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Trastuzumab (Herceptin®) ist ein recht neues Medikament in der Behandlung von Brustkrebs und zählt zu den zielgerichteten Therapien. Das bedeutet, es richtet sich ganz gezielt nur gegen die erkrankten Zellen und bremst deren Wachstum. Dennoch bleiben auch hier Nebenwirkungen leider nicht aus.

Wirkung

Sie haben bestimmt schon gehört, dass Brustkrebszellen mehr oder weniger empfindlich für die Hormone Östrogen oder Progesteron sein können. Man spricht von einem positiven oder negativen Hormonrezeptorstatus. 70% der Brusttumore haben einen positiven Hormonrezeptorstatus und können daher mit "Hormonblockern" wie Tamoxifen oder Aromatasehemmern behandelt werden.

Her2/neu positiv: Fluch...

Nun gibt es aber noch einen dritten Rezeptor, den manche Brusttumore ausbilden, und zwar den sogenannten HER2/neu-Rezeptor (Human epidermal growth receptor 2). Das Her2/neu-Gen und dessen Rezeptor sind für Zellwachstum und Geweberegeneration zuständig. Ist zu viel davon im Tumorgewebe vorhanden, wächst es schneller und breitet sich irgendwann unkontrolliert aus.

Der Her2/neu-Rezeptor tritt nur bei etwa 15% bis 20% der Betroffenen auf. Grundsätzlich geht er mit einer schlechteren Prognose einher, da sich die entsprechenden Tumore aggressiver ausbreiten und rascher metastasieren, das heißt über die Lymphbahnen und das Blut in andere Körperregionen gelangen und dort Absiedelungen bilden. Zudem entziehen sie sich der herkömmlichen Chemotherapie weitgehend.

...und Segen

Allerdings bringt ein positiver Her2/neu-Rezeptorstatus für die Betroffenen auch Vorteile mit sich. Denn 2002 wurde in der EU mit Trastuzumab (Handelsname Herceptin®) ein Antikörper auf den Markt gebracht, der genau an diesem Rezeptor auf der Oberfläche der Tumorzellen andockt und ihnen dadurch den Wachstumsimpuls entzieht.

Antikörper sind eigentlich Stoffe, die der Körper selbst herstellt, um Eindringlinge wie Bakterien und Viren fernzuhalten. Sie erkennen bestimmte Strukturen an deren Oberfläche (sogenannte Antigene), an die sie sich gezielt heften. Das geschieht nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, das heißt, der gebildete Antikörper passt genau auf das anvisierte Antigen, ähnlich wie ein Legostein auf den anderen. Hat er es auf diese Weise unter seine Kontrolle gebracht, wird der Eindringling im körpereigenen "Abfalleimer" entsorgt, beispielsweise von dafür zuständigen sogenannten Fresszellen.

Dieses Prinzip macht man sich mit künstlich hergestellten Antikörpern zunutze. So funktionieren übrigens auch viele Impfungen, die die Immunantwort des Körpers anregen sollen. Trastuzumab ist dabei speziell auf den Her2/neu-Rezeptor abgerichtet, steuert ihn direkt an und setzt sich an ihm fest. Ist die Bindungsstelle blockiert, finden andere Botenstoffe, die das Wachstum und die Regeneration des Gewebes antreiben, keinen Anknüpfungspunkt mehr und müssen von dannen ziehen. Der Wachstumsimpuls wird unterdrückt.

Bessere Prognose durch Trastuzumab

Die Einführung von Herceptin® hat die Behandlung von Brustkrebs maßgeblich erweitert und den betroffenen Frauen zu einer erheblichen Verbesserung ihrer Prognose verholfen. Die Therapie mit Trastuzumab erfolgt meist parallel zu einer Chemotherapie. Sie ist vergleichsweise gut verträglich, leider aber auch sie nicht frei von Nebenwirkungen.

Einsatzgebiete

Wann wird Herceptin (Trastuzumab) bei Brustkrebs eingesetzt?

Trastuzumab kommt grundsätzlich sowohl in frühen Stadien der Erkrankung als auch bei fortgeschrittenem Krebs zum Einsatz. Allerdings nur, wenn der Tumor geeignet ist, das heißt, den besagten HER2/neu-Rezeptor ausbildet, über den das Wachstum und die Vermehrung der Krebszellen angeregt werden.

Nur bei HER2-positiven Tumoren

Der Wachstumsfaktorrezeptor findet sich bei ca. 20% der betroffenen Frauen, bei denen eine Brustkrebserkrankung neu entdeckt wird. Im Vorfeld der Behandlung wird der sogenannte Rezeptorstatus des Tumors mithilfe von Proben des Brustkrebsgewebes untersucht. Der Pathologe kann sie im Labor mit speziellen Techniken genau analysieren.

In allen Stadien, allein oder kombiniert

Wenn der Krebs tatsächlich die Wachstumsanker besitzt, eignet sich die Antikörpertherapie im Grunde in sämtlichen Stadien der Erkrankung. Sowohl Frauen mit beginnendem Brustkrebs als auch diejenigen, bei denen der Tumor bereits zum zweiten Mal ausbricht oder in anderen Bereichen des Körpers Absiedelungen (Metastasen) gebildet hat, können von der Behandlung mit Trastuzumab profitieren.

Dabei kann die Substanz entweder im Anschluss an die Operation (adjuvant) oder auch schon davor (neoadjuvant) verabreicht werden, um die Erfolgsaussichten des Eingriffs zu erhöhen. Häufig kommt Herceptin® zusammen mit chemotherapeutischen Substanzen zum Einsatz. Wenn Metastasen vorliegen, wird Trastuzumab manchmal auch mit einer Hormontherapie kombiniert. Wurde die metastasiere Erkrankung zuvor schon mehrfach chemotherapeutisch behandelt, wird Trastuzumab alleine gegeben.

Übrigens: Trastuzumab ist auch für die Behandlung von Magenkrebs zugelassen. Bei geeigneten Tumoren, die die Rezeptoren ausbilden und außerdem bereits gestreut (metastasiert) haben, kann der Antikörper ebenfalls helfen.

Anwendung

Wie und wie lange wird Trastuzumab eingenommen?

Trastuzumab wird in regelmäßigen Abständen über einen längeren Zeitraum (in der Regel 1 Jahr) als Injektion bzw. Infusion über die Vene oder unter die Haut verabreicht.

Subcutan geht es flotter

Es stehen also zwei verschiedene Darreichungsformen zur Verfügung: als fertige Lösung unter die Haut von Oberschenkel oder Bauch (subkutan) oder als Pulver, das der Arzt unmittelbar vor der Injektion auflöst und über die Vene (intravenös) verabreicht. Die subkutane Gabe hat den Vorteil, dass der Einstich meist als angenehmer empfunden wird und die Infusion außerdem erheblich schneller geht. So verkürzt sich die lästige Zeit des Wartens im Krankenhaus.

Zeit nach der Infusion einplanen

Für die intravenöse Gabe müssen betroffene Frauen 90 Minuten einrechnen. Da es währenddessen und auch noch danach zu Reaktionen und Zwischenfällen kommen kann, müssen Sie bei der ersten Behandlung einige Stunden dazurechnen, in denen Sie überwacht werden. Bei den nachfolgenden Sitzungen verkürzt sich diese Zeit, wenn Sie die erste Infusion gut vertragen haben. Auch die Folgeinjektionen selbst können dann schneller (innerhalb einer halben Stunde) gegeben werden.

Die Abstände zwischen den einzelnen Behandlungen betragen entweder eine oder drei Wochen. Bei der Hautspritze, die innerhalb weniger Minuten verabreicht wird, sind dreiwöchige Abstände üblich. Auch hier werden Sie noch eine Zeit lang nach der Injektion beobachtet, um bei akuten Beschwerden sofort reagieren zu können.

Aktuell wird ein Jahr empfohlen

Bei Brustkrebs im Frühstadium erfolgt die Behandlung in der Regel über ein Jahr bzw. solange, bis er unter Umständen erneut ausbricht. Bei Tumoren, die bereits in andere Körperregionen vorgedrungen sind, wird die Behandlung bis zum Fortschreiten der Erkrankung fortgesetzt.

Neueste Studien zeigen allerdings, dass sich die Therapiedauer bei frühen Brustkrebsformen eventuell verkürzen lässt, ohne dass die Wirkung dadurch eingeschränkt wird. In einer Untersuchung wurden mehr als 4000 Frauen über 6 bzw. 12 Monate behandelt und danach vier Jahre lang beobachtet. Das sogenannte krankheitsfreie Überlegen, also die Zeit, in der der Brustkrebs nicht wiederkehrte, lag gleichermaßen bei knapp 90%.

So könnten sich die derzeitigen Empfehlungen in Zukunft durchaus ändern. Das ist nicht unüblich und beruht auf den Erfahrungen, die Ärzte nach der Einführung eines neuen Medikaments zunächst sammeln müssen. Für die Betroffenen wäre nicht nur die kürzere Behandlungszeit von Vorteil, sondern auch die geringere Gefahr für Nebenwirkungen, insbesondere am Herzen.

Herzuma

Was ist Herzuma für ein Medikament?

Herzuma® enthält ebenfalls den Wirkstoff Trastuzumab. Es ist ein Nachfolgepräparat von Herceptin®, dem ersten zugelassenen Medikament dieser Substanzklasse bei Brustkrebs, und kam im Mai 2018 auf den Markt.

Die Gesetze des Arzneimittelmarktes

Bei Medikamenten, die neu auf den Markt kommen, ist es üblich, dass der Ersthersteller – im Falle von Trastuzumab der Konzern Roche – zunächst eine Zeit lang das Monopol darauf hat. Das Medikament ist einige Jahre patentgeschützt. Danach dürfen auch andere Pharmaunternehmen den Wirkstoff herstellen und vermarkten.

Die Nachfolgeprodukte werden auch Generika genannt. Sie sind deutlich günstiger als das Original und regulieren den ökonomischen Gesetzen folgend den Arzneimittelmarkt.

Herzuma® ist das erste Generikum mit dem Wirkstoff Trastuzumab, das in Deutschland zugelassen wurde. Es wird auch als Biosimilar von Herceptin® bezeichnet. Biosimilar sind Folgeprodukte ganz bestimmter Arzneistoffe, die aus biologischen Ausgangssubstanzen (tierische oder pflanzliche Organismen) in aufwendigen Verfahren hergestellt werden. Dazu gehören unter anderem auch Antikörper, die mehr und mehr Einzug in die Krebstherapie halten.

Kein relevanter Unterschied zum Original

Wenn Sie sich jetzt fragen, ob Herzuma® denn auch genauso wirkt wie das Original, können wir Sie beruhigen. Zwar sind die Nachfolger nicht völlig identisch mit dem Erstprodukt; umso mehr unterliegen sie jedoch strengen Überwachungen und Sicherheitsprüfungen durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA). Was die klinische Wirkung angelangt, muss ein Biosimilar dem Erstpräparat entsprechen. Hat es sich auf diese Weise bewährt, wird es von der Europäischen Kommission zugelassen.

Quellen:

Haben Sie eigene Erfahrungen oder eine andere Meinung? Dann schreiben Sie doch einen Kommentar (bitte Regeln beachten)

Kommentare

Autoren unseres Artikels
 

Eva Bauer
Ärztin / medizinische Fachautorin

    Studium:
  • Universitätsklinik Erlangen
    Berufliche Stationen:
  • Universitätsklinik Freiburg
  • Amtsärztin im Gesundheitsamt Haßberge

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Dr. med. Rebeka Major
Internistin / medizinische Fachautorin

    Berufliche Stationen:
  • Internistin an der Charité Universitätsmedizin Berlin

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Medizinische Prüfung
des Artikels
Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

Medizinisch geprüft von
Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
    Berufliche Stationen:
  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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Haupt-Autorin
Eva Bauer
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