Übergewicht: Folgen für die Gesundheit
- Aktualisiert: Samstag, 23. Januar 2021 13:21
Welche Auswirkungen kann zu viel Gewicht auf meine Gesundheit haben? Welche unterschiedlichen Formen des Übergewichts gibt es, und sind alle gleichermaßen gefährlich für uns? Im folgenden Beitrag beantworten wir für Sie viele Fragen rund um das Thema Übergewicht.
Allgemeine Gesundheitsfolgen
Macht Übergewicht wirklich krank?
Die Frage ist berechtigter, als sie dem gesundheitsbewussten Publikum zunächst erscheinen mag. Denn so selbstverständlich, wie die krankmachende Rolle von Übergewicht in allen erdenklichen Gesundheitspublikationen landauf landab zitiert wird, ist sie nicht.
Ein paar Pfund zuviel fördern die Gesundheit
Auch hier gilt es zu differenzieren. Zum einen wurde wissenschaftlich festgestellt, dass Menschen mit leichtem Übergewicht gemäß Body-Mass-Index (BMI) sogar Überlebensvorteile gegenüber den Schlanken aufweisen. Zum anderen scheint das Übergewicht an sich insgesamt betrachtet das geringere Problem zu sein.
Wesentlich gefährlicher sind offenbar die – zumeist zugrundeliegenden – Faktoren Bewegungsmangel und Fehlernährung. Sie bedrohen den Stoffwechsel schon dann, wenn das Körpergewicht noch normal ist. Und deshalb tragen „fitte Dicke“ ein geringeres Krankheitsrisiko mit sich herum als „unfitte Schlanke“.
Körperfett: Wo es schadet, wo es schützt
Übergewicht ist nicht gleich Übergewicht. Ein dicker Bauch ist deutlich ungesünder als Fettpolster an Hüften, Po und Oberschenkeln. Das ist das Ergebnis zahlreicher Studien der letzten Jahre.
Krankhaftes Übergewicht: Welche Begleiterscheinungen sind häufig?
Die Zahl der übergewichtigen Menschen nimmt weltweit stark zu. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) haben wir es mit einer regelrechten Fettsuchtepidemie zu tun: Schon 2005 waren mehr als eine Milliarde aller Erwachsenen übergewichtig und über 300 Millionen Menschen fettsüchtig.
Krankhaftes Übergewicht – im medizinischen Fachjargon Adipositas genannt – ist verantwortlich für viele Krankheiten. Diese sorgen auch dafür, dass stark übergewichtige Menschen eine kürzere Lebenserwartung haben.
Übergewicht und Herz und Gefäße
Bedeutet Übergewicht zwangsläufig, dass man einen Bluthochdruck entwickelt?
Nein, nicht jeder Mensch mit Übergewicht entwickelt einen Bluthochdruck. Jedoch ist das Risiko früher oder später erhöhte Blutdruckwerte zu entwickeln, deutlich erhöht.
Pro 10 Kilogramm überschüssigen Gewichts steigt der Blutdruck um 1 bis 3 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) an. Positiv ist, dass dieser Zusammenhang auch umgekehrt bei Gewichtsverlust gilt.
Menschen mit Übergewicht haben ein sechsmal so großes Risiko für Bluthochdruck wie Personen mit Normalgewicht und dies bereits im Alter von 20 bis 40 Jahren.
Alle Fragen und Antworten zu diesem Thema finden Sie hier:
Bluthochdruck: Grundlagen und Ursachen
Übergewicht und Diabetes
Ist die Gefahr, an Diabetes zu erkranken, wirklich so hoch?
Die Volkskrankheit Diabetes ist im Prinzip gleichzusetzen mit der Volkskrankheit Übergewicht. Bei zwei Drittel aller Menschen mit Diabetes Typ 2, dem sogenannten Alterszucker, ist die Stoffwechselerkrankung direkte Folge des Übergewichts.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Die Vermeidung von Übergewicht ist auch die beste Vorbeugung vor der Zuckerkrankheit. Allerdings sind die meisten von uns offenbar völlig immun gegen solche guten Ratschläge: Sämtliche groß angelegten Vorbeugeprogramme gegen Diabetes mit dem Ziel, eine gesündere Ernährung zu etablieren, sind bisher kläglich gescheitert.
Schwieriger Kampf gegen bequeme Gewohnheiten
Offenbar will das einfach niemand hören, und schon gar nicht auf Fast-Food, Fleisch-Exzesse und Kalorienbomben-Desserts verzichten. Und die eigene Trägheit überwinden und sich zu regelmäßigen körperlichen Aktivitäten aufraffen, schaffen auch die wenigsten.
Der Trugschluss daran: Weder Übergewicht noch Bewegungsarmut und schon gar nicht Diabetes sind harmlos. Unterm Strich sterben daran mehr Menschen als an Krebs.
Diabetes vermeiden: Jedes Kilo zählt!
Helfen kann hier vielleicht die Erkenntnis, dass man zur effektiven Diabetes-Vermeidung gar nicht gertenschlank werden muss (schon gar nicht durch entbehrungsreiche Radikalkuren!). Bereits kleinste Erfolge bei der Gewichtsreduktion helfen, das individuelle Risiko deutlich zu verringern. So zeigen neueste Studien, dass mit jedem einzelnen abgespeckten Kilo Übergewicht das Diabetes-Risiko um jeweils bis zu 16% gesenkt werden kann!
Bevor man sein Vorhaben also als unerreichbar abtut und verwirft, kann man ja einfach mal ein einziges, erstes Kilo ins Auge fassen!
Übergewicht und Hämorrhoiden
Stimmt es, dass Übergewicht die Entstehung von Hämorrhoiden fördert?
Klares Ja. Übergewicht gilt als einer der wesentlichen Risikofaktoren für Hämorrhoiden. Der Grund liegt im höheren Druck im Bauchraum und damit auch auf den Bereich des Enddarms.
Durch das erhöhte Gewicht und den Druck auf das Gewebe erschlaffen mit den Jahren dann auch jene Blutgefäße (bzw. ihre Wände), die als Knäuel im Afterbereich angesiedelt sind, den Afterverschluss zusammen mit den Pomuskeln steuern, und die bei chronischer Stauung Hämorrhoiden genannt werden.
Bestes Gegenmittel: Bewegung, Bewegung, Bewegung
Als beste Vorbeugemaßnahme gegen Hämorrhoiden gilt dann auch viel Bewegung und Abnehmen.
Leider haben auch Schwangere und vor allem Frauen mit mehreren Geburten ein erhöhtes Hämorrhoiden-Risiko – aus ähnlichen Gründen. Allerdings gilt auch bei ihnen: viel Bewegung, gesunde, ballaststoffreiche Ernährung und Normalgewicht vor, während (bis auf's Gewicht) und nach der Schwangerschaft beugen den Hämorrhoiden ideal vor.
Übergewicht und Krebsrisiko
Besteht ein höheres Krebsrisiko bei Übergewicht?
Übergewicht und Fettleibigkeit sind Risikofaktoren für Krebserkrankungen. Laut dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist der Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem Entstehen von Nierenkrebs, Darmkrebs, Brustkrebs nach den Wechseljahren sowie Krebs der Speiseröhre und der Gebärmutterschleimhaut gesichert. Aber auch bei anderen onkologischen Erkrankungen wie Leukämien oder dem Hodgkin-Lymphom besteht der Verdacht, dass Übergewicht das Entstehungsrisiko erhöht.
Übergewicht und Zigaretten gleichermaßen schlimm
Als Risikofaktor für Krebserkrankungen wird Fettleibigkeit (Adipositas) erst seit kurzem betrachtet. Doch inzwischen ist Prof. Otmar D. Wiestler, Vorstandsvorsitzender des DKFZ, davon überzeugt, dass Adipositas als Mitauslöser für eine Krebserkrankung mindestens so ernst zu nehmen ist wie Rauchen. So sei Übergewicht bei etwa der Hälfte aller Fälle von Krebs der Gebärmutterschleimhaut die Ursache. Und bei Brustkrebs nach den Wechseljahren in etwa 20% der Fälle.
Übergewicht und Demenz
Lassen zu viele Kalorien das Gedächtnis schwinden?
Wer die Kalorien zählt, die er täglich verzehrt, hilft nicht nur seinem Gewicht. US-Forscher konnten in einer Studie belegen, dass zu viel Essen das Risiko für eine Demenz bei Menschen im Alter über 70 Jahren verdoppelt.
Der Neurologe und Psychiater Dr. Yonas E. Geda bringt es auf einen einfachen Nenner: “Je mehr Kalorien man täglich konsumiert, desto mehr leidet das Gedächtnis." Geda kann auch ganz genau beziffern, ab welcher Kalorienmenge es dramatisch wird: 2.143 Kalorien am Tag sind die Grenze, ab der sich das Risiko für einen Gedächtnisverlust verdoppelt.
1.200 Demenz-Patienten analysiert
Seine Erkenntnisse zieht der Arzt aus einer Beobachtungsstudie an 1.200 Demenz-Kranken. Sie waren alle zwischen 70 und 89 Jahre alt. Bei den Patienten wurden die Ernährungsgewohnheiten sowie die Menge der täglichen Kalorienaufnahme ermittelt. Ganz deutlich zeigte sich dabei: Je mehr Kalorien die Patienten am Tag zu sich nahmen, desto höher wurde das Risiko für Gedächtnisprobleme. Zumindest statistisch.
Allerdings muss auch klar gesagt werden, dass die Studie einen eindeutigen Kausalitätsschluss nicht zulässt. Soll heißen: Theoretisch könnte es auch sein, dass erst die Demenz zu einem höheren Kalorienverzehr führt. Wahrscheinlicher ist freilich die von Geda ins Feld geworfene These.
Quellen:
- Universitätsklinik TU Dresden, Deutsche Forschungsgemeinschaft, doi:10.1016/j.tem.2010.01.009
- Medizinische Universitätsklinik Tübingen, The Lancet
- Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft
- Int. J. Epidemiol. (2011) 40 (4): 985-996. doi: 10.1093/ije/dyr018
- Deutsches Krebsforschungszentrum
- Cancer Research 2012, DOI:10.1158/0008-5472.CAN-11-3092
- Mayo Clinic