Kann man nach Entfernung des Dickdarms noch "normal" leben?
- Aktualisiert: Freitag, 05. März 2021 15:07
Das kommt darauf an, was man unter "normal leben" versteht. Der Dickdarm ist zum Glück kein lebenswichtiges Organ. Er dient vor allem der Eindickung und Einfettung des Stuhls. Und darauf lässt sich zumindest aus medizinischer Sicht ggf. auch verzichten. Die Entfernung des Dickdarms bedeutet also keine Einschränkung der Lebenserwartung.
Größtes Problem zu Beginn: dünner Stuhl und häufiger Stuhldrang
Der Alltag verändert sich aber natürlich schon. Zumindest in den ersten Monaten nach der Operation. Da die Verdickungsfunktion des Dickdarms ganz oder zum großen Teil ausfällt, wird der Stuhl sehr dünn. Dadurch und durch den verkürzten Darm kommt es zu häufigem Stuhldrang, nicht selten auch nachts.
Diese Anfangsbeschwerden sind natürlich auch davon abhängig, ob noch ein normaler Stuhlabgang über den Anus möglich ist oder ein künstlicher Ausgang gelegt werden musste. In jedem Fall muss man seine Ernährung umstellen oder anpassen. Die Details dazu sollte Ihnen Ihr behandelnder Arzt erläutern, sie hängen von der individuellen Situation ab.
Die gute Nachricht lautet: In den meisten Fällen werden die Probleme mit der Zeit geringer. Das ist bei fast allen Menschen ohne Dickdarm so und macht das "Durchstehen" der ersten Wochen und Monate vielleicht etwas leichter. Auf Dauer gelingt es sogar vielen Patienten, ein nahezu normales Leben ohne allzu große Einschränkungen zu führen. Zumindest empfinden sie das selbst so.
Aber auch Dauerprobleme sind möglich
Das soll aber die Situation nicht verharmlosen: Es gibt auch Menschen, die länger mit den Folgen der Dickdarmentfernung zu kämpfen haben, vor allem mit der veränderten Verdauung. Und Einige gewöhnen sich nie zu 100% an die neue Situation bzw. leiden dauerhaft unter Beschwerden. Es hängt auch immer ein wenig von der individuellen Situation ab. So ist natürlich ein künstlicher Ausgang, wenn er denn notwendig ist, eine größere Belastung als "nur" ein verkürzter Darm.
Kurzschluss zwischen Dünndarm und After, manchmal auch künstlicher Ausgang
Sind große Teile des Dickdarms oder auch der gesamte Dickdarm operativ entfernt worden, wird vom Chirurgen in der Regel eine Art Kurzschluss zwischen Dünndarm und After gebildet. Dies ist nicht gesundheitsgefährdend, der Stuhl wird lediglich flüssiger (denn der Eindickungsprozess fällt ja weg) und man muss wahrscheinlich öfter als zuvor auf die Toilette.
Wenn ein solcher Kurzschluss zwischen Dünndarm und After nicht möglich ist, wird ein künstlicher Darmausgang gelegt. Der Dünndarm mündet dann in eine kleine Öffnung an der Bauchhaut. Auch wenn das verständlicherweise gerade zu Beginn als sehr belastend empfunden wird: In aller Regel gewöhnt man sich recht schnell daran und auch die Verdauung ist dadurch nicht ernsthaft beeinträchtigt.
Der Rest ist Kopfsache: Nahezu jeder ist zunächst schockiert, wenn er hört, dass er einen künstlichen Ausgang benötigt. Aber sehr vielen gelingt es in der Folge recht gut, dieses Manko zu einer selbstverständlichen und akzeptierten "Besonderheit" im Leben zu machen. Damit Sie uns nicht falsch verstehen: Wir wollen das nicht schönreden. Aber ein künstlicher Ausgang ist allemal besser als ein kranker Darm, an dem man stirbt.
Kommentare
Wollte nochmal kurz meine weiteren Erfahrungen im Bezug auf die Ernährung mitteilen: Esse seit vier Wochen mittags zum Lunch pürierte Gemüsesuppen. Immer püriert. Also von Tomate, über Blumenkohl bis Karotten-Linsen, etc. ist alles dabei. Vertrage das super. Wichtig ist nach wie vor ohne Sahne oder Joghurt zu kochen, wobei alles auch laktosefrei zu haben ist.
Die Lebensqualität empfinde ich dahingehend gesteigert, da ich auch mit Gewürzen, wie grüner Kardamom, Muskatblüte, Zimt, Curry (mild) und Kurkuma gute Erfahrungen gemacht habe, soll heißen die Zubereitungen können veredelt und gewürzt werden und bereiten mir dabei keinerlei Schwierigkeiten. Nur Pfeffer, Chili und Co. müssen unbedingt draußen bleiben!!! Als Alternative kann man Ingwer verarbeiten. Probiert das mal mit den pürierten Gemüsesuppen. Die Dosis macht das Gift, also mit kleinen Portionen anfangen und dann steigern.
Muss das Datum meiner zweiten Rückverlagerung korrigieren. Es war im März 2020, somit basieren meine Erfahrungen auf den letzten vier Monaten.
Gruß
Hallo in die Runde,
nachdem ich mich 2018 einer Notoperation unterziehen musste, indem mein Dickdarm entfernt wurde, bekam ich ein Ileostoma. Nach sechs Monaten wurde es rückverlegt.
Kurze Zeit später Abszesse und Fistelkanäle. Einige erneute Operationen und das zweite Stoma. Im März 2019 wurde das zweite Mal zurückverlegt, seitdem gibt es keine Komplikationen und die anfänglichen 8-12 Stuhlgänge haben sich bis heute angenehm zurückentwickelt.
Es ist wirklich viel positives passiert bis heute. Kann seit zwei Monaten durchschlafen und habe von 21:00 Uhr bis 11:00 Uhr morgens Ruhe. Bewege mich aber immer noch bei sechs Stuhlgängen am Tag. Blähungen sind noch an der Tagesordnung und es rumort oft, somit gibt es auch verwerfliche Tage.
Möchte erstmal allen nach der Rückverlagerung die Hygiene ans Herz legen, also natürlich erstmal dick Wundsalbe oder Babyöl nach jedem Stuhlgang auftragen, aber vorher den After ausduschen. Ein sauberer Po ist der Schlüssel zu weniger Juckreiz und Entzündungen. Ein Bidet ist ebenfalls zu empfehlen! Des weiteren entscheidet die Ernährung im Laufe der Zeit über das persönliche Wohlbefinden. Ballaststoffarme Kost ist im ersten Jahr sinnvoll. Habe sehr gute Erfahrungen beim Mittagessen mit klaren Brühen/Fonds (Wild, Geflügel, Kalb, Rind) mit Einlagen (Griesnockerl, Pasta,Eistich, etc.) dazu ein belegtes Weizenbrötchen oder Baguette. Eine pürierte Banane mit Sojamilch überbrückt manchmal den Mittagstisch, wenn ein Ausflug geplant ist. ... Kuhmilch würde ich aussparen, alles laktosefrei. Schwarzer Tee (lange Ziehzeit) ist zu empfehlen. Abends gibt es eine Brotzeit, die mir gut bekommt, immer variabel mit Laugen oder Weizengebäck mit Käse/Wurst(Geflügel)/Brotaufstrichen/Ei.
Bin sehr dankbar über die Informationen auf dieser Seite, da ich auch sehr zu kämpfen hatte über zwei Jahre und nun Licht am Ende des Tunnels sehe. Aktivität ist neben der Ernährung ebenfalls sehr entscheidend, da der Darm doch für die Verdauung die Bewegung benötigt. Natürlich ist nach der OP auch viel Ruhe und Schlaf notwendig, aber nach drei Monaten sollte man den Hebel umlegen und den Möglichkeiten zu Aktivitäten so weit wie möglich Raum geben. Für mich persönlich ist auch ein strukturierter Tagesablauf maßgeblich, also ein fester Rhythmus ist klar von Vorteil. Immer wiederkehrende feste Essenszeiten verleihen mir eine Sicherheit, da ich weiß, wann ich nach den Mahlzeiten den Stuhlgang zu erwarten habe, so kann ich gut planen. ... Doch habe ich leider auch erfahren müssen, dass, sofern der Rhythmus gestört wird, sofort ein Inferno losbrechen kann und der Tag im Chaos endet.
Man benötigt Selbstvertrauen und Zuversicht. Muss gewisse Dinge einfach aussparen und Opfer bringen, dann ist ein verändertes und angepasstes Leben möglich, wenn auch mit Einschränkungen und akzentuierten Abgründen. Sechs Monate nach der Rückverlagerung gibt es also einiges positives zu berichten, somit hoffe ich allen anderen eine Brücke bauen zu können, um zu motivieren und die schwierige Zeit überstehen zu helfen. Es wird besser definitiv. Es liegt an uns, das Schiff zu steuern und auf die Ernährung zu achten. Das ist der Schlüssel zur Erkenntnis. ...
Nehme zwei Loperamid am Tag, morgens um 6 Uhr und abends um 18 Uhr. Trage immer eine Windel zur Sicherheit und bin fein damit. Vertraue auf die Zukunft. Eine gewisse Lebensqualität ohne Dickdarm ist möglich. Eigenverantwortung, Erfahrungswerte und Austausch helfen bei der Bewältigung der Probleme.
Danke Euch
schreibe gerne, wie alt Du bist und wo Du die OPs hast machen lassen.
bitte entschuldige die späte Antwort, denn ich habe erst heute deine Antwort gesehen. Schreibe mir doch mal dein Problem. Vielleicht kann ich dir helfen. Meine OP wurde im Sankt Joseph Krankenhaus, Wuesthoffstr. 15, 12101 Berlin durchgeführt. Als ich operiert wurde, war ich 49 Jahre alt.
Hallo,
mich hat das gleiche harte Schicksal 2017 ereilt. Auch ich hatte das volle Wohlfühlprogramm: 6 Wochen Strahlung + Chemo, dann die OP-Entfernung des Enddarms und Anlegung eines Stoma (auch mein Hintern konnte gerettet werden) - dann wieder Chemo.
Dann der Zusammenbruch, es lief vorne und hinten aus meinen Körper raus. Abbruch der Chemo und nach vier Monaten endlich Rückverlegung des Ileostoma. Die Zeit danach waren bei mir auch nur bestehend aus Toilettengängen und mein Hintern sah aus wie bei einem Makaken. Keiner meiner Ärzte war in der Lage, das Problem zu lösen, nur die Stomaschwester aus meinem Krankenhaus konnte mir helfen. Trotz des großen Leids und vielen, vielen schlechten Tagen wollte ich das Stoma nie wieder mehr zurück haben. Das war schlimmer als alles andere, da die Ärzte vom SJK Berlin, Herr Wolff und Herr Dr. Estevez Schwarz, dieses genau auf eine meiner Bauchfalten gelegt haben. Somit lief das Stoma ständig aus und die Bauchdecke war ständig Wund. Das waren Höllenschmerzen.
Was hat mir geholfen?
Das Biofeedbacktraining für 3 Monate, damit kann man den Schließmuskel trainieren - die häufigen Stuhlgänge wurden immer weniger.
Tanzen, tanzen, tanzen, das hat meinen Körper trainiert überall und ich habe mich hinterher wunderbar gefühlt.
Ich habe meine Arbeitszeit von Vollzeit auf Teilzeit gelegt (bis heute hat sich das nicht geändert) und immer wenn ich nach Hause gekommen bin, habe ich mich erst einmal ausgeruht (hinlegen und entspannen). Nach ein paar Wochen war wieder eine deutliche Reduzierung der Toilettengänge spürbar.
Baldriantabletten (500gr) habe ich jeden Abend genommen, um meinen Darm zu beruhigen und besser einschlafen zu können.
Keine Fertignahrung, keine Süßigkeiten - vor allen Dingen keine Schokolade - und keine fetten Speisen zu mir genommen. Viel Obst und Gemüse, manchmal Fleisch, aber alles nur selbst gekocht. Viel trinken, Tee und Obstsäfte. Es wurde immer besser. Sicherlich, manchmal gab es auch Rückschläge, aber ich habe weiter gemacht und die Mühe hat sich gelohnt.
Nach zwei Jahren hatte ich es endlich geschafft und bin wieder ganz und gar stubenrein. Stuhlgang nur ein bis zwei Mal in der Woche und kontrolliert. Die starken Blähungen, die auch ich hatte, sind verschwunden. Mein Hintern ist jetzt wieder so weich wie ein Kinderpopo.
Noch Fragen, dann bitte noch einmal zurück schreiben, oder teile mir deine Erfahrungen, die du dazu gesammelt hast, mit. Ich wünsche dir maximale Erfolge und gib die Hoffnung auf eine bessere Zeit nie auf.
Hallo in die Runde
Beim mir wurde August 2018 bei einer Routine-Darmspiegelung ein fortgeschrittenes Rektumkarzinom diagnostiziert. 6 Wochen Bestrahlung und Tabletten Chemo und 3 Monate später dann die große OP. Der Anus konnte glücklicherweise erhalten bleiben (der Krebs saß genau dahinter). 3 Monate mit Ileostoma. Der Onkologe wollte mir unbedingt eine adjuvante Chemo aufschwatzen, welche mir aber keinen wirklichen Vorteil gegeben hätte. Daher habe ich die Option Rückverlegung schon nach 3 Monaten gewählt. Der richtige Entschluss, vor allem auch um den Tonus im Schließmuskel nicht „einschlafen“ zu lassen (Empfehlung auch meiner Schwester, Physiotherapeutin).
Mein Problem heute, 1 Jahr nach Rückverlegung: sehr häufiger Stuhlgang, an manchen Tagen locker mal 10x und dann auch mal 1x in der Nacht. Viel schlimmer empfindende ich jedoch die extrem stinkenden Blähungen. Auch kommt es immer mal wieder vor, dass sich im Schlaf ein Pups mit Begleitung löst...nicht sehr schön, vor allem wenn man gerade nicht zu Hause ist.
Mein Gastroenterologe meint, der Zustand kann durchaus noch bis zu 3 Jahren andauern... hat jemand Erfahrung?
Ich bin ja dankbar, dass der Krebs noch rechtzeitig entdeckt wurde und ich heute absolut tumorfrei bin... manchmal wünsche ich mir aber sogar den Beutel zurück, obwohl das Ileostoma recht an die Substanz ging mit 1-2 nächtlichen Entleerungen. Soviel zum erholsamen Schlaf (noch dazu nur einseitig liegen)...