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Was genau passiert bei einer Hodentorsion? Welche Symptome sind typisch, wie gefährlich ist diese Verdrehung und wie wird sie behandelt? In diesem Beitrag beantworten wir alle wichtigen Fragen dazu.

Einführung

Was ist eine Hodentorsion?

Bei einer Hodentorsion kommt es im Hodensack zur teilweisen oder vollständigen Drehung des Hodens. Dabei dreht er sich in der Längsachse um die versorgenden Blutgefäße. Dadurch wird die Durchblutung des Hodens entweder komplett oder zumindest teilweise behindert, es handelt sich also um einen Notfall.

Durchblutungsstörung und Gewebeuntergang

Warum sich der Hoden dreht, ist nicht immer ganz klar, oft ist er einfach zu wenig fixiert, also nicht so im Hodensack verankert, wie er sein sollte. Durch die Abklemmung des Gefäßstiels wird zunächst der venöse Blutabfluss behindert, während über die in der Mitte des Samenstrangs verlaufende Arterie noch weiter Blut in den gedrehten Hoden fließt und ihn weiter anschwellen lässt. Da aufgrund der unterbrochenen Blutzirkulation nach einigen Stunden ein Blutstau mit Gewebeuntergang droht, ist die Hodentorsion immer dringend behandlungsbedürftig.

Warum ist die Hodentorsion ein Notfall?

Bei einer Hodenverdrehung ist zwar nicht das Leben Ihres Kindes in Gefahr, wohl aber die spätere Fruchtbarkeit und eine gesunde hormonelle Entwicklung. Dabei spielt der Zeitfaktor eine wichtige Rolle: Die Hodentorsion sollte innerhalb von spätestens 8 Stunden behoben werden, um die Chancen auf eine normale Entwicklung und Funktionsfähigkeit des Hodens zu wahren.

Kommt es dagegen wegen der fehlenden Blutversorgung zu einer dauerhaften Schädigung der Keimdrüse, geht deren Fähigkeit zur Keimzellenbildung und später auch zur Produktion männlicher Hormone verloren. Stirbt der Hoden ganz ab, muss er entfernt werden.

Auch wenn Ihr Kind über zwei Keimdrüsen verfügt und für die spätere Zeugungsfähigkeit ggf. auch nur ein Hoden ausreichen kann, sollte alles Machbare zum bestmöglichen Erhalt der Hodengesundheit getan werden. Ganz abgesehen von den Schmerzen, die die Torsion Ihrem Schützling möglicherweise bereiten.

Ursachen

Wie kommt es zu einer Hodentorsion?

Ursache für eine Hodentorsion kann eine gesteigerte Beweglichkeit im Hodensack sein, beispielsweise wenn das Bändchen fehlt, das zur Fixierung des Hodens in seiner Hülle dient. Oder wenn die Hodenhüllen im Fetal- oder Neugeborenenalter nicht wie vorgesehen miteinander verkleben.

Auch eine Hodenfehllage ist mit einem erhöhten Risiko für eine Torsion verbunden, möglicherweise gefördert durch zu starke Zugwirkungen, wie sie etwa bei einem Leistenhoden auftreten können. Ferner stellen ungewöhnlich lange Samenstränge einen gefährdenden Faktor dar.

Direkter Auslöser der Verdrehung können eine Muskelanspannung des Hodenhebers (Kremastermuskel), Manipulationen, Verletzungen oder auch eine falsche bzw. ruckartige Bewegung sein, z.B. beim Krabbeln, im unruhigen Schlaf, beim Sport oder auf dem Fahrradsattel.

Wissenswertes zu den Ursachen

In welchem Lebensalter tritt eine Hodentorsion am ehesten auf?

Zu einer Hodenverdrehung kann es in jedem Alter kommen, am häufigsten geschieht dies aber bei Säuglingen im 1. Lebensjahr sowie zwischen Pubertät und jungem Erwachsenenalter, also im Zeitraum zwischen dem 12. und 25. Lebensjahr.

Fest steht: Wenn bei einem Kind oder Jugendlichen relativ plötzlich starke Schmerzen im Hoden auftreten, sollten Sie immer sofort einen Arzt aufsuchen. Denn eine Hodentorsion kann die Blutzirkulation derart beeinträchtigen, dass Gewebe abstirbt.

Bei Kindern unter 6 Jahren ist die Hodentorsion die häufigste Ursache von akuten Schmerzen im Hodenbereich.

Kann man einer Hodentorsion nicht vorbeugen?

Nein, leider nicht. Da die zur Hodentorsion führende abnorme Beweglichkeit des Hodens in der Regel angeboren ist, bestehen kaum Möglichkeiten zur Vorbeugung dieser Erkrankung. Das ginge praktisch nur, in dem man den Hoden vorsorglich operativ fixiert, was natürlich keine Option ist.

Allerdings hilft es sehr, wenn Sie als fürsorgliche Eltern zu einem offenen und selbstbeobachtenden Körperbewusstsein Ihres Kindes beitragen und eine Vertrauensbasis schaffen, auf der Ihr Kind mit Ihnen ohne Scheu über sexuelle Angelegenheiten sprechen kann. Vor allem in und nach der Pubertät. Wenn es Ihnen dann beispielsweise Veränderungen und Beschwerden im Genitalbereich mitteilt, steigen die Chancen auf eine rechtzeitige Behandlung, was im Falle einer Hodenverdrehung den Hoden retten kann.

Symptome

Was sind typische Anzeichen für eine Hodentorsion?

Das Beschwerdebild bei einer Hodentorsion (Hodenverdrehung) hängt vom Alter ab:

bei Neugeborenen und Säuglingen:

  • (schmerzlose) Schwellung der Hoden
  • anhaltendes Schreien
  • oft unspezifische Symptomatik, Schmerzäußerungen und Fieber können fehlen

bei älteren Kindern:

  • plötzlich auftretende, heftige Schmerzen, die vom Hodensack in Leiste und/oder Bauch ausstrahlen
  • auch langsam ansteigender Schmerz möglich
  • oft im (unruhigen) Schlaf, aber auch in den Morgenstunden sowie nach sportlicher oder sexueller Aktivität
  • Schwellung mit hoher Druckempfindlichkeit, Rötung oder bläuliche Verfärbung und Hochstehen des Hodens auf der betroffenen Seite des Hodensacks (selten beiseitig)
  • zunehmender Schmerz bei nur leichter Berührung des Hodens
  • Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen (oft zusätzlich, ggf. auch dominierend)

Vor allem bei Neugeborenen, aber auch bei Säuglingen und Kleinkindern besteht die Gefahr, die Hodentorsion aufgrund des Fehlens einer auffälligen Symptomatik nicht zu erkennen. Auch bei Jugendlichen kann die Diagnosestellung erschwert sein, wenn nur Bauchschmerzen oder Übelkeit, Erbrechen und Schweißausbrüche das Bild bestimmen. Dann kommt es nicht selten zu einer Fehldeutung als Blinddarmentzündung.

Wichtig ist, plötzlich auftretende stärkere Schmerzen in dieser Region immer als Notfall aufzufassen.

Wissenswertes zu den Symptomen und der Diagnostik

Wie kann ich eine Hodenverdrehung von einer Hodenentzündung unterscheiden?

Das ist gar nicht so einfach. Sowohl eine Hodenverdrehung (Hodentorsion) wie auch eine Hodenentzündung können sehr schmerzhaft sein und mit ähnlichen Begleitsymptomen einhergehen (Schwellung, Bauchschmerzen, Übelkeit, u.a.).

Einen Hinweis zur Unterscheidung der beiden Krankheitsgeschehen erhalten Sie durch Anheben des Hodens: Wenn der Schmerz dadurch nicht ab-, sondern eher noch zunimmt, spricht das für eine Hodentorsion.

Da aber in beiden Fällen ein Arztbesuch dringend angesagt ist (eine Torsion muss innerhalb weniger Stunden operiert werden), sollten Sie sich im Zweifel nicht allzuviel Zeit mit der Überlegung lassen, was es denn nun ist. Mit einem akut schmerzenden Hoden muss man bzw. Ihr Kind sofort zum Arzt.

Wie stellt der Arzt fest, ob eine Hodenverdrehung vorliegt?

Oftmals reichen für den Arzt das vorliegende Beschwerdebild (vor allem Schmerzen) und die manuelle Untersuchung zur Feststellung einer Hodenverdrehung aus. In unsicheren Fällen kann eine Ultraschalluntersuchung, ggf. mit Dopplertechnik, hilfreich sein, um die im Samenstrang verlaufenden Blutgefäße sichtbar machen zu können.

Im Ultraschall werden dann im Fall der Fälle der venöse Verschluss sowie die Schwellung sichtbar. Vielfach kommt diese Methode zwar direkt zum Einsatz, eine absolute Diagnosesicherheit bietet sie aber auch nicht. Zudem ist bei Verdacht auf Torsion wegen der Gefahr des Untergangs von Hodengewebe jeglicher unnötige Zeitverlust zu vermeiden. Deshalb entscheidet sich der Arzt im Zweifel und bei relativ spätem Eintreffen des Patienten (Schmerzen bestehen schon mehr als einen halben Tag) oft für eine diagnostische operative Hodenfreilegung, bei der im Falle einer Torsion dann gleich die notwendige Behandlung erfolgt.

Behandlung allgemein

Wie wird eine Hodentorsion behandelt?

Die Hodentorsion (Hodenverdrehung) ist ein Notfall, der eine manuelle Rückverlagerung oder Operation innerhalb von 4-8 Stunden erforderlich macht. Dabei geht es primär darum, die Strangulation der Blutgefäße aufzuheben und einen normalen Blutfluss sicherzustellen.

Ist sich der Arzt mit seiner Diagnose sicher, kann er versuchen, den Hoden mit der Hand in die normale Position zu drehen. Im Erfolgsfall lässt der Schmerz abrupt nach. Eine operative Freilegung des Hodens ist im Anschluss dennoch notwendig, um seinen Zustand und die wieder funktionierende Blutversorgung zu kontrollieren.

Oft wird sofort operiert

Hat die manuelle Reposition keine Aussicht auf Erfolg bzw. ist die Diagnose nicht gesichert, wird unverzüglich operiert. Bei dem Eingriff dreht der Chirurg den Samenstrang aus und damit den Hoden vorsichtig in seine ursprüngliche Lage zurück (Retorquierung). Dann prüft er, ob das Hodengewebe anschließend wieder ausreichend mit Blut versorgt wird. Ist das der Fall, fixiert der Operateur den Hoden samt Samenstrang am tiefsten Punkt des Hodensacks mit wenigen Nähten an den Hodenhüllen, um eine erneute Torsion zu verhindern (Orchidopexie).

Da die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass es auf der anderen Seite veranlagungsbedingt über kurz oder lang ebenfalls zu einer Verdrehung kommt, sollte auch der andere, nicht verdrehte Hoden fixiert werden.

Manchmal muss der Hoden auch entfernt werden

Bleibt der Hoden dagegen nach der Rückdrehung blauschwarz verfärbt, wird ihn der Chirurg wegen des sicheren Funktionsverlusts und dem zu erwartenden Absterben entfernen. Es besteht die Möglichkeit, aus kosmetischen Gründen ein Silikon-Implantat als Hodenprothese in den Hodensack einzusetzen. Um einen wachstumsbedingten Prothesenwechsel zu vermeiden, sollte dieser Eingriff erst später erfolgen. In manchen Fällen verordnet der Arzt auch eine unterstützende Medikation mit männlichen Hormonen zum Einnehmen.

Weshalb werden bei einer Hodentorsion beide Hoden operiert?

Da eine Hodentorsion meistens auf Voraussetzungen beruht, die anlagebedingt sind (z.B. erhöhte Hodenbeweglichkeit, Länge der Samenstränge), ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es auf beiden Seiten irgendwann zu einer Verdrehung kommt.

Deshalb gilt die prophylaktische Fixation der Gegenseite bei einer Hodentorsion für den Chirurgen als verpflichtend. Der operative Eingriff besteht dabei lediglich in der Freilegung des betreffenden Hodens und seiner Anheftung an den Hodenhüllen mit ein paar Stichen. Der operative Eingriff wird dadurch also nur unwesentlich erweitert.

Wissenswertes

Was ist eine Hydatidentorsion?

Bei einer Hydatidentorsion handelt es sich um einen nahen Verwandten der Hodentorsion (zu deutsch: Hodenverdrehung). Von der Verdrehung ist hier aber nicht der Hoden selbst betroffen, sondern verschiedene Anhänge (Hydatiden) der Keimdrüse, die in der embryonalen Entwicklung angelegt wurden.

Die Beschwerden sind prinzipiell ähnlich, aber nicht so stark ausgeprägt wie bei der Hodentorsion. Zwar ist in diesem Fall eine Operation zur Behandlung eigentlich nicht erforderlich. Um eine echte Hodentorsion auszuschließen, muss aber in Zweifelsfällen auch hier der Hoden chirurgisch freigelegt werden.

Was ist ein Akutes Skrotum?

Ein Akutes Skrotum ist ein schmerzhaftes und potenziell bedrohliches Geschehen im Hodensack (Skrotum). Der Ausdruck ist ein wenig skurril, weil ja nicht der Hodensack akut ist, sondern eher das, was darin vor sich geht, aber so ist das nun mal in der Medizinersprache.

Auslöser ist häufig eine Verdrehung der Hoden (Hodentorsion) oder der Hoden- bzw. Nebenhodenanhangsgebilde. Aber auch eine Entzündung des Nebenhodens bzw. des Hodens (Epididymitis bzw. Orchitis) kann die Ursache der Schmerzen und Schwellung sein.

Tatsache ist: Wegen des Risikos einer bleibenden Hodenschädigung handelt es sich beim Akuten Skrotum um einen Notfall, der der raschen Abklärung und ggf. umgehenden operativen Behandlung bedarf.

Quellen:

  • Schmelz H, Sparwasser C, Weidner W. Facharztwissen Urologie, 3. Auflage (2014). Verlag: Springer.

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Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Dr. Hubertus Glaser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

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Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
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  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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