehmlich gegen Zellen, die sich gerade vermehren. Je teilungsfreudiger die Zellen also sind, umso mehr werden von den Wirkstoffen erwischt.

Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Chemotherapie?

Bei Brustkrebs erfolgt sie in der Regel als adjuvante Therapie, das heißt im Anschluss an die Brustkrebsoperation, die meist an erster Stelle steht.

In manchen Fällen kann sie aber auch neoadjuvant, also vor der Operation, erfolgen. Das hat gerade in späteren Stadien den Vorteil, dass der Tumor zunächst verkleinert wird, um anschließend besser operiert werden zu können.

Nebenwirkungen: Warum greift die Chemotherapie nicht nur Krebszellen an?

Leider gibt es aber auch eine Kehrseite. Denn nicht nur die bösartigen Zellen teilen sich, sondern jede Zelle unseres Körpers vermehrt sich immer wieder in unterschiedlichem Tempo.

Obwohl Forscher mit Hochdruck daran arbeiten, Wirkstoffe zu entwickeln, die gezielt nur gegen das Tumorgewebe vorgehen und es hier in den letzten Jahren enorme Fortschritte gab, wirken viele Chemotherapeutika nach wie vor gegen alle Zellen, die sich gerade teilen.

Wer langsam ist, ist klar im Vorteil

Die trägeren unter ihnen, die sich nur hin und wieder einmal vermehren, kommen dabei recht gut weg. Gefährlicher wird es für die Körperzellen, die sich ebenso wie die Krebszellen schnell teilen.

Das sind vor allem:

Zellen der Schleimhäute, des Knochenmarks und der Haarwurzeln. Werden sie geschädigt, kommt es zu den typischen Nebenwirkungen einer Chemotherapie wie Übelkeit und Erbrechen, eine hohe Infektanfälligkeit und Haarausfall.

Es ist daher genau abzuwägen, ob die relativ aggressive Therapieform zum Einsatz kommt. In zahlreichen klinischen Studien wurden die Vor- und Nachteile getestet, so dass man inzwischen ziemlich genau sagen kann, welche Frauen davon erwiesenermaßen profitieren.

Wenn die Lebenszeit verlängert, Symptome gelindert und die Lebensqualität trotz der zellgiftigen Eigenschaften erhöht wird, sollte eine Chemotherapie erwogen werden.

Wann kommt eine Chemotherapie in Frage?

Wenn folgende Punkte erfüllt sind, ist eine Chemotherapie grundsätzlich zu empfehlen:

  • Der Tumor weist ein G3 oder G4 Grading auf.
  • Der Tumor ist HER2/neu positiv.
  • Der Tumor ist Hormonrezeptor negativ.
  • Es wurden Lymphknotenmetastasen nachgewiesen.
  • Sie sind jünger als 35 Jahre.

Zur Erläuterung: Das Grading sagt aus, wie stark die Krebszellen entartet sind. Dabei ist G1 am wenigsten und G4 so sehr entartet, dass man die Zellen kaum mehr als Brustgewebe identifizieren kann. Dies kann nur der Pathologe anhand von Gewebeproben feststellen, die in der Operation oder in einer Stanzbiopsie gesichert wurden.

Auch die Rezeptoren sind entscheidend

Neben dem Grading spielen aber wie gesagt auch zahlreiche andere Faktoren eine Rolle, z.B. Vorerkrankungen oder bereits vorangegangene Chemotherapien in Ihrer Krankengeschichte. Ob eine Chemotherapie überhaupt in Frage kommt und in welcher Form und Reihenfolge, hängt auch von bestimmten Merkmalen des Tumors ab.

Manche Brustkrebsarten haben Rezeptoren für bestimmte Substanzen (HER2/neu, Hormone), die sie in ihrem Wachstum unterstützen. Sie bieten eine weitere Angriffsfläche für die Chemo- oder auch eine Hormontherapie.

Hat der Tumor etwa eine Ankerstelle mit dem Namen HER2/neu, profitieren ältere Frauen genauso wie jüngere von einer vorgeschalteten Chemotherapie. Der Brustkrebs lässt sich damit so gut eindämmen, dass die nachfolgende OP vielversprechend ist. Sind dann auch noch die Hormonrezeptoren positiv, wie die Ärzte sagen, stehen die Chancen noch besser.

Chemotherapie in höherem Lebensalter

Ist eine Chemotherapie bei Brustkrebs auch im Alter sinnvoll?

Das Alter spielt bei der Frage nach der Behandlung von Brustkrebs zwar eine Rolle, ist aber nur ein Aspekt von vielen.

Studien zeigen, dass auch ältere Frauen von einer Chemotherapie profitieren

Daten aus 8 einzelnen Studien wurden analysiert: Es ging dabei um die Frage nach der Relevanz einer sogenannten neoadjuvanten Chemotherapie, die also noch vor der Operation verabreicht wird, um die Erfolgsaussichten des Eingriffs zu erhöhen.

Die Ergebnisse sprechen für sich:

Dabei zeigte sich, dass eine solche "Vorbehandlung" auch bei Frauen über 65 Jahren sinnvoll sein und ähnliche Effekte haben kann wie bei jüngeren Betroffenen.

Biologisches und gefühltes Alter: Wo liegt der Unterschied?

Das Alter ist bei Brustkrebs ein relevanter Faktor, ist es doch eine Erkrankung der höheren Lebensjahre. Etwa die Hälfte der betroffenen Frauen in Deutschland ist über 65 Jahre alt, ein Drittel bereits über 70, wenn die Diagnose gestellt wird.

Allerdings sagt heutzutage das biologische Alter allein nicht viel aus. Es gibt Menschen, die mit 65 noch fit sind wie 50-Jährige; andere wirken bereits älter und sind weniger belastbar. Der Allgemeinzustand ist daher letztlich mindestens genauso wichtig bei der Frage, welche Behandlung Ihnen zuzumuten ist.

Grundsätzlich ist eine Chemotherapie natürlich kein Zuckerschlecken und verlangt dem gesamten Körper einiges ab. Je stabiler und rüstiger er ist, desto besser verkraftet er die Therapie.

Aber keine Sorge

Welche Behandlung für Sie die richtige ist, entscheiden mehrere Experten ganz individuell für Sie. Keiner will Ihnen mehr zumuten, als Sie bewältigen können.

Erfolgschancen

Brustkrebs: Können Tests das Ansprechen auf die Chemotherapie vorhersagen?

Eine Chemotherapie kann vielen Frauen mit Brustkrebs das Leben verlängern. Allerdings profitieren nicht alle Frauen gleichermaßen davon. In den letzten Jahren sind unterschiedliche Tests zur Vorhersage des Therapieerfolgs auf den Markt gekommen. Aber noch sind nicht alle ausreichend geprüft.

Aktuell sind vier Tests verfügbar, die Ärzten und an Brustkrebs erkrankten Frauen helfen sollen, sich für oder gegen eine Chemotherapie zu entscheiden:

Chemotherapie ja oder nein: 4 Tests als Entscheidungshilfe

Wie läuft der Femtelle - uPA/PAI-1-Test ab?

Dieser in Deutschland entwickelte Test ist der einzige, für den bereits Daten aus prospektiven Studien (der verlässlichste Studientyp) vorliegen. Er untersucht Proteine, die eine Aussage über das Krebsrückfallrisiko machen können.

Sind die Proteine in sehr geringer Konzentration vorhanden, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie tatsächlich von einer Chemotherapie profitieren, eher gering.

Dieser Test wird allerdings nicht bei Betroffenen mit befallenen Lymphknoten durchgeführt und kann nur an frischen Gewebeproben erfolgen. Das heißt, dass Sie sich bereits vor der Operation dafür entscheiden müssen.

Was untersucht der MammaPrint-Test?

Der Test untersucht Gene, die ebenfalls auf ein erhöhtes Rückfallrisiko hindeuten können. Er ist auch eher für Frauen in frühen Krebsstadien ohne befallene Lymphknoten geeignet.

Wie funktioniert der EndoPredict-Test?

Hier werden Gene analysiert, die für das Tumorwachstum verantwortlich sind. Es liegen Studienergebnisse bei Frauen nach der Menopause sowie mit positiven Hormonrezeptoren vor, die bereits mit einer Hormontherapie behandelt wurden.

Was wird beim Oncotype DX-Test gemacht?

In diesem Test werden 21 Gene bei Frauen mit Brustkrebs im Frühstadium ohne Lymphknotenbefall und mit positiven Östrogenrezeptoren untersucht. Die Ergebnisse wurden im Juni 2018 veröffentlicht und sind vielversprechend.

Demnach zeigte sich, dass der Test diejenigen Frauen detektieren kann, bei denen nach der Operation keine zusätzliche Chemo- neben der Hormontherapie nötig ist. Der Test kann voraussagen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls bei den Betroffenen ist.

In einer Studie wurde Oncotype DX® an rund 10.000 Frauen getestet. Die Ergebnisse zeigen, dass einem Großteil der Teilnehmerinnen die belastende Chemotherapie erspart werden kann, ohne sie damit zu gefährden. Besonders Frauen mit hormonrezeptorpositivem Brustkrebs im Frühstadium profitieren von dem Test.

Daneben bleibt der pathologische Befund, also die Untersuchung des Tumorgewebes, weiterhin relevant. Der Test kann aber in Zukunft noch präzisere Vorhersagen liefern und Ärzten die Therapieentscheidung erleichtern.

Noch wird der Gentest von den meisten gesetzlichen Krankenkasse nicht finanziert und noch selten angewandt. Das könnte sich nach den positiven Ergebnissen in Zukunft allerdings ändern.

Noch ist Zurückhaltung geboten

Grundsätzlich kommen diese Tests nur bei Frauen in Frage, die in kurativer Absicht (mit der Aussicht auf Heilung) behandelt werden. Weiterhin eignen sich der Oncotype DX® und der EndoPredict® nur, falls Sie an einem hormonempflindlichen Tumor erkrankt sind. Auch die Zahl der befallenen Lymphknoten entscheidet darüber, ob ein Test für Sie geeignet ist oder nicht.

All diese Verfahren sind gerade sehr medienpräsent, denn es steckt auch ein gewisses kommerzielles Interesse dahinter. Aktuell werden die Kosten jedoch noch nicht von der Krankenkasse übernommen, da noch weitere klinische Studien folgen müssen. Bisher spricht die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie auch nur für den Femtelle® - uPA/PAI-1-Test eine konkrete Empfehlung aus.

Die Forschung rund um die verschiedenen Vorhersagetests wird aber momentan stark vorangetrieben, so dass sich in Zukunft einiges ändern könnte und manche Verfahren in die Regelversorgung einfließen könnten. Es bleibt spannend.

Quellen:

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. Stand August 2019. Online unter www.leitlinienprogramm-onkologie.de (Zugriff am 04.11.2019).
  • Deutsche Krebsgesellschaft, Onko Internetportal, Brustkrebs: Basis-Infos für Patientinnen und Angehörige. Online unter www.krebsgesellschaft.de (Zugriff am 04.11.2019).
  • Von Waldenfels G, Loibl S, Furlanetto J et al.: Outcome after neoadjuvant chemotherapy in elderly breast cancer patients – a pooled analysis of individual patient data from eight prospectively randomized controlled trials. Oncotarget 2018; 9: 15168-79.

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Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
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    Berufliche Stationen:
  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Dr. med. Karlheinz Keppler
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Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
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  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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