Epileptischer Anfall: Auslöser, Symptome, Behandlung
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- Erstellt: Sonntag, 04. Mai 2014 10:59
- Aktualisiert: Freitag, 22. Januar 2021 15:59
Ein epileptischer Anfall ist für die Eltern oder Personen in der Nähe immer ein schockierendes Ereignis. Zum Glück sind die Folgen in den meisten Fällen nicht so dramatisch, wie man im ersten Augenblick denkt. Dennoch sollte man genau wissen, was zu tun ist. Die wichtigsten Fragen zum epileptischen Anfall beantworten wir im folgenden Beitrag.
Welches sind die häufigsten Ursachen epileptischer Anfälle?
Die Ursachen epileptischer Anfälle oder auch von Krampfanfällen sind vielfältig. Viele von ihnen sind auch nur zeitweise krampfauslösend und spielen langfristig keine Rolle mehr.
Zu nennen sind hier vor allem:
- verminderte Krampfschwelle (meist aufgrund einer erblichen Veranlagung)
- Fieber
- zu wenig Schlaf
- Flackerlicht
- Stoffwechselstörungen (z.B. jugendlicher Diabetes)
- Störungen des Mineralhaushalts
- Vergiftungen
- Entzündungen, Verletzungen, Tumore oder Fehlbildungen im Bereich des Gehirns
- zu heftiges Atmen (die sogenannte Hyperventilation, z.B. bei Aufregung)
- Alkoholentzug oder Medikamentenentzug
Wenn das Gehirn irritiert wird
Ausreichend Schlaf ist nicht nur für Menschen mit Epilepsie wichtig. Auch bei ansonsten gesunden Menschen kann extremer Schlafmangel theoretisch einen epileptischen Anfall auslösen.
Der Klassiker unter den Epilepsieauslösern ist Flackerlicht, etwa in der Disco oder beim Fernsehen, aber auch durch schnelle Wechsel von Licht und Schatten (z.B. beim Autofahren). Auch hier können Menschen, die eigentlich keine Epilepsie haben, mit Anfällen reagieren.
Allerdings muss dafür, wie auch beim Schlafmangel, eine entsprechende Empfindlichkeit des Nervensystems vorliegen. Und die ist selten. Man muss sich also, soweit das nicht schon einmal passiert ist, keine allzu großen Sorgen darum machen.
Übrigens können auch besondere Musterungen irritierend für das Gehirn sein. Bei einigen Menschen mit Epilepsie besteht eine besondere visuelle Empfindlichkeit. Bei ihnen kann z.B. der Anblick eines Schachbretts einen epileptischen Anfall auslösen.
Zum Glück weiß man als Betroffener nach einer Weile ganz gut selbst, worauf man empfindlich reagiert und kann diese Auslöser umgehen – etwa indem man den Anblick eines Schachbretts oder einer stark gemusterten Tapete bewusst vermeidet.
Epileptischer Anfall ohne Epilepsie
Wie Sie sehen können, bedeutet ein epileptischer Anfall noch nicht gleich, dass jemand an einer Epilepsie leidet. Auch bei Menschen ohne Epilepsie können bei einer entsprechenden Veranlagung in manchen Situationen epileptische Anfälle auftreten. Von einer Epilepsie spricht man definitionsgemäß erst dann, wenn innerhalb eines Jahres mehr als ein Anfall auftritt oder im EEG (Aufzeichnung der Gehirnströme) eindeutige Anzeichen für eine Epilepsie gefunden werden.
Woran erkenne ich einen epileptischen Anfall bei meinem Kind?
Ein epileptischer Anfall kann beim Kind (wie übrigens auch beim Erwachsenen) sehr unterschiedlich verlaufen. Das klassische Bild, das man meistens vor Augen hat – ein zuckender Körper und eine Art Ohnmacht –, kann genauso erscheinen, aber eben auch ganz anders.
Relativ häufig (aber keines davon immer) treten bei einem epileptischen Anfall die folgenden Symptome auf:
- starke, eher starre Muskelanspannung des gesamten Körpers oder auch nur der Arme und Beine
- zuckende Bewegungen
- die beiden oben aufgeführten Varianten können sich während eines Anfalls auch abwechseln
- die zuckenden Bewegungen können zunächst nur an einem einzelnen Körperteil auftreten (z.B. am Mundwinkel) und sich dann auf den ganzen Körper ausbreiten
- Augen verdreht, starrer Blick, Weggetretensein
- Blässe, kurze Atemstillstände
- Ohnmacht und Stürze
- Zungenbiss
- Schaum vorm Mund
- Das Kind kann sich während eines epileptischen Anfalls auch in die Hose machen, weil die willkürliche Kontrolle verloren geht
Vorboten eines Anfalls
Manchmal kündigt sich ein epileptischer Anfall im Vorfeld auch an. Solche Vorboten nennt man Aura. Sie müssen nicht, können aber auftreten. Bei Kindern können das neben vielen anderen Aura-Symptomen auch "unwirkliche" Sinneswahrnehmungen wie Halluzinationen sein. Kurz vor dem Krampfanfall hören die Kleinen dann zum Beispiel Geräusche, die nicht vorhanden sind, oder sie sehen Dinge, die gar nicht existieren.
Übrigens kann ein epileptischer Anfall auch bevorzugt zu bestimmten Zeiten auftreten. Anfälle bei der sogenannten Rolando-Epilepsie, der häufigsten Epilepsie-Form bei Kindern, treten beispielsweise nachts bzw. während des Schlafens auf. Bei etwa jedem dritten betroffenen Kind kommt es sogar ausschließlich im Schlaf zu den epileptischen Anfällen. Deshalb ist es zur Sicherung der Diagnose oftmals notwendig, über Nacht ein Schlaf-EEG aufzuzeichnen (da man tagsüber nichts "sieht").
Richtig reagieren beim epileptischen Anfall
Vielleicht haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Sie reagieren sollen, wenn in Ihrer Umgebung jemand einen epileptischen Anfall hat. Wichtig ist, dass Sie Hilfe leisten und: Ruhe bewahren!
Wenn Sie nicht sicher sind, ob die betreffende Person eine Epilepsie hat oder eine solche nicht bekannt ist, rufen Sie sofort einen Notarzt. Wenn Sie hingegen wissen, dass die Person Epileptiker ist, können Sie darauf in der Regel verzichten.
Generell gilt: Beobachten Sie den Betroffenen gut. Meist endet der Krampfanfall nach kurzer Zeit. Versuchen Sie, die Verletzungsgefahr zu minimieren, indem Sie harte Gegenstände aus der Umgebung entfernen oder scharfe Kanten oder ähnliches verstellen oder abdecken.
In folgenden Fällen sollten Sie ebenfalls sofort einen Notarzt verständigen:
- ernsthaftere Verletzungen
- Krampf länger als zehn Minuten
- kein Aufwachen zwischen zwei Anfällen
Soll ich nach einem Krampfanfall mit meinem Kind zum Arzt gehen?
Ja, sogar unbedingt! Wenn Ihr Kind einen Krampfanfall hatte, sollten Sie in jedem Fall so bald wie möglich für eine ärztliche Abklärung sorgen.
Zwar kann der Krampf auch harmlos gewesen sein. Trotzdem ist es für die Gesundheit Ihres Kindes eminent wichtig, dass die Ursache herausgefunden wird. Denn wenn es sich doch um eine Epilepsie handelt, kann möglichen Wiederholungen und Verschlimmerungen am besten vorgebeugt werden, indem die Erkrankung frühzeitig erkannt und behandelt wird.
Warum sollte man sich die epileptischen Anfälle in einem Kalender notieren?
Wer unter einer antiepileptischen Behandlung immer wieder epileptische Anfälle hat, sollte einen sogenannten Anfallskalender führen. Denn wenn es trotz medikamentöser Behandlung zu einem epileptischen Anfall kommt, muss die Dosis der Tabletten evtl. angepasst oder es muss auf ein anderes Medikament gewechselt werden. Um hier im Fall der Fälle die richtige Entscheidung zu treffen, ist ein Anfallskalender wichtig.
In diesen Kalender tragen Sie ein, wann es zu einem Anfall kam und wie dieser abgelaufen ist (wo waren Sie, welche Tageszeit, welche Rahmenbedingungen?). Ihr Arzt notiert in diesem Kalender zudem die Ergebnisse der EEG-Kontrolluntersuchungen. So kann später besser nachvollzogen werden, warum es zu dem Anfall kam und wie er künftig verhindert werden kann.
Quellen:
- Neurologen im Netz, https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/
- Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. S2k-Leitlinie zur Epilepsie. Stand 30.04.2017. Online unter www.awmf.org.