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Wie wirkt Ocrelizumab (Ocrevus®) bei Multipler Sklerose? Wann kommt das Medikament zum Einsatz? Wie wird es eingenommen und welche Nebenwirkungen sind möglich? Antworten auf diese und weitere Fragen beantworten wir in folgendem Beitrag.

Lesen Sie auch: Fortschritt durch neue MS-Medikamente: alles nur ein Märchen?

Wirkung

Auf welche Weise wirkt Ocrelizumab gegen Multiple Sklerose?

Ocrelizumab ist ein sogenannter monoklonaler Antikörper, der sich an Eiweißstoffe auf der Oberfläche von Immunzellen haftet. Diese Zellen werden in der Folge zerstört. Damit erzielt Ocrelizumab unterm Strich einen dämpfenden Effekt auf das Immunsystem.

Gezielter Angriff

Das Besondere an diesem Wirkstoff ist, dass er direkt an B-Lymphozyten (spezielle weiße Blutkörperchen) andockt, und zwar nur an solche, die das CD20-Antigen tragen. Damit greift Ocrelizumab (Handelsname Ocrevus®) genau die Zellen des Immunsystems an, die bei der Entzündungsreaktion der Multiplen Sklerose (MS) eine große Rolle spielen.

Gut zu wissen: Die generelle Fähigkeit zur B-Zellen-Produktion und die restliche körpereigene Abwehr bleiben weiter erhalten.

Es scheint zu funktionieren

Der exakte Wirkmechanismus von Ocrevus®, der den Krankheitsverlauf bei der Multiplen Sklerose beeinflusst, ist bislang zwar noch nicht vollständig geklärt. Klar ist aber, dass er mit einer reduzierten Anzahl und Funktion der CD20-B-Zellen eng verknüpft ist.

Als "krankheitsmodifizierendes" Arzneimittel bewirkt Ocrevus® bei der RMS und der PPMS also folgendes:

  • Es vermindert die Menge an zirkulierenden CD20-positiven B-Lymphozyten.
  • Durch diesen ausgewählten Angriff auf das Immunsystem wird das Auftreten eines MS-Schubes weniger wahrscheinlich.
  • Betroffene weisen zudem weniger Anzeichen an Krankheitsaktivität auf.
  • Das Fortschreiten der Erkrankung wird durch die zerstörten Abwehrzellen insgesamt verlangsamt.

Wann kommt bei MS eine Behandlung mit Ocrelizumab in Betracht?

Der monoklonale Antikörper Ocrelizumab (Ocrevus®) ist in der EU seit 2018 sowohl zur Behandlung der primär progredienten MS (PPMS) im Frühstadium als auch der häufigeren schubförmigen Form von MS (RMS) zugelassen.

Das Besondere daran

Ocrevus® ist das erste "krankheitsmodifizierende" Arzneimittel, das in der Europäischen Union für Menschen mit PPMS im Frühstadium zugelassen ist. Das bedeutet, es kann bei diesen Betroffenen den Verlauf der Erkrankung verändern.

Etwa 10 bis 15 % aller Menschen mit Multipler Sklerose leiden unter der primär progredienten Form der Erkrankung. Bis dato gab es für diese Gruppe keine zugelassene Behandlungsmöglichkeit. Seit 2018 können sie von dem Antikörper profitieren. Ocrevus® soll bei der PPMS die Abnahme der Gehgeschwindigkeit und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.

Weniger Schübe, weniger Krankheitsaktivität

Bei der schubförmigen Form der Multiplen Sklerose (RMS) soll Ocrelizumab dazu beitragen, die Anzahl an Schüben deutlich zu verringern und das Fortschreiten der Erkrankung erkennbar zu verlangsamen. Unter Ocrevus® weisen RMS-Betroffene außerdem nachweislich weniger Anzeichen an Krankheitsaktivität auf – sowohl bezogen auf Gehirnläsionen (im MRT sichtbare Gehirnschädigungen) als auch auf die Zunahme neurologisch bedingter Behinderungen.

Hinweise zur Einnahme

Wird Ocrelizumab eingenommen oder gespritzt? 

Ocrelizumab wird in Form einer Infusion verabreicht. Man muss dafür also "an den Tropf". Allerdings sind einige wenige Infusionen ausreichend.

Die Behandlung mit dem Antikörper Ocrelizumab (Ocrevus®) beginnt mit zwei Infusionen im Abstand von zwei Wochen. Dabei wird dann jeweils ein venöser Zugang gelegt (ähnlich wie bei der Blutentnahme) und das Mittel infundiert. Das kann ein bisschen dauern, weil der Zufluss in den Körper nicht zu abrupt sein darf. Danach erhalten Sie dann nur noch etwa halbjährlich weitere Infusionen.

Wieso so lange Abstände?

Dieser vergleichsweise lange Zeitraum ohne Medikamentenzufuhr hängt mit der Wirkweise von Ocrevus® zusammen. Der Antikörper tötet spezielle Abwehrzellen (B-Lymphozyten) im Körper ab, die am Entzündungsgeschehen bei der Multiplen Sklerose beteiligt sind.

Dies darf weder zu hoch dosiert noch zu häufig nacheinander passieren, weil sonst das Immunsystem zu stark beeinträchtigt wäre. Aus dem gleichen Grund sind auch nach den Infusionen in regelmäßigen Abständen Kontrolluntersuchungen notwendig.

Planen Sie ausreichend Zeit ein

Die Behandlung mit Ocrevus® ist sehr aufwändig und darf auch nur in einer für Multiple Sklerose spezialisierten neurologischen Praxis bzw. in einer entsprechenden Klinik durchgeführt werden.

Damit Sie sich den Ablauf und den damit auch für Sie persönlich verbundenen Aufwand dieser Infusionstherapie besser vorstellen können, haben wir ihn stichpunktartig nochmal für Sie zusammengefasst.

Anwendungsschema für Ocrevus® zur Behandlung der RMS und frühen PPMS:

  • Etwa 30 Minuten vor jeder Ocrevus®-Infusion erhalten Sie eine Vorbehandlung mit einem Kortison-Präparat und einem Antihistaminikum (antiallergisches Medikament).
  • Beide Medikamente werden Ihnen über die Vene verabreicht und sollen verhindern, dass Sie möglicherweise auf den Wirkstoff Ocrelizumab mit einer Unverträglichkeit reagieren.
  • Wenn erforderlich, kann zusätzlich auch ein fiebersenkendes Arzneimittel (z. B. Paracetamol) gegeben werden.
  • Die erste Ocrevus®-Dosis zu 600 mg wird Ihnen in zwei getrennten Infusionen (zu jeweils 300 mg) in einem Zeitabstand von zwei Wochen gegeben.
  • Die weiteren Ocrevus®-Dosierungen werden Ihnen dann als Einmalinfusion von 600 mg nur noch alle sechs Monate verabreicht.
  • Jede 600-ml-Infusion dauert ca. 3 Stunden und 30 Minuten.
  • Während der Behandlungen werden Sie engmaschig vom medizinischen Personal beobachtet und müssen auch noch nach Infusionsende für mindestens eine Stunde in der Praxis bzw. Klinik bleiben.

Bitte beachten Sie, dass der Zeitaufwand für die Therapie mit Ocrevus® alle sechs Monate allein in der Praxis mindestens fünf Stunden beträgt. Es wird empfohlen, die Behandlung mit Ocrelizumab so lange fortzusetzen, wie sie hilfreich und verträglich ist.

Nebenwirkungen

Welche Nebenwirkungen können unter Ocrelizumab (Ocrevus) auftreten?

Die meisten unerwünschten Arzneimittelwirkungen von Ocrelizumab (Ocrevus®) sind infusionsbedingte Reaktionen; häufig treten des Weiteren Infektionen der oberen Atemwege auf. Der Einfluss des Medikaments auf das Immunsystem ist für viele der Nebenwirkungen verantwortlich. Mehr zum Thema Nebenwirkungen bei der Einnahme von Ocrelizumab lesen Sie hier.

Quellen:

Haben Sie eigene Erfahrungen oder eine andere Meinung? Dann schreiben Sie doch einen Kommentar (bitte Regeln beachten)

Kommentare

Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Sonia Trowe, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie

Dr. med. Sonia Trowe
Fachärztin für Dermatologie und Venerologie

    Studium:
  • Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
    Berufliche Stationen:
  • BG Klinikum Hamburg, iDerm, Dermatologische Gemeinschaftspraxis in Hamburg

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Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Dr. med. Julia Hofmann
Ärztin und medizinische Fachautorin

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des Artikels
Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

Medizinisch geprüft von
Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
    Berufliche Stationen:
  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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Dr. med. Sonia Trowe, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie

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Dr. med. Sonia Trowe
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