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Was ist eine akute myeloische Leukämie (AML)? Welche Symptome sind typisch? Wann muss eine Knochenmarkpunktion durchgeführt werden? Wie läuft die Chemotherapie ab? Im folgenden Beitrag finden Sie Fragen und Antworten zur AML.

Einführung

Was ist eine akute lymphatische Leukämie?

Blutzellen außer Kontrolle

Bei der AML handelt es sich um eine Erkrankung des blutbildenden Systems, die im Gegensatz zur akuten lymphatischen Leukämie (ALL) meist Menschen im höheren Erwachsenenalter trifft. Dabei kommt es zur Entartung von unreifen Blutzellen aus dem Knochenmark kommt. Die so entstehenden Zellklone reifen nicht mehr zu funktionstüchtigen Blutzellen heran, sondern werden als funktionslose Zellen ins Blut abgegeben. Diese unreifen Zellen nennt man Blasten.

Durch die schnelle und unkontrollierte Vermehrung der Blasten kann die normale Blutbildung nur eingeschränkt stattfinden. Die Folge ist ein Mangel an weißen und roten Blutkörperchen sowie an Blutplättchen. Das führt zu Infektanfälligkeit, Blutarmut (Anämie) und zu einer erhöhten Blutungsneigung.

Zur Behandlung wird eine Chemotherapie mit unterschiedlichen Substanzen eingesetzt, deren Ziel die massive Reduktion der Tumorzellen ist. Je nach Schwere der Erkrankung und dem individuellen Risiko kann auch eine Stammzelltransplantation in Frage kommen.

Was unterscheidet die AML von der ALL?

Je nach Blutkörperchen

Sowohl bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) als auch bei der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) handelt es sich um Formen der akuten Leukämie. Unterschieden werden sie nach der Sorte der Blutkörperchen, von der die Krankheit ausgeht.

  • Bei der AML entstammen die entarteten Blutzellen unreifen myeloischen Vorläuferzellen. Zu dieser Zellreihe zählen unter anderem rote Blutkörperchen (Erythrozyten), Blutplättchen (Thrombozyten) sowie ein Teil der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), insbesondere Granulozyten und Monozyten.
  • Bei der ALL hingegen entstammen die Krebszellen Vorläuferzellen der Lymphozyten, die ebenfalls eine Unterart der weißen Blutzellen sind. 

Ursachen

AML: Welche Ursachen hat die Erkrankung?

Die genauen Ursachen, die zur Entstehung einer akuten myeloischen Leukämie führen, sind noch nicht gänzlich geklärt. Es gibt jedoch Risikofaktoren, die mit dem Auftreten der Erkrankung in Verbindung stehen.

Dazu zählt zum einen der häufige Kontakt mit chemischen Substanzen wie Benzol. Außerdem kann ionisierende Strahlung (z.B. Bestrahlungen bei Tumoren) offenbar das Auftreten dieser Leukämieform begünstigen. Darüber hinaus spielen aber auch genetische Faktoren bei der Krankheitsentstehung eine Rolle. Und manchmal bleibt die Ursache auch im Dunkeln.

Ist die AML genetisch bedingt? Ist sie vererbbar?

Die akute myeloische Leukämie entsteht zwar oftmals auf Grundlage einer genetischen Veränderung. Aber diese Genveränderung geht nicht auf Vererbung zurück. Sie wird im Laufe des Lebens erworben und betrifft die blutbildenden Stammzellen (Vorstufen der reifen Blutzellen). Auslöser dieser genetischen Defekte können auch radioaktive Strahlen oder eine Chemotherapie sein.

Aber auch Menschen mit einer Trisomie 21 (Down-Syndrom) haben ein etwa 20-fach erhöhtes Risiko, an einer AML zu erkranken. Eine seltene Unterform der AML, die akute Promyelozytenleukämie, geht häufiger auf eine andere chromosomale Erkrankung, die Translokation t(15;17), zurück.

Kann die AML Folge einer anderen Erkrankung sein?

Ja, bestimmte Erkrankungen des blutbildenden Systems können nach Monaten oder gar Jahren plötzlich in eine AML übergehen. Zu diesen Krankheiten zählen unter anderem:

  • Osteomyelofibrose (OMF)
  • chronisch myeloische Leukämie (CML)
  • myelodysplastische Erkrankungen (MDS)

Ob und wann die genannten Erkrankungen in eine AML übergehen, ist ungewiss. Daher sollten auch nach Abschluss der Therapie regelmäßige Blutbildkontrollen durchgeführt werden, um eine Wandlung der Erkrankung hin zu AML schnell erkennen und behandeln zu können.

Symptome

Welche Symptome treten bei einer AML auf?

Die akute myeloische Leukämie beginnt in der Regel recht plötzlich und entwickelt sich unbehandelt sehr rasch weiter. Ursache der Symptome ist vor allem die stark gestörte Blutbildung im Knochenmark. Der Verlust an gesunden Blutkörperchen äußert sich in einem ausgeprägten Krankheitsgefühl, einer Infektneigung und Blutungen selbst bei kleinsten Anlässen (blaue Flecken, Zahnfleisch etc.).

Typische Symptome sind zudem:

  • Fieber
  • Nachtschweiß
  • Gewichtsverlust
  • Abgeschlagenheit
  • Schwäche
  • Müdigkeit
  • Zeichen der Blutgerinnungsstörung mit Hämatomen oder Schleimhautblutungen
  • Infektionen aller Art

Abklärungsbedürftig

Besonders der Symptomkomplex aus Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust sind verdächtig. Eine Körperkerntemperatur über 38°C, Gewichtsverlust von mehr als 10% des Körpergewichtes im letzten halben Jahr und nächtliches Schwitzen, das so stark ist, dass die Nachtwäsche gewechselt werden muss, können auf eine bösartige Erkrankung hindeuten. Die drei Symptome, die auch unter dem Begriff B-Symptomatik zusammengefasst werden, können aber auch im Rahmen anderer Erkrankungen auftreten. Sie sollten immer abgeklärt werden.

Blässe, Erkältungen und blaue Flecken

Typisch sind auch Blässe und Müdigkeit. Das liegt an der geringen Anzahl roter Blutkörperchen (Erythrozyten). Man spricht auch von einer Blutarmut (Anämie). Ist sie ausgeprägt, kann es sogar zur Atemnot kommen.

Da sich die unreifen Blutzellen sehr schnell vermehren und dadurch die Produktion gesunder Abwehrzellen stören, steigt außerdem die Infektanfälligkeit deutlich an. Infektionen können im ganzen Körper auftreten, bakteriell, viral oder durch Pilze bedingt sein. Häufig beginnt alles mit wiederholten Infektionen der oberen Atemwege, aber auch Lungenentzündungen und Harnwegsentzündungen können auftreten. Fieber ist dabei nicht untypisch.

Durch die Verdrängungsprozesse im Knochenmark werden auch zu wenige Blutplättchen (Thrombozyten) ins Blut abgegeben. Die Folge ist eine gestörte Gerinnung. Dies führt zu häufigen blauen Flecken, Nasenbluten, aber auch Blutungen an andere Schleimhäuten, beispielsweise im Magen-Darm-Trakt oder in der Harnblase. Vielfach zeigen sich auch kleine punktförmige Hauteinblutungen (Petechien).

Da die ersten Krankheitszeichen so unspezifisch sind, werden sie häufig erst spät einer akuten Leukämie zugeordnet. Im weiteren Verlauf treten dann immer mehr Beschwerden auf.

Welche Symptome treten auf, wenn man die Leukämie nicht behandelt?

Nachdem die Krebszellen aus dem Knochenmark ins Blut gelangt sind, befallen sie von dort die inneren Organe. Dieser Zustand wird auch als leukämische Organinfiltration bezeichnet und führt zu einer Vielzahl an Beschwerden:

  • Leber- und Milzschwellung: Durch das Größenwachstum von Leber und Milz kann es zu Schmerzen im linken und rechten Oberbauch kommen. Milz und Leber schwellen an, da es durch die Verdrängung der normalen Blutbildung im Knochenmark zu einer Ersatzblutbildung in den beiden Organen kommt. Aufgrund der stärkeren Belastung nehmen sie an Größe und Umfang zun.
  • Hodenschwellung: Etwa 2% der Männer mit AML sind davon betroffen.
  • Hautbefall: Selten befallen die Krebszellen auch die Haut. Dadurch kann es zu unterschiedlichen Veränderungen kommen. Neben Verdickungen und Knötchen treten Flecken und flächige Hautveränderungen auf. Alle Hautveränderungen können von Juckreiz begleitet sein.
  • Schwellung der Tränendrüse: Ein Befall der Tränendrüse kann zu einem hervorstehenden Augapfel sowie zu einer Einschränkung der Sehkraft führen. Auch dieses Symptom tritt eher selten auf.
  • Liegt bereits ein Befall des zentralen Nervensystems vor, können auch Kopfschmerzen, Erbrechen, Lethargie und Gesichtslähmungen hinzukommen.

Jetzt wird es Zeit zu handeln!

Je nach Unterform der AML gibt es weitere Symptome, beispielsweise wird der Subtyp M3 häufig von einer zunehmenden Blutungsneigung begleitet, während bei den Subtypen M4 und M5 eine Schwellung des Zahnfleisches beobachtet wird.

Bleibt die AML unbehandelt, führt sie innerhalb recht kurzer Zeit zum Tod.

Einteilung der AML

Warum ist es so wichtig, um welchen Typ von AML es sich handelt?

Um eine Aussage über die Prognose der akuten myeloischen Leukämie zu machen, ist es wichtig zu wissen, um welchen Subtyp der Erkrankung es sich handelt. Von dieser Zuordnung hängt auch entscheidend ab, welche Behandlung am geeignetsten ist.

Es gibt zwei verschiedene Klassifikationen, um die AML in Gruppen einzuordnen. Zum einen die Klassifizierung der FAB-Gruppe (French-American-British) und zum anderen die der WHO (World Health Organization).

Klassifikationen

Was bedeutet die Klassifikation nach FAB?

Die Einteilung der FAB basiert auf der Art der Vorläuferzelle, aus der sich die Leukämie entwickelt. Die Vorläuferzellen sind unreife Blutzellen, die sich bei einer Leukämie in dieser noch unfertigen Phase unkontrolliert vermehren. Und diese Vorläuferzellen kann man zum Beispiel nach ihrem Reifegrad, aber auch nach anderen Kriterien klassifizieren.

Um die FAB-Einteilung vorzunehmen, müssen die Zellen gefärbt, zytochemisch untersucht und morphologisch, also nach ihrer Erscheinungsform, begutachtet und ausgewertet werden

Die FAB-Klassifikation hat 10 Unterteilungen:

  • M0: akute myeloische Leukämie mit minimaler Ausreifung
  • M1: akute myeloische Leukämie ohne Ausreifung
  • M2: akute myeloische Leukämie mit Ausreifung
  • M3: akute Promyelozytenleukämie
  • M4: akute myelomonozytäre Leukämie
  • M4Eo: akute myelomonozytäre Leukämie mit Eosinophilie (Erhöhung der eosinophilen Granulozyten)
  • M5a: akute Monoblastenleukämie
  • M5b: akute monozytäre Leukämie
  • M6: akute Erythroleukämie
  • M7: akute Megakaryoblastenleukämie

Diese Klassifizierung ist allerdings etwas veraltet und besitzt kaum eine therapeutische sowie prognostische Bedeutung. Daher orientieren sich Mediziner heutzutage eher an dem WHO-System. Dieses verbindet die Einteilungen der FAB mit chromosomalen Abweichungen, die mit Hilfe von molekularbiologischen und zytogenetischen Methoden bestimmt werden.

Wie funktioniert die Klassifikation der WHO?

Die WHO unterteilt die AML in folgende Gruppen:

  • AML mit einer Translokation zwischen Chromosom 8 und 21; RUNX1-RUNX1T1 (assoziiert mit FAB M2)
  • AML mit einer Translokation oder Inversion in Chromosom 16; CBFB-MYH11 (FAB M4Eo)
  • AML mit einer Translokation zwischen Chromosom 9 und 11; MLLT3-MLL
  • APL mit einer Translokation zwischen Chromosom 15 und 17; PML-RARA (FAB M3)
  • AML mit einer Translokation zwischen Chromosom 6 und 9; DEK-NUP214
  • AML mit einer Translokation oder Inversion in Chromosom 3; RPN1-EVI1
  • AML (megakaryoblastisch) mit einer Translokation zwischen Chromosom 1 und 22; RBM15-MKL1
  • AML mit mutiertem NPM1
  • AML mit mutiertem CEBPA

Diagnostik und Untersuchungen

Was sieht der Arzt bei der körperlichen Untersuchung? 

Nicht nur das Beschwerdebild, auch der körperliche Untersuchungsbefund ist bei akuter Leukämie meist unspezifisch. Das bedeutet, ein eindeutiges Zeichen gibt es hier nicht. Endgültigen Aufschluss kann nur eine Blutuntersuchung bringen.

Manchmal ertastet der Arzt bei akuter Leukämie vergrößerte Lymphknoten. Auch die Leber und Milz können vergrößert sein. Aber wie gesagt: Erstens müssen diese Anzeichen nicht vorhanden sein. Zweitens können sie auch bei vielen anderen Erkrankungen auftreten.

AML: Wie wird die Diagnose gestellt?

Blutabnahme und weitere Untersuchungen

In der Regel beginnt die Diagnostik mit einem ausführlichen Erstgespräch (Anamnese) und einer körperlichen Untersuchung sowie einer Blutentnahme. Da bei der AML bereits Blutbildveränderungen auftreten, wenn noch keine Symptome vorhanden sind, wird die Erkrankung in vielen Fällen während einer Routineuntersuchung des Blutes entdeckt.

Steht der Verdacht einer AML im Raum, werden in aller Regel folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Differenzialblutbild (für eine genauere Differenzierung der einzelnen Blutzellen)
  • Blutausstrich
  • Knochenmarkpunktion
  • ggf. bildgebende Verfahren

Der lange Weg zur Diagnose

Da eine AML nicht anhand einer einzigen Untersuchung gesichert werden kann, müssen Einzelbefunde aus vielen Untersuchungen zusammengetragen und in Zusammenschau beurteilt werden. Erst eine Kombination aus Blutuntersuchung, Knochenmarkpunktion und eventuell bildgebenden Verfahren führt zur Diagnose. Daher können einige Tage ins Land ziehen, bis sich aus unklaren Symptomen oder Befunden ein vollständiges Krankheitsbild zusammensetzt.

Weitere Untersuchungen

Was sind typische Veränderungen der Blutzellen bei einer AML?

Ja, eine gründliche Untersuchung des Blutes gehört zu jeder Basisdiagnostik von Bluterkrankungen. Typischerweise zeigt die AML eine Erhöhung der weißen Blutkörperchen, der Leukozyten im Blutbild (Leukozytose).

Es ist jedoch auch möglich, dass eine Verringerung der Leukozyten im Blut festgestellt wird. Daher ist die Leukozytose kein ausschlaggebender Marker für die Diagnosestellung AML. Weiterhin sind im Blutbild häufig die Blutplättchen (Thrombozytopenie) sowie die roten Blutkörperchen (Anämie) vermindert.

Weitere Hinweise im Blut

Die Blutuntersuchung kann außerdem Hinweise auf Gerinnungsstörungen liefern sowie eine Erhöhung von LDH und Harnsäure zeigen. Diese Werte zeigen an, das ein erhöhter Zellumsatz vorliegt, was typisch ist für eine akute Leukämie.

Blutausstrich: Warum wird mein Blut unter dem Mikroskop angesehen?

Ein sehr wichtiger Bestandteil der Leukämiediagnostik ist, ergänzend zur Blutentnahme, der sogenannte Blutausstrich. Beim Blutausstrich wird ein Tropfen Blut auf einer Glasplatte dünn ausgestrichen und anschließend unter dem Mikroskop beurteilt.

Blutzellen unter der Lupe

Typisch für die AML ist der „hiatus leukaemicus“. Darunter wird das Vorkommen unreifer Blasten sowie reifer Blutzellen im Blutausstrich verstanden, während mittelreife Formen von Granulozyten fehlen. Der „hiatus leukaemicus“ kommt nicht nur bei der AML vor, sondern auch bei der ALL.

Daneben sind für die AML sogenannte Auer-Stäbchen typisch. Es handelt sich hierbei um stäbchenförmige Gebilde innerhalb der Krebszelle, die durch eine Reifungsstörung der Granulozyten bedingt sind.

Wann muss eine Knochenmarkpunktion durchgeführt werden?

Die Punktion des Knochenmarks mit anschließender Untersuchung des gewonnenen Materials unter dem Mikroskop dient der Diagnosesicherung und ist immer Bestandteil der AML-Diagnostik. Durchgeführt wird eine Knochenmarkpunktion in der Regel in Vollnarkose oder in Lokalanästhesie am Beckenkamm.

Sicherung der Diagnose

Typisch für die AML ist eine verstärkte Anzahl von weißen Blutzellen im Knochenmark (Hyperzellularität), wobei die Population weißer Blutzellen fast ausschließlich von unreifen Blasten gebildet wird. Diese sind typischerweise sehr klein, rund und ähneln einander sehr. Bei einem Anteil von mehr als 20% Blasten im Knochenmark gilt die Diagnose AML als gesichert.

Sind Röntgen und CT notwendig?

Da eine akute myeloische Leukämie viele Organe befallen kann, sind im Einzelfall Untersuchungen wie Röntgen oder Computertomographie erforderlich, um die genaue Ausbreitung der Erkrankung im Körper zu bestimmen.

Am häufigsten wird mit einem Röntgen des Brustkorbes und einer Ultraschalluntersuchung des Bauches begonnen. Zeigen sich hierbei Auffälligkeiten, folgt oftmals eine CT-Untersuchung der betreffenden Region, um ein dreidimensionales Bild zu erhalten.

Verdacht auf AML: Was könnte es noch sein?

Besonders zu Beginn der Erkrankung sind die Beschwerden bei einer AML sehr heterogen und unspezifisch. Deshalb müssen immer auch andere Erkrankungen als Ursache erwogen und vor Beginn einer Therapie ausgeschlossen werden. Auch eine Veränderung der weißen Blutkörperchen tritt bei unterschiedlichen Erkrankungen auf.

Mögliche andere Ursachen sind:

  • Infektionen
  • Kollagenosen
  • rheumatische Erkrankungen
  • Medikamenten-bedingte Veränderungen des Blutbildes (z.B. durch Kortison)
  • Auch andere Leukämie-Formen können dahinterstecken:
    • Polyzytämia Vera
    • essentielle Thrombozytämie
    • primäre Myelofibrose
    • chronische Neutrophilenleukämie

Behandlung

Wie wird eine AML behandelt?

Die wichtigste Säule einer AML-Therapie ist die Chemotherapie. Diese wird in der Regel begleitet von einer sogenannten supportiven Behandlung. Dabei handelt es sich um Maßnahmen zur Reduktion der Nebenwirkungen der Chemotherapie.

Keine Zeit zu verlieren

Wichtig ist ein rascher Beginn der Therapie. Da eine akute Leukämie eine sehr schwere Erkrankung ist und unbehandelt innerhalb weniger Wochen bis Monate zum Tode führen würde, ist ein zeitnaher Start der Therapie zwingend notwendig. Bereits eine Verzögerung von wenigen Tagen kann die Prognose der Erkrankung verschlechtern. Wird bei Ihnen die Diagnose AML gestellt, müssen Sie in der Regel umgehend ins Krankenhaus bzw. mit der Chemotherapie beginnen.

Langwierige Behandlung

Die Chemotherapie dauert in der Regel mindestens ein bis anderthalb Jahre. Bei neu diagnostizierter akuter myeloischer Leukämie beginnt man die Behandlung mit ein oder zwei Zyklen einer hochdosierten Chemotherapie. Darauf folgt eine Anschlussbehandlung über mindestens ein Jahr. Meist ist die Intensität der Behandlung (und damit auch der Nebenwirkungen) nicht mehr so hoch wie während der einleitenden Chemotherapie.

Behandlung in spezialisierten Zentren

Die Diagnose AML erfordert immer einen stationären Krankenhausaufenthalt, da nur hier Chemo- und Begleittherapie genau überwacht und durchgeführt werden können. Typischerweise wird die Behandlung in einer Abteilung einer größeren Klinik vorgenommen, die spezialisiert ist auf Krebs- und Blutkrebserkrankungen.

Chemotherapie

Wie läuft die Chemotherapie bei der AML konkret ab?

Schritt 1: Induktionstherapie

Die Chemotherapie startet mit der sogenannten Induktionstherapie. Das Ziel ist das Erreichen einer kompletten Remission, d.h. einer Beseitigung aller Krankheitssymptome mit Normalisierung des Blutbildes und der pathologischen Zellpopulationen im Knochenmark (Blasten < 5%). Die Behandlung besteht aus mehrtägigen Therapieblöcken, die mehrfach (zwei bis drei Mal) wiederholt werden.

Da durch die Induktionstherapie auch das Immunsystem stark angegriffen werden und Infekte lebensgefährlich werden können, besteht Isolationspflicht.

Wichtige Medikamente der Induktionstherapie sind:

  • Cytarabin
  • Anthracycline: Daunorubicin und Idarubicin
  • mitunter zusätzlich Thioguanin

Eine komplette Remission ist meist nach 1-2 Therapieblöcken erreicht.

Schritt 1: Erhaltungstherapie (Postremissionstherapie)

Im Anschluss an die Induktionstherapie wird die Postremissionstherapie (Erhaltungstherapie) durchgeführt. Diese dauert Monate bis Jahre an und hat zum Ziel, ein Wiederaufflammen der Erkrankung zu verhindern. Dieser Behandlungsabschnitt muss nicht vollständig im Krankenhaus durchgeführt werden, in der Regel kann er ambulant erfolgen.

Eingesetzte Medikamente sind dabei:

Begleittherapie

Eine große Rolle in der Postremissionsphase spielt außerdem die Begleittherapie. Sie besteht aus:

  • Ausgleich des Verlustes an Blutzellen. Dazu werden Konzentrate von roten Blutkörperchen und Blutplättchen (Erythrozyten, Thrombozyten) in Form einer Transfusion verabreicht.
  • Zusätzlich werden sogenannte Wachstumsfaktoren gegeben, die die Neubildung von weißen Blutkörperchen (Granulozyten) anregen sollen. Ein solcher Wachstumsfaktor ist z.B. G-CSF.
  • Bekämpfung von Infektionen mittels Antibiotika oder Antimykotika (gegen Pilzinfektionen).
Wie gut spricht eine AML auf die Chemotherapie an?

Mit der Induktionstherapie gelingt es, bei etwa 70% der Menschen mit AML eine komplette Remission zu erreichen. Die Therapieergebnisse bei älteren Betroffenen (> 60 Jahre) sind allerdings deutlich schlechter, die Rate kompletter Remissionen liegt hier zwischen 30 und 60%. Ursache sind zum einen Begleiterkrankungen im höheren Lebensalter, die zu Komplikationen führen, zum anderen das vermehrte Auftreten prognostisch ungünstiger Faktoren (ungünstige Zytogenetik oder Sekundärleukämien nach vorangegangenem Myelodysplastischen Syndrom).

Leider muss bei der Mehrheit der Betroffenen mit einem Rückfall rechnen. Etwa 15-25% erreichen eine Langzeitremission nach konventioneller Chemotherapie und können als geheilt angesehen werden. Günstiger sind die Ergebnisse nach allogener Stammzelltransplantation.

Wesentlich bessere Therapieresultate ergeben sich für die Promyelozytenleukämie, einer speziellen Unterform.

Welche therapeutische Besonderheit gibt es bei der akuten Promyelozyten-Leukämie?

Die akute Promyelozyten-Leukämie ist eine seltene Sonderform der akuten myeloischen Leukämie. Bei dieser Variante gelingt es häufig, die Erkrankung mit Vitamin-A-Säure (auch: All-trans-Retinsäure) zurückzudrängen.

Die Vitamin-A-Säure kann dabei auch mit einer Chemotherapie kombiniert werden. Das Besondere: Durch diese Behandlung kommt es, wenn sie anschlägt, zu einer Umwandlung der Leukämiezellen in "normale" Blutzellen. Es gelingt also eine Rückverwandlung der bösartigen Zellen in gesunde Zellen.

Prognose

Welche Prognose habe ich?

Die 5-Jahres-Überlebensrate einer behandelten AML hängt von verschiedenen Faktoren ab. Unter anderem spielen das Alter bei Diagnosestellung sowie bestimmte genetische Veränderungen eine wichtige Rolle. Insgesamt variiert die 5-Jahres-Überlebensrate um Werte zwischen 10-60%.

Prognostisch günstig

Manche Leukämie-Formen sind mit einer besseren Prognose assoziiert. Dazu gehören:

  • Promyelozyten-Leukämie (FAB M3)
  • bestimmte zellbiologische Eigenschaften: t(15;17), inv(16), t(8;21), normaler Karyotyp

Prognostisch ungünstig

Ungünstig wirken sich dagegen folgende Faktoren auf den weiteren Verlauf aus:

  • hohes Alter bei Erkrankungsbeginn
  • schlechter Allgemeinzustand bei Diagnosestellung
  • hohe Zahl an weißen Blutkörperchen (Leukozyten)
  • vorangegangene Leukämie-ähnliche Erkrankung (z.B. Myelodysplastisches Syndrom)
  • bestimmte Klassifikationen nach der FAB-Einteilung: M0, FAB M6, FAB M7
  • bestimmte zellbiologische Eigenschaften: (Trisomie 8, Veränderungen von Chromosom 5 oder 7, t(6;9), t(9;22), 11q23-Aberrationen, komplexe zytogenetische Abweichungen)
  • bei einer AML als sekundäre Leukämie, das heißt entstanden aus einer chronisch myeloischen Leukämie (CML)

Was tun bei einem Rückfall?

Kommt es zu einem Rückfall der Erkrankung, wird individuell über das weitere Vorgehen entschieden. In vielen Fällen wird zunächst erneut mit einer Chemotherapie begonnen. Ziel ist in den meisten Fällen, wieder eine komplette Remission zu erreichen.

Kommt es bereits vor Erreichen einer ersten Remission zu einem Rückfall, muss von einem Therapieversagen ausgegangen werden. In diesem Fall werden Sie in der Regel mit neuen Medikamenten innerhalb einer Studie behandelt. Diese werden vor allem an Unikliniken durchgeführt und sind individuell sehr verschieden.

Quellen:

  • G. Herold, Innere Medizin, Selbstverlag, 2016.
  • H. Baenkler: Duale Reihe Innere Medizin, Thieme Medizin Verlag, 
  • Novartis: AML – mit uns akute myeloische Leukämie verstehen und bekämpfen, https://www.leben-mit-aml.de/aml-erkennen/#diagnose, zuletzt aufgerufen am 07.11.2019.
  • Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie: Akute myeloische Leukämie: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/akute-myeloische-leukaemie-aml/@@guideline/html/index.html, zuletzt aufgerufen am 07.11.2019.

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Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Dr. med. Lisa Wunsch, Ärztin / medizinische Fachautorin

Dr. med. Lisa Wunsch
Ärztin / medizinische Fachautorin

    Studium:
  • Studium der Humanmedizin an der Universität Greifswald

Medizinische Prüfung
des Artikels
Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

Medizinisch geprüft von
Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
    Berufliche Stationen:
  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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