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Was genau ist eigentlich Schwindel? Was kann alles dahinterstecken und wieso muss man nicht jede Art von Schwindel behandeln? Im folgenden Beitrag finden Sie Fragen und Antworten rund um den Themenkomplex Schwindel.

Definition

Was versteht man unter dem Begriff Schwindel?

Schwindel ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Es wird im Alltag oft verwendet, um eine große Anzahl verschiedener Sinnesempfindungen zu beschreiben. Dazu gehören ein Gefühl des Ungleichgewichts, der Benommenheit oder Schwäche. Zusätzlich kann es bei Betroffenen auch zu dem Eindruck kommen, als ob sich der Raum um sie herum bewegt. Da es sehr viele verschiedene Erkrankungen gibt, die ein Schwindelgefühl verursachen können, ist die Diagnosestellung und Behandlung sehr komplex. Sie erfordert viel Zeit und Erfahrung vom behandelnden Arzt.

Ursachen

Wie entsteht Schwindel?

Ob wir ein Gefühl des Gleichgewichts wahrnehmen, hängt von der Funktion vieler Organe und verschiedener Sinneseindrücke ab. Nicht nur unser Gehirn spielt eine Rolle, sondern auch die Ohren, die Augen, das Herz-Kreislauf-System, das Tiefenempfinden in Muskeln und Gelenken, sowie auch seelische Empfindungen. Senden diese Organe verschiedene Informationen an das Gehirn, kann es zu einem „Durcheinander“ kommen. Aber auch wenn die Verarbeitung dieser verschiedenen Signale aus den Organen im Gehirn nicht richtig funktioniert kann Schwindel entstehen.

Welche körperlichen Ursachen können einen Schwindel verursachen?

Bei etwa der Hälfte der Menschen mit Schwindel können keine körperlichen Ursachen gefunden werden. Findet der Arzt eine körperliche Ursache, handelt es sich meistens um den Gutartigen Lagerungsschwindel. In selteneren Fällen handelt es sich um Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Innenohrs und des Zentralen Nervensystems.

Wann ist ein Schwindel harmlos?

Ein Schwindel ist in den meisten Fällen harmlos. Fast jeder Mensch wird im Laufe seines Lebens schon einmal ein Schwindelgefühl erlebt haben. In vielen Fällen, z.B. nach einer Karussellfahrt oder nach starkem Alkoholkonsum, entsteht er dadurch, dass unser Gleichgewichtssystem im Innenohr kurzfristig „verwirrt“ wird. Aber auch mal eine falsch eingestellte oder schlecht sitzende Brille kann Schwindel auslösen. Fällt in solchen Fällen der Auslöser weg, verschwindet auch der Schwindel wieder.

Wenn sich kein Auslöser finden lässt

Auch wenn es keinen konkreten Auslöser oder körperliche Ursachen für einen Schwindel gibt, ist er in den meisten Fällen harmlos. Meist handelt es sich dann um einen Altersschwindel oder auch einen Schwindel, der durch seelische Belastungen oder Ängste ausgelöst wird. Akut lebensbedrohlich sind diese Formen von Schwindel nicht.

Welche Untersuchungen werden bei einer Schwindelerkrankung durchgeführt?

Das kommt unter anderem darauf an, welche Symptome genau vorliegen. Zum Einsatz kommen Tests, um das Gleichgewichtsorgan, die Augen, die Koordination und das Gehirn zu überprüfen. Das sind in den meisten Fällen sehr einfache und schmerzlose Untersuchungsmethoden, wie z. B. das Überprüfen verschiedener Reflexe.

Selten wird auch mehr untersucht

Seltener können bei unklaren Befunden auch aufwändigere diagnostische Gerätschaften zum Einsatz kommen, wie zum Beispiel die Magnetresonanztomographie (MRT) oder die Posturographie.

Wann zum Arzt?

Wann sollte man bei Schwindel einen Arzt aufsuchen?

Treten folgende Symptome auf, sollte am besten ein Arzt hinzugezogen werden, um eine ernsthafte Ursache für einen Schwindel auszuschließen:

  • neu und plötzlich aufgetretener Schwindel ohne einen bestimmten Auslöser
  • bei Schwindel, der von folgenden weiteren Symptomen begleitet wird: Kopfschmerzen, Übelkeit, Ohrschmerzen, Hörproblemen, Herzstolpern, Fieber, Müdigkeit oder Atemnot
  • wenn das Gefühl besteht, dass der Boden unter den Füßen schwankt oder sich der Raum dreht
  • immer wiederkehrende, plötzliche Schwindelattacken
  • wenn der Schwindel bei bestimmten Kopfbewegungen auftritt
  • wenn ein Schwindel begleitend zu einer anderen Erkrankung auftritt (z.B. einer Mittelohrentzündung, einer Grippe, einer Herzes-zoster-Infektion, Scharlach oder Masern)
  • wenn ein Schwindel über eine sehr lange Zeit besteht oder in bestimmten Situationen auftritt, wie z.B. bei wichtigen Terminen, in einer Menschenmenge oder im Aufzug 

Rolle des Gleichgewichtsorgans

Wie funktioniert das Gleichgewichtsorgan?

Das Gleichgewichtsorgan befindet sich im Innenohr und besteht aus zwei Systemen: einem statischen System, das lineare Bewegungen wahrnimmt, und einem Bogengangsystem, das Drehbewegungen wahrnimmt. Beide Systeme werden von einer Flüssigkeit umspült, der sogenannten Endolymphe.

Das statische System

Das statische System besteht aus zwei mit Endolymphe gefüllte Bläschen. In diesen Bläschen befinden sich Sinneszellen, deren Härchen in eine gallertige Masse hineinragen. Diese gallertige Masse besteht aus feinen Kalkkristallen, den sogenannten Otolithen. Diese Kristalle ziehen immer in Richtung der Schwerkraft und vermitteln dem Gehirn Informationen darüber, was sich „oben“ und was sich „unten“ befindet. Dadurch kann das Gehirn über die Muskulatur und die Gelenke entsprechend die Körperposition im Raum anpassen, damit immer eine aufrechte Körperhaltung eingehalten wird.

Die Bogengänge

Die drei Bogengänge bestehen jeweils aus einem ringförmigen Schlauch, der mit Endolymphe gefüllt ist. Sie stehen im rechten Winkel zueinander und können auf diese Weise alle drei Dimensionen des Raums erfassen. Auch in den Bogengängen befinden sich Sinneszellen, deren Härchen in eine gallertige Masse (Cupula) ragen. Wird der Kopf gedreht, bewegt sich auch die Endolymphe und erregt über die Cupula die Sinneszellen. Diese Reize werden an das Gehirn weitergeleitet, um die Körperhaltung entsprechend verschiedener Drehbewegungen des Kopfes anzupassen.

Wie entstehen Störungen des Gleichgewichtsorgans?

Die Sinneszellen im Gleichgewichtsorgan sind auch im Ruhezustand in ständiger Erregung. Doch stehen die Reize im Normalzustand in einer Art Gleichgewicht zueinander. Kommt es allerdings zu einem Ausfall eines Teils der Sinneszellen, so überwiegen die Signale aus den übrigen Sinneszellen. Das Gehirn kann diese Art von Reizweiterleitung nicht interpretieren und reagiert mit Schwindel und Übelkeit.

Rolle des Gehirns

Wie entsteht die Gleichgewichtsempfindung im Gehirn?

Die Informationen aus den Sinneszellen in den Gleichgewichtsorganen werden über den Gleichgewichtsnerven an den Hirnstamm im Gehirn und das Kleinhirn weitergeleitet. Außerdem werden die Nervensignale aus den Augen und aus Muskeln, Sehnen und Gelenken an das Gehirn weitergeleitet und zusammen mit den Informationen aus den Gleichgewichtsorganen der beiden Gehirnhälften verarbeitet. Auf diese Weise können Bewegungen der Umwelt, die über die Augen wahrgenommen werden, mit der aktuellen Körperposition im Raum verglichen und die Körperposition entsprechend angepasst und korrigiert werden.

Welche Störungen der Reizverarbeitung im Gehirn können Schwindel auslösen?

Damit das Gehirn seine Funktionen bei der Reizverarbeitung optimal erfüllen kann, muss es ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt sein. Kommt es zu Änderungen des Blutflusses, des Blutdrucks oder des Stoffwechsels, können bestimmte Hirnregionen betroffen sein, die bei der Gleichgewichtsempfindung eine wichtige Rolle spielen. Als Folge davon kann es zu Schwindel kommen. Auch die Psyche kann einen wichtigen Einfluss auf die Reizverarbeitung im Gehirn ausüben und durchaus auch Schwindel auslösen.

Probleme in welchen Sinnessystemen können Schwindel auslösen?

So komplex wie das Gehirn Informationen aus verschiedenen Sinnessystemen im Gehirn verarbeitet, so zahlreich sind auch mögliche Störungen dieser für das Gleichgewicht wichtigen Systeme. Betroffen können sein:

  • Störungen des Gleichgewichtsorgans (z.B. Ausfall eines Teils der Sinneszellen im Gleichgewichtsorgan durch eine Entzündung)
  • Sehstörungen
  • Störungen der Tiefensensibilität in Muskeln, Sehnen oder Gelenken

Abgrenzung zur Ohnmacht

Was ist der Unterschied zwischen einem Ohnmachtsgefühl und einem Schwindel?

Ein Gefühl der „Ohnmacht“ geht oft mit einem „Schwarzwerden vor den Augen“, Kopfschmerzen und Bewusstseinsverlust einher. Die Ursache liegt hier jedoch nicht im Gleichgewichtssystem des Körpers, sondern hat einen direkten Zusammenhang mit einem erniedrigten Blutdruck. Diese Regulationsstörung des Blutdrucks betrifft vor allem junge Frauen und Männer in der Wachstumsphase, allerdings auch z.B. Patienten mit der Parkinson-Krankheit. Meist kommt es im Stehen aufgrund eines zu niedrigen Blutdrucks zu einer unzureichenden Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff und als Folge davon zu einem Bewusstseinsverlust und Stürzen.

Schwindelerkrankungen

Wie kann man verschiedene Schwindelformen unterscheiden?

Schwindel kann man zum Beispiel nach dem Ort der Entstehung (zentral im Gehirn oder vestibulär im Innenohr), nach der Dauer (akut oder chronisch) oder auch danach unterscheiden, welche Symptome er bei den Patienten auslöst (Drehschwindel, Schwankschwindel oder Benommenheitsschwindel). Außerdem gibt es bei einigen Schwindelformen einen bestimmten Auslöser (z.B. eine Kopfbewegung). Bei anderen Formen tritt er spontan ohne Auslöser auf.

Welche Schwindelerkrankungen gibt es?

Es gibt eine sehr große Anzahl an verschiedenen Erkrankungen, die Schwindel auslösen können. Obwohl bestimmte Schwindelmuster manchmal schon einen Hinweis darauf geben können, um welche Erkrankungen es sich handelt, geht nicht jedes Krankheitsbild mit einer bestimmten Schwindelform einher. Es gibt viele Überschneidungen und die Symptome können sich auch individuell von Mensch zu Mensch unterscheiden. Eine Aufzählung aller möglichen Erkrankungen würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Aus diesem Grund konzentrieren wir uns hier auf die häufigsten Schwindelerkrankungen, die in der Bevölkerung anzutreffen sind.

Migräne, Morbus Menière & Co.: verschiedene Schwindel-Formen und ihre Besonderheiten

Welche Schwindelbeschwerden werden durch bestimmte Körperhaltungen ausgelöst?

Einige Schwindelerkrankungen können durch bestimmte Körperhaltungen oder Kopfbewegungen ausgelöst werden. Die häufigste Erkrankung, die hier zu nennen ist, ist der Gutartige Lagerungsschwindel. Aber auch bei der beidseitigen (bilateralen) Vestibulopathie kommt es zu einem lagerungsabhängigen Schwindel.

Der Gutartige Lagerungsschwindel (benigner paroxysmaler positioneller Vertigo = BPPV)

Beim Gutartigen Lagerungsschwindel kommt es zu Schwindelattacken von kurzer Dauer (meistens etwa 20 Sekunden bis maximal einer Minute). Diese Attacken werden durch bestimmte Kopfbewegungen ausgelöst, wie z.B. durch Umdrehen im Bett oder das Strecken des Kopfes beim Blick nach oben. Ausgelöst wird diese Form des Schwindels durch Kalziumkristalle im Innenohr, die eine wichtige Rolle für die Funktion des Gleichgewichtsorgans spielen (siehe auch: Wie funktioniert das Gleichgewichtsorgan?). Diese lösen sich aus ihrer ursprünglichen Position und treiben frei in der Endolymphe der Bogengänge umher, wodurch sie Schwindel verursachen. Mithilfe bestimmter Bewegungsmanöver kann ein erfahrener Neurologe bestimmen, in welchem Bogengang sich diese Kristalle befinden und kann diese dann leicht aus den Kanälen bewegen. Meistens lässt sich diese Form des Schwindels so innerhalb von drei Tagen bis einer Woche gut behandeln.

Die Bilaterale Vestibulopathie

Bei dieser Erkrankung kommt es zu einer gleichzeitigen Funktionsstörung beider Gleichgewichtsorgane. Meistens gehen die Schwankschwindelattacken mit einer Gangunsicherheit oder Orientierungsstörung einher, die in der Dunkelheit oder auf unebenem Boden verstärkt wird. Im Sitzen oder Liegen werden die Symptome besser. Die Ursachen für die beidseitige Funktionsstörung der Gleichgewichtsorgane sind sehr vielfältig. Es können beispielsweise entzündliche Prozesse, neurodegenerative Erkrankungen oder auch die Einnahme bestimmter Medikamente dahinterstecken. So können bestimmte Antibiotika (Aminoglykoside) das Innenohr auf beiden Seiten schädigen. In vielen Fällen bleibt die Suche nach einer Ursache jedoch erfolglos. Die Therapie richtet sich nach der jeweiligen Ursache.

Welche Erkrankungen gehen mit anfallsartigen, plötzlich auftretenden Schwindelattacken einher?

Bei diesen Schwindelerkrankungen entstehen die Schwindelattacken spontan und ohne einen bestimmten Auslöser. Zwischen den Schwindelanfällen sind die Betroffenen beschwerdefrei. Am häufigsten treten solche Symptome beim Morbus Menière oder auch bei einer Innenohrentzündung auf. Auch die vestibuläre Migräne ist durch attackenartigen Schwindel gekennzeichnet, der von Übelkeit, Kopfschmerzen oder Sehstörungen begleitet werden kann.

Menière-Krankheit (Morbus Menière)

Bei der Menière-Krankheit kommt es zu Schwindelattacken von einer Dauer von 20 min bis 12 Stunden. Sie sind charakterisiert durch Drehschwindel, Hörminderung sowie Ohrenschmerzen. Begleitend können auch Hörgeräusche oder ein Druck auf dem Ohr auftreten. Von anderen Schwindelformen lässt sich der Morbus Menière dadurch unterscheiden, dass es während einer Attacke zu einer Hörminderung im Bereich der niedrigen Frequenzen kommt und sich diese Hörminderung zwischen den Attacken oft bessert.

Es wird angenommen, dass ein Morbus Menière durch eine vermehrte Menge an Endolymphe, der Flüssigkeit im Innenohr, entsteht. Zu Beginn wird die Erkrankung unter anderem mit entwässernden Medikamenten (Diuretika) oder speziellen Medikamenten gegen Schwindel (Antivertiginosa), behandelt. Im Verlauf können Injektionen von Kortison oder Gentamicin helfen. Kommt es trotz dieser Medikamente zu keiner Besserung, können in selteneren Fällen auch Operationen am Innenohr nötig werden.

Innenohrentzündungen

Durch Infektionen oder Tumore ausgelöste Entzündungen im Innenohr können ebenfalls Schwindelanfälle hervorrufen. Diese gehen meist mit weiteren Symptomen wie Fieber, Ohrenschmerzen und Hörminderung einher.

Vestibuläre Migräne

Auch eine Migräne kann in einigen Fällen von Schwindelanfällen und Gleichgewichtsstörungen begleitet sein oder aber auch unabhängig von den Kopfschmerzen bei Migränepatienten auftreten. Begleitet wird der Schwindel oft von Übelkeit, Erbrechen, Lärm- und Lichtempfindlichkeit und von Sehstörungen. Die Schwindelattacken können dabei Minuten bis Stunden, in seltenen Fällen auch Wochen andauern. Genau wie eine Migräne werden auch Schwindelanfälle bei Migränepatienten mit den gängigen Migräne-Medikamenten behandelt. In einigen Fällen treten die Schwindelattacken bei Betroffenen auf, bei denen zuvor noch keine Migräne diagnostiziert wurde.

Kann Schwindel auch gefährlich werden?

Der zentral-vestibuläre Schwindel: wenn Schwindelsymptome lebensgefährlich werden

Schäden im Bereich des Hirnstamms und/oder des Kleinhirns führen zu einem sogenannten zentral bedingten Schwindel. Ursachen sind meist Hirnschäden, die durch Sauerstoffmangel, Tumore oder bestimmte nervenschädigende Erkrankungen entstehen. Am häufigsten ist dabei der Schlaganfall zu nennen. Wichtig ist, dass es sich bei dieser Schwindelform um einen Notfall handelt, der gründlich untersucht und sofort behandelt werden muss (siehe auch: Wann sollte man bei Schwindel einen Arzt aufsuchen?).

Welche Erkrankungen gehen mit einem Benommenheitsschwindel einher?

Bei einem Gefühl der „Benommenheit“ fühlen sich Betroffene oft allgemein taumelig und unsicher auf den Beinen. Hinter dieser Art von Beschwerden können sich oft hormonell bedingte Erkrankungen oder Sehstörungen verstecken. Auch bestimmte Medikamente können ein Schwindelgefühl hervorrufen.

Schwindel durch Diabetes

Sowohl ein zu hoher als auch ein zu niedriger Blutzuckerspiegel kann neben anderen Symptomen wie z.B. Übelkeit einen Benommenheitsschwindel auslösen. Bei zu hohen Zuckerwerten im Rahmen eines Diabetes ist dies meist bedingt durch Nervenschäden, die nach einigen Jahren der Erkrankung auftreten. Bei einer Unterzuckerung ist dies bedingt durch eine unzureichende Versorgung des Gehirns mit Zucker.

Schwindel durch Augenerkrankungen

Im einfachsten Fall kann ein Schwindel bereits durch eine falsch eingestellte Brille auftreten. Aber auch als Folge einer Stabsichtigkeit (Astigmatismus) oder durch hervortretende Augäpfel, die im Rahmen der Basedow´schen Schilddrüsenerkrankung auftreten, kann es zu Verschwommensehen, Kopfschmerzen und Benommenheitsschwindel kommen. Durch Behandlung der Grunderkrankung gehen auch die Beschwerden wieder zurück.

Schwindel durch Medikamente

Medikamente, die bei Herzschwäche oder Bluthochdruck verschrieben werden, sollten immer als eine wichtige Ursache für Schwindel bedacht werden. Aber auch einige Schmerzmittel, Parkinsonmedikamente und Rheumamittel können das Gleichgewichtssystem beeinflussen. Leiden Sie unter Schwindel, so sollten Sie die Einnahme Ihrer Medikamente als Ursache von Schwindel immer von Ihrem Arzt kritisch überprüfen lassen.

Kann Schwindel auch durch psychische Belastungen entstehen?

Nicht nur körperliche Erkrankungen können zu einem chronischen Schwindel führen. Auch psychische Faktoren können eine wichtige Rolle spielen. Benommenheit und Schwindelgefühle sind häufig bei Angst- und Panikstörungen oder bei Depressionen anzutreffen. Umgekehrt kann eine Schwindelerkrankung auch zum Auftreten einer Angststörung führen. Am häufigsten sind folgende Schwindelformen zu nennen: der somatoforme Schwindel und der phobische Schwankschwindel, der zur zweithäufigsten Schwindelerkrankung überhaupt zählt.

Somatoformer Schwindel

Bei dieser Erkrankung kann der Schwindel in Form von Benommenheit, Drehschwindel oder auch Schwankschwindel auftreten. Die Entstehung dieser Schwindelform ist sehr komplex. Ein somatoformer Schwindel kann zwar mit einer früheren körperlichen Schwindelerkrankung in Zusammenhang stehen, bei der neurologischen Untersuchung lassen sich jedoch keine krankhaften Veränderungen mehr feststellen. Stattdessen scheinen psychische Vorgänge eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Beschwerden zu spielen. Daher sollten bei der Behandlung dieser Erkrankung frühzeitig Therapeuten und psychiatrisch orientierte Ärzte mit hinzugezogen werden.

Phobischer Schwankschwindel

Diese Schwindelform ist nach dem Gutartigen Lagerungsschwindel die zweithäufigste Schwindelursache. Betroffene mit dieser Erkrankung haben über Monate oder länger das anhaltende Gefühl eines Ungleichgewichts oder einer Benommenheit. In visuell anspruchsvoller Umgebung (wie z.B. in einem Supermarkt oder inmitten einer Menschenmenge) können sich diese Symptome verstärken. Bei der neurologischen Untersuchung ist nichts krankhaft verändert, was die Beschwerden erklären könnte. Stattdessen liegt eine Angststörung vor, die sich mit SSRI (Selektive Serotonin Reuptake Inhibitoren) medikamentös behandeln lässt. Auch eine Verhaltenstherapie kann den Betroffenen helfen, nicht nur die Angst, sondern auch den Schwindel besser in den Griff zu bekommen.

Diagnostik

Welche Fragen erwarten mich, wenn ich mich das erste Mal mit Schwindelbeschwerden vorstelle?

Es kann oft sehr schwer fallen, Schwindelsymptome in Worte zu fassen. Umso wichtiger ist es, dass Ihr Arzt sich viel Zeit nimmt, um abzuklären, in welchen Situationen der Schwindel auftritt, wie lange er besteht, und welche Begleitsymptome möglicherweise vorhanden sind. Versuchen Sie auch, sich zu überlegen, ob bei einer Schwindelattacke der Raum um Sie herum sich in eine bestimmte Richtung dreht oder ob Sie vielmehr das Gefühl haben, dass der Boden unter den Füßen schwankt. Oder ist es eher eine Benommenheit oder Schwere im Kopf, die Sie wahrnehmen? Teilen Sie Ihrem Arzt auch unbedingt mit, welche Medikamente Sie aktuell einnehmen und an welchen anderen Erkrankungen Sie leiden.

Wie wird das Gleichgewichtsorgan untersucht?

Um zunächst zu klären, ob überhaupt eine Schädigung des Gleichgewichtsorgans vorliegen könnte, wird z.B. die subjektive visuelle Vertikale bei den Patienten bestimmt. Hier müssen die Probanden angeben, wann sie eine Linie am Boden einer Trommel als senkrecht empfinden.

Die Nystagmus-Prüfung

Zur Überprüfung beider Gleichgewichtsorgane unabhängig voneinander wird eine sogenannte kalorische Nystagmus-Prüfung durchgeführt. Beim Nystagmus handelt es sich um reflexartige, unwillkürliche Augenbewegungen als Reaktion auf die Reizung der Gleichgewichtsorgane.

Beim kalorischen Test werden die Gleichgewichtsorgane mithilfe von warmem oder kaltem Wasser, das in den äußeren Gehörgang gespritzt wird, gereizt. Gesunde Probanden reagieren bei warmem Wasser mit einem Nystagmus in Richtung der Spülung. Ist dieser Test auffällig, liegt eine Störung des Gleichgewichtsorgans vor.

Warum kann es sinnvoll sein, zur Diagnose einer Schwindelsymptomatik mehrere Fachärzte hinzuzuziehen?

Die Ursache von Schwindel ist oft komplex und erfordert häufig eine interdisziplinäre Zusammenarbeit vieler Experten einschließlich Internisten, Neurologen, Augenärzten, Psychotherapeuten und Physiotherapeuten.

Kann die Ursache einer Schwindelsymptomatik ambulant vom Hausarzt nicht eindeutig geklärt werden, sollte ein Schwindelzentrum die nächste Anlaufstelle sein. Dort finden sich verschiedene Spezialisten unter einem Dach, sodass es den Patienten erspart bleibt, über einen langen Zeitraum verschiedene Fachärzte aufzusuchen.

Warum kann es anspruchsvoll sein, Schwindel im Alter richtig zu diagnostizieren?

Einerseits wird durch den fortschreitenden Funktionsverlust der Sinnesorgane im Alter auch das Gleichgewichtssystem gegenüber Störungen sehr anfällig. Dadurch ist Schwindel in höherem Lebensalter zwar besonders häufig anzutreffen, aber meist nicht lebensbedrohlich. Andererseits nehmen aber auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Alter zu und können schwerwiegende Komplikationen mit sich bringen. Schwindel kann auch ein frühes Zeichen einer Demenz oder anderen neurodegenerativen Erkrankungen sein. Eine Diagnose sollte bei Menschen in höherem Lebensalter deshalb mit besonderer Vorsicht gestellt werden, um ernste Ursachen nicht zu übersehen und rechtzeitig zu behandeln.

Behandlung

Wie wird Schwindel behandelt?

Das kommt ganz darauf an, was die Ursache ist. In den meisten Fällen verschwindet der Schwindel wieder nach einiger Zeit von selbst. Auch wenn ein Schwindelgefühl sehr unangenehm sein kann, sollten Sie Geduld haben und auf die Regenerationsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit Ihres Körpers vertrauen: In vielen Fällen gewöhnt er sich auch an einen Schwindel. Meistens helfen auch schon ein Gleichgewichtstraining und Krankengymnastik. Nur in seltenen Fällen sind Medikamente notwendig. Diese sollten aber auch nur bei bestimmten Erkrankungen und nur kurzfristig in akuten Fällen verwendet werden.

Was kann ich mir unter einem Gleichgewichtstraining vorstellen?

Physiotherapeutische Übungen zur Unterstützung der Regeneration des Gleichgewichtssystems bei Schwindel werden seit über 60 Jahren eingesetzt. Das Training basiert darauf, dass im Fall einer einseitigen Schädigung des Gleichgewichtsorgans diejenige Seite gezielt trainiert wird, die Defizite aufweist. Aufgrund der Lernfähigkeit des Gehirns werden dabei neue Verknüpfungen geschaffen, die eine Anpassung an die neue Situation ermöglichen. Wenn auch eine vollständige Regeneration oft nicht möglich ist, kann das Training zumindest verhindern, dass der Schwindel nicht schlimmer wird und den Betroffenen ernsthafte Probleme im Alltag bereitet.

Wann sind Medikamente bei Schwindel notwendig?

Das kommt ganz darauf an, was die Ursache für die Schwindelbeschwerden sind. Im Allgemeinen werden Medikamente bei Schwindel, sogenannte Antivertiginosa, allerdings nur in sehr seltenen Fällen verschrieben. Bei akuten Beschwerden können sie vorübergehend Linderung verschaffen. Langfristig allerdings kann sich der Körper nur ohne Medikamente an den Schwindel anpassen. Medikamente sind deshalb nur eine kurzfristige Lösung.

Was kann ich selbst tun?

Schwindelbeschwerden lassen sich nicht immer vermeiden. Durch regelmäßige sportliche Betätigung, ausgewogene Ernährung und Meiden von Nikotin und Stress, kann man allerdings bereits viel für sein Herz-Kreislauf-System tun, welches selbst wiederum zur Entstehung von Schwindel im Alter beitragen kann. Auch die Psyche, die bei vielen Schwindelerkrankungen eine große Rolle spielt, sollte dabei nicht vernachlässigt werden. Halten Sie Körper und Psyche gesund und vertrauen Sie auf die Regenerationsfähigkeit des eigenen Körpers, falls es doch einmal zu Schwindelbeschwerden kommen sollte. In den meisten Fällen ist Schwindel harmlos und hört von alleine wieder auf.

Quellen:

  • Longo DL, Fauci AS, Kasper DL, Hauser SL, Jameson J, Loscalzo J. eds. Harrison's Principles of Internal Medicine, 19e. New York, NY: McGraw-Hill; 2015.
  • Zatonski et al., Current views on treatment of vertigo and dizziness , J Med Diagn Meth 2014, 3:1
  • Philipp Grätzel von Grätz, der Schwindel: Forschung, Diagnose, Therapie. Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF) Referat Gesundheitsforschung 11055 Berlin. Bonn, Berlin 2011.

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Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Chiara Grabmann, Ärztin

Dr. med. Chiara Grabmann
Ärztin

    Studium:
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Klinik für Allgemeine, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum Großhadern

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Dr. Julia Spengler
Humanbiologin / medizinische Fachautorin

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Medizinische Prüfung
des Artikels
Dr. med. Monika Steiner, Ärztin

Medizinisch geprüft von
Dr. med. Monika Steiner
Ärztin

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
    Berufliche Stationen:
  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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