Johanniskraut ist eine altbewährte Arzneipflanze gegen Depressionen, deren Wirkung auch wissenschaftlich nachgewiesen ist. Es gibt zwar auch Studien, die keine ausreichenden Effekte zeigen konnten, die gibt es aber auch für synthetische Antidepressiva. Johanniskraut ist aber gleichwohl eher etwas für leichtere depressive Verstimmungen, für schwere Depressionen ist die Wirkung nicht stark genug.
Wirkung
Obwohl Johanniskraut schon seit Urzeiten gegen Stimmungstiefs eingesetzt wird, ist die Wirkweise erst seit kurzem halbwegs entschlüsselt.
Ähnlich wie moderne Antidepressiva (v.a. SSRI wie Sertralin) erhöht Johanniskraut die Verfügbarkeit bestimmter, stimmungsaufhellender Botenstoffe im Gehirn, in dem es deren Rücktransport in die Zellen behindert. Zu nennen sind hier vor allem Serotonin und Noradrenalin. Der wesentliche antidepressive Wirkstoff in der Johanniskraut-Pflanze ist dabei das Hyperforin.
Wie lange dauert es, bis Johanniskraut seine Wirkung entfaltet?
Die stimmungsaufhellende Wirkung von Johanniskraut setzt meist nicht sofort ein. Im Gegenteil: Oft dauert es ein bis zwei Wochen, manchmal sogar länger, bis man einen Effekt spürt. Haben Sie also etwas Geduld, wenn Sie nicht sofort eine Besserung Ihrer depressiven Verstimmung wahrnehmen.
Wie synthetische Antidepressiva wirkt auch Johanniskraut auf die Botenstoffe und deren Aktivität im Gehirn. Die sogenannten "Glückshormone" werden dabei tendenziell stärker. Aber Johanniskraut verändert diese hormonellen Aktivitäten eher sanft und behutsam. Das ist ein Nachteil, wenn man eine schnelle Wirkung erhofft, aber es ist ein Vorteil, wenn man den Blick auf mögliche Nebenwirkungen richtet, wie sie ja die synthetischen Medikamente oft haben.
In welcher Dosis sollte ich Johanniskraut einnehmen?
Johanniskraut wird in der Regel einmal täglich eingenommen, und zwar am besten morgens. Empfohlen wird häufig eine Tagesdosis von 600 mg, das schwankt aber von Hersteller zu Hersteller.
Weitere Tipps
Kann ich Johanniskraut auf Rezept bekommen?
Ja. Johanniskraut-Präparate können unter einer bestimmten Voraussetzung vom Arzt per Rezept verschrieben werden. Dann übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen auch die Kosten.
Mindestdosis darf nicht unterschritten werden
Die Voraussetzung mutet etwas eigenartig an. Die Verordnung auf Rezept ist nämlich nur möglich, wenn die Präparate ausreichend hoch dosiert sind. Zum Hintergrund: Es gibt auch zahlreiche Johanniskraut-Mittelchen zu kaufen, die nur geringe Mengen der eigentlichen Arzneipflanze enthalten. Das schadet zwar nichts – es nützt aber auch nichts. Nur wenn das Arzneimittel mindestens 300 mg Johanniskraut-Extrakt pro Tablette enthält, ist eine Wirksamkeit bei leichteren oder mittelschweren depressiven Episoden nachgewiesen. Insofern ist es nur folgerichtig, dass für niedrig dosierte Mittel nicht die Kosten übernommen werden.
Wenn Sie also doch mal Johanniskraut selbst kaufen wollen: Immer genau auf die Inhaltsmenge pro Tablette achten.
Gibt es Johanniskraut auch als Tee?
Ja. Ob der Tee aber ähnlich gut gegen depressive Verstimmungen wirkt wie Johanniskraut-Tabletten, ist nicht nachgewiesen.
Übergießen Sie ein bis zwei Teelöffel des Krauts mit einem viertel Liter kaltem Wasser. Dann kurz aufkochen und drei Minuten ziehen lassen. Anschließend das Kraut abseihen. Empfohlen wird, vier bis sechs Wochen lang konsequent täglich zwei bis drei Tassen des Tees (ungesüßt!) zu trinken.
Wechselwirkungen
Kann Johanniskraut zusammen mit anderen Medikamenten eingenommen werden?
Ja. Allerdings sind dabei einige mögliche Wechselwirkungen zu beachten. Nimmt man ein Johanniskraut-Präparat ein, kann dies die Wirkspiegel anderer Arzneimittel im Blut senken.
Dies gilt beispielsweise für:
- Immunsuppressiva (Medikamente, die die Aktivität des Immunsystems reduzieren)
- Arzneien zur Behandlung von HIV-Infektionen (Proteasehemmer)
- Substanzen, die das Zellwachstum bzw. die Zellteilung hemmen (Zytostatika)
- Digitalis (herzwirksame Glykoside)
- Theophyllin (wird gegen Asthma eingesetzt)
- Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung (orale Antikoagulantien)
- Antibabypillen (Ovulationshemmer)
- Psychopharmaka, die hauptsächlich gegen Depressionen eingesetzt werden (Antidepressiva)
- Chemotherapie-Substanzen bzw. Zytostatika: Medikamente, die die Zellteilung hemmen
Laif und andere Johanniskraut-Präparate können Pille unwirksam machen
Bei leichten Depressionen schwören viele Menschen auf Johanniskraut als mutmaßlich mildere Alternative zu anderen Psychopharmaka. Frauen, die die Antibabypille nehmen, sollten allerdings wissen, dass Johanniskraut die Wirksamkeit von hormonellen Verhütungsmethoden beeinträchtigen kann. Genaue Studien, welche Pillen-Variante in dieser Kombination sicher ist bzw. welche Dosierung des Johanniskrauts „doch noch möglich ist“, gibt es leider nicht.
Wer also in punkto Schwangerschaftsverhütung auf Nummer sicher gehen möchte, sollte während des Zeitraums der Johanniskraut-Einnahme zusätzlich auf Kondom, Pessar oder andere Möglichkeiten zurückgreifen.
Studien
Johanniskraut gegen Depressionen: Wirkt in Deutschland am besten
Johanniskraut ist als pflanzliches Mittel gegen Depressionen sehr populär. Im Jahr 2005 hat eine Münchner Arbeitsgruppe alle vorliegenden Studienergebnisse zu Johanniskraut zusammengefasst und bewertet. Das Fazit: Gut wirksam bei leichten bis mittelschweren Depressionen, weniger gut bei sehr schweren Depressionen.
Insgesamt 37 Studien mit über 5.000 Teilnehmern wurden von den Wissenschaftlern des Münchner Zentrums für naturheilkundliche Forschung unter die Lupe genommen. Das wichtigste Resultat: Johanniskraut-Präparate wirken statistisch signifikant besser als Scheinmedikamente (Plazebos). Sie wirken also auch nach wissenschaftlichen Standards. Das gilt vor allem für leichtere Formen der Depression und lässt mit zunehmendem Schweregrad etwas nach. Abgesehen von sehr schweren Fällen ist Johanniskraut den klassischen Antidepressiva in Sachen Wirksamkeit ebenbürtig.
In den USA deutlich unwirksamer
Bemerkenswert ist ein erheblicher regionaler Unterschied: In Studien aus deutschsprachigen Ländern schnitt Johanniskraut deutlich besser ab als in anderen Ländern. Vor allem die Studien aus den USA zogen das Gesamtergebnis deutlich nach unten, wie Studienleiter Dr. Klaus Linde berichtet.
Dass die Amerikaner nicht so gut auf das pflanzliche Antidepressivum reagieren wie Menschen mit Depressionen hierzulande, ruft natürlich unwillkürlich Vorurteile im Kopf wach. Die können aber nicht der Grund sein, denn alle Studien waren "blind" konzipiert, das heißt, die Studienteilnehmer wussten nicht, was sie einnehmen. Somit ist die schlechtere Wirkung außerhalb Deutschlands wohl eher auf unterschiedliche diagnostische Methoden beim Erfassen einer Depression zurückzuführen, wie Linde vermutet.
Wie es auch sei, in einem Punkt schnitt Johanniskraut weltweit am besten ab: Das pflanzliche Arzneimittel ist deutlich verträglicher als die klassischen Antidepressiva.
Präparate
Präparate mit Johanniskraut sind zum Beispiel:
- Esbericum®
- Felis®
- Helarium®
- Hyperforat®
- Hypericum®
- Jarsin®
- Kira 300®
- Laif®
- Neuroplant®
- Psychotonin®
- Remotiv®
- Spilan®
- Texx 300®
Wissenswertes
Johanniskraut (Hyperici herba): ein paar Fakten zum Schluss
Der wissenschaftliche Name für Johanniskraut ist Hyperici herba. Es handelt sich um ein gelb blühendes Kraut aus der Familie der Hypericaceae.
Schon die alten Germanen kannten die Heilpflanze. Seinen Namen trägt das Kraut, weil es früher rund um den Johannistag (24.6.), also zur Zeit der Sommersonnenwende gesammelt wurde
Noch ein Extra-Tipp:
Mit den richtigen Mikronährstoffen können Sie viel für Ihre Gesundheit tun.
Unsere Empfehlungen dazu finden Sie hier.
Quellen:
- Rote Liste Service GmbH, Fachinformation Johanniskraut.
Mich würde sehr interessieren, was Sie über das Medikament Renovare 500 denken.
Es soll Demenz bessern, aufgrund Johanniskraut und Bergtee.
Vielen Dank!
Renovare 500 ist kein Medikament, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel. Ob das wirkt, wissen wir nicht. Johanniskraut wird eigentlich eher bei Depressionen empfohlen.
Viele Grüße
Ihr Navigator-Team