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Wann spricht man von einer Frühgeburt? Was erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass das Baby zu früh kommt? Alle wichtigen Fragen dazu beantworten wir im folgenden Beitrag.

Basiswissen

Wann spricht man von einer Frühgeburt? 

Kommt ein lebensfähiges Kind vor der 37. Schwangerschaftswoche (SSW), also mehr als 3 Wochen vor dem errechneten Geburtstermin auf die Welt, spricht man von einer Frühgeburt. Bei frühgeborenen Kindern dauert die Schwangerschaft demnach nicht die durchschnittlichen 280 Tage (40 Wochen), sondern weniger als 260 Tage, gerechnet vom ersten Tag der letzten Regelblutung.

Medizinisch gesehen ist eher das Geburtsgewicht der entscheidende Risikofaktor: Die kritische Grenze liegt bei 2.500 g. Während früher die 28. SSW als Schallmauer für die Lebensfähigkeit der Leibesfrucht galt, hat sich diese Festlegung heute dank medizinisch-technischer Fortschritte auf die 24. SSW nach vorne verschoben (die auch schon bis zur 22. Woche unterschritten wurde).

Wenngleich sich die Überlebens- und Entwicklungschancen der Frühchen deutlich verbessert haben, lautet das Ziel normalerweise, die Schwangerschaft in der Gebärmutter möglichst lange zu erhalten. Die Beachtung bestimmter Risikofaktoren und Anzeichen kann dabei helfen, eine Frühgeburt zu vermeiden.

Häufigkeit

Wie häufig kommt es zu einer Frühgeburt?

Etwa 7-9% aller Geburten in Deutschland erfolgen vor der abgeschlossenen 37. Schwangerschaftswoche. Nahezu jedes elfte Neugeborene ist somit ein Frühchen, das sind mehr als 60.000 Kinder pro Jahr, Tendenz steigend.

Zieht man ein Geburtsgewicht von weniger als 2.500 g als Definition heran, wie es auch die Weltgesundheitsorganisation WHO tut, dann ist sogar ein Drittel aller Geburten als Frühgeburten zu betrachten. Immerhin 8.500 Kinder (ca. 1,5%) eines Jahrgangs wiegen zu Beginn ihres eigenständigen Lebens weniger als 1.500 g. Sie werden deshalb als „sehr kleine Frühgeborene“ bezeichnet.

Die große Mehrzahl der Frühgeborenen gilt dank der medizinisch hochwertigen Versorgung als klinisch nicht krank. Problematisch gestaltet sich die Situation allerdings in der Hochrisiko-Gruppe, die 1% aller Geburten ausmacht. Darunter versteht man heute Frühgeburten, bei denen die Babys mit weniger als 1.250 g Gewicht und mehr als 10 Wochen vor dem eigentlichen Geburtstermin die schützende Gebärmutterhöhle verlassen.

Warum nimmt die Frühgeburtenrate zu?

In den meisten entwickelten Ländern ist eine Zunahme der Frühgeburtenrate zu beobachten. Als Erklärung für diese Entwicklung werden steigende Schwangerschaftsrisiken angeführt. Dazu zählen u.a. Umwelteinflüsse, Stress, soziale und psychische Belastungen, aber auch Rauchen und Drogenkonsum während der Schwangerschaft.

Hinzu kommt das gestiegene Durchschnittsalter der Schwangeren und die Häufung von Mehrlingsschwangerschaften nach künstlicher Befruchtung. Ein weiterer Faktor ist der zunehmende medizinisch-technische Fortschritt, der heute die Versorgung von Kindern ermöglicht, für die es früher kein Überleben gegeben hätte. Darauf ist die besonders starke Zunahme der sehr kleinen Frühgeborenen zumindest zum Teil zurückzuführen.

Ursachen

Wie kommt es zu einer Frühgeburt? 

Eine Frühgeburt (oder auch ein Spätabort) entwickelt sich entweder spontan durch vorzeitige Wehen, Blasensprung, Plazenta-Insuffizienz oder Zervixinsuffizienz (Insuffizienz = Versagen/Schwäche; Zervix = Gebärmutterhals). Die jeweiligen Auslöser sind unterschiedlichster Natur.

Oder aber die vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft wird gezielt eingeleitet, um einer bestehenden Gefahr für das Kind (z.B. schwere Mangelversorgung) oder einer schweren Erkrankung der Mutter (z.B. HELLP-Syndrom) zu begegnen. Manchmal ergeben sich auch Überschneidungen: Beispielsweise können Infektionen sowohl vorzeitige Wehen und einen vorzeitigen Blasensprung auslösen als auch Mutter und Kind gefährden.

Auslöser und Risikofaktoren

Welche wesentlichen Ursachen für eine Frühgeburt gibt es?

Die Ursachen einer Frühgeburt sind vielschichtig. Die wissenschaftliche Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) unterteilt sie in vier Hauptkategorien:

  • Infektionen, die über die Scheide eindringen und von dort den Geburtskanal entlang in Richtung Gebärmutter und Kind aufsteigen (aszendierende Infektionen)
  • Probleme mit der Entstehung und Entwicklung des Mutterkuchens (Störungen der Plazentation und Entwicklung der Plazenta)
  • krankhafte Situationen der Gebärmutter (Uteruspathologien)
  • kindliche (fetale) Ursachen wie Fehlbildungen und Mehrlinge
Ist das Risiko für eine Frühgeburt erblich?

Aktuelle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass das Risiko für eine Frühgeburt zu einem gewissen Maß erblich ist. Für Frauen, deren Mütter selbst eine Frühgeburt hinter sich haben, ist die Wahrscheinlichkeit für dieses Ereignis bei der ersten Schwangerschaft um 60%, bei der zweiten Schwangerschaft noch um 50% erhöht.

Große Konsequenzen dürften aus dieser Erkenntnis zwar nicht zu ziehen sein und Angst sollten diese Zahlen auch niemandem machen. Sich aber etwas intensiver mit den Erfordernissen und Möglichkeiten einer gesunden Schwangerschaft vertraut zu machen und die Risiken einer Frühgeburt zu kennen und, soweit möglich, zu minimieren, kann sicher auch nicht schaden.

Besonderheiten bei Frühgeborenen

Sind kleine Frühchen automatisch krank?

Nein, selbst von den über 8.000 sehr kleinen Frühgeborenen, die jedes Jahr in Deutschland mit einem Gewicht von weniger als 1.500 g zur Welt kommen, sind die meisten gesund. Das Problem ist aber ihre extreme Unreife, die ein Leben außerhalb des mütterlichen Körpers sehr erschwert.

Dennoch schaffen es 90% dieser winzigen Frühchen dank moderner Geburtshilfe und Neugeborenen-Intensivmedizin zu überleben. Wenn es ihnen mit ärztlicher Hilfe gelingt, die verpasste Reifung außerhalb des Mutterleibs nachzuholen und Gehirnschäden durch Sauerstoffmangel und Durchblutungsstörungen vermieden werden können, haben sie sehr gute Chancen auf ein gesundes Leben.

Welche Krankenhäuser dürfen kleine Frühchen versorgen?

Nach einem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses dürfen Frühchen mit einem Gewicht von unter 1.250 Gramm nur noch in sogenannten Perinatalzentren mit höchster Versorgungsstufe (Level I) behandelt werden, in denen dies jährlich mindestens 30mal geschieht. Damit hat sich die Zahl der in Frage kommenden 140 Kliniken in etwa halbiert.

Bei Früh- und Neugeborenen mit einem Gewicht zwischen 1.250 und 1.500 Gramm ist keine derartige Mindestmenge an solchen Fällen für Krankenhäuser definiert.

Diese Mindestmengenregelung erfolgte nach einer dreijährigen Kontroverse und ist nach wie vor heftig umstritten. Unstrittig ist dagegen, dass Deutschland im Ranking der OECD-Staaten bei der Neugeborenen-Sterblichkeit nur auf Rang 12 von 22 liegt.

Was ist die Känguruh-Methode?

Die Känguruh-Methode gehört heute auch in Deutschland zum Standard in der klinischen Pflege von Frühgeborenen. Das Frühchen wird, sobald sein Zustand stabil genug ist, unbekleidet den Eltern auf die ebenfalls nackte Brust gelegt. So kann es, umhüllt und gut eingepackt in Decken, Tücher und Felle, stundenlang Mamas oder Papas Wärme und Herzschlag spüren. Der enge Haut-zu-Haut-Kontakt erleichtert den emotionalen Zugang zwischen Eltern und Kind und stimuliert verschiedene Sinne des Neugeborenen.

Entstanden ist die Känguruh-Methode in den 1980er Jahren in Kolumbien, um Frühgeborene in Ermangelung von Brutkästen vor der Auskühlung zu schützen. Dabei zeigte sich, dass sich die unreifen Kleinen auf dem Bauch der Mama sogar besser entwickelten als in den sterilen Inkubatoren.

Überlebenschancen von Frühgeborenen

Wie hoch ist die Überlebenschance für Frühgeborene?

Die Sterberate (Mortalität) unter Frühgeborenen konnte in den letzten 15 Jahren von 8 auf 5 pro 1.000 gesenkt werden. Dennoch bleibt die Frühgeburtlichkeit einer der größten Risikofaktoren für den Tod des Kindes bei und kurz nach der Geburt.

Außerdem sind die Frühchen nicht nur vom Tod, sondern auch durch Spätschäden bedroht. Bei korrekter medizinischer Versorgung ist diese Gefahr zumindest oberhalb eines Geburtsgewichts von 1.500 g aber glücklicherweise immer geringer. Frühgeborene haben wie oben schon gesagt heute weitaus bessere Überlebenschancen als noch vor einigen Jahren. Das liegt zum einen an den Fortschritten in der Geburtsmedizin und bei der Versorgung der Neugeborenen, zum anderen an der verbesserten Vorsorge.

Welche Aussichten bestehen bei einer Frühgeburt zwischen der 24. und 26. SSW?

Die Überlebenswahrscheinlichkeit beträgt bei extremen Frühgeburten zwischen der 24. und 26. Schwangerschaftswoche inzwischen rund 80%.

Erkauft wird dieser Erfolg allerdings mit einer hohen Rate an langfristigen Folgen, die eine noch bessere medizinische Versorgung der Frühchen und auch eine stärkere psychosoziale Betreuung ihrer oft oft angeschlagenen oder gar traumatisierten Eltern erforderlich machen. Denn 30% dieser Kinder leiden langfristig unter gesundheitlichen Problemen, rund 10% sind schwer behindert.

Ab wann kann ein Frühchen auch ohne Behinderung überleben?

Nach dem heutigen Erkenntnisstand liegt die kritische Grenze für ein Frühchen, ohne Behinderung zu überleben, bei 25 vollendeten Schwangerschaftswochen. Davor ist das Gehirn des sich noch entwickelnden Kindes extrem unreif und von Sauerstoffmangel und Blutungen bedroht. Deshalb tragen selbst in führenden Geburtskliniken die wenigen Frühgeborenen, die nach einer Schwangerschaftsdauer von nur 23 oder 24 Wochen überleben, fast ausnahmslos schwere Behinderungen davon.

Das wird sich in den nächsten Jahren möglicherweise ändern. Nicht, damit die Grenze des überlebensfähigen Alters immer weiter abgesenkt werden kann. Sondern weil es das erklärte Ziel von Geburtshilfe und Forschung ist und sein muss, schwere Dauerschäden wie auch weniger gravierende Langzeitprobleme bei denjenigen zu verhindern, die bereits jetzt gute Chancen auf ein gesundes Überleben haben könnten.

Ab wann gilt heute ein Kind als lebensfähig?

Die Grenze der (vermuteten) Überlebensfähigkeit verschiebt sich mit dem medizinisch-technischen Fortschritt immer weiter nach vorne. Während noch vor einigen Jahren die 28. Schwangerschaftswoche (SSW) als Limit galt, ist es heute die 22.-24. SSW.

Für noch entscheidender als die Schwangerschaftsdauer halten Mediziner das Geburtsgewicht. Hier gelten derzeit 500 g als grenzwertig. Der bisher extremste Fall einer Frühgeburt ereignete sich nach Angaben der European Foundation for the Care of Newborn Infants in den USA. Dort kam im Jahr 2006 ein Kind in der 22. Schwangerschaftswoche mit nur 280 g Gewicht (also nicht einmal 10% des Normalgewichtes bei Geburt) und 24 Zentimetern Länge auf die Welt – und überlebte.

Quellen:

  • Leilinienprogramm AWMF, verfügbar unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-025k_S2k_Praevention-Therapie_Fruehgeburt_2019-08.pdf

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Dr. Hubertus Glaser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

Dr. Hubertus Glaser
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

    Studium:
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag
  • freiberuflich als Entwickler, Berater und Publizist

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Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
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  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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