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Schlafstörungen sind weit verbreitet und die Nachfrage nach medikamentösen Helfern ist dementsprechend groß. Schlafmittel werden in Deutschland jedes Jahr millionenfach verschrieben. Ihr Einsatz ist aber keineswegs unproblematisch und sollte stets kritisch hinterfragt werden.

Hilfreich beim gezielten, kurzfristigen Einsatz

Die stärkeren Schlafmittel sind allesamt synthetisch (also keine pflanzlichen Präparate) und meist auch verschreibungspflichtig. Sie können Ihnen bei schwerer Schlaflosigkeit zu einigen durchgeschlafenen Nächten verhelfen. Oder punktuell eingesetzt werden, wenn Sie aus wichtigem Grund den Durchschlaf sicherstellen wollen und dies kurzfristig nicht mit anderen Maßnahmen wie etwa Entspannungsverfahren zu bewerkstelligen ist.

Nicht als Dauermaßnahme geeignet

Als dauerhafte Hilfe eignen sich diese Medikamente allerdings nicht. Denn sie können bei längerem Gebrauch diverse Nebenwirkungen und auch zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten verursachen. Einige weitere Nachteile und Gefahren sind im folgenden skizziert:

  • Problematisch ist die mitunter verhängnisvolle Wirkungsverstärkung bei gleichzeitiger Einnahme von Beruhigungsmitteln oder dem Genuss von Alkohol.
  • Außerdem kommt es als Folge der Schlafmittel-Einnahme häufig zu Müdigkeit und Abgeschlagenheit am nächsten Morgen, bedingt durch den nur sehr langsam Abbau vieler Wirkstoffe.
  • Medikamente wie die Benzodiazepine (Valium u.v.a.) können bei längerem Gebrauch abhängig machen und beim abrupten Absetzen Entzugserscheinungen auslösen.
  • Zudem verändern Schlafmittel die Schlaftiefe und Schlafstruktur. Das gilt auch auch für die leichteren, frei verkäuflichen Präparate. Die vermeintlichen kleinen Helfer können sogar selbst Schlafstörungen verursachen.

Nehmen Sie die Schlafmittel deshalb nur ausnahmsweise und unter Beachtung der Empfehlungen zur richtigen Anwendung ein. Und auch wenn es leichter gesagt als getan ist: Versuchen Sie mit therapeutischer Hilfe unbedingt, Ihre Schlafstörungen dauerhaft ohne pharmazeutisches Geschütz zu überwinden.

Warum können Schlafmittel selbst zu Schlafstörungen führen?

Das klingt paradox, ist aber leider so. Zu den Ursachen, die Schlafstörungen auslösen können, zählen gerade auch Schlafmittel selbst. Das gilt vor allem für die synthetischen Präparate, weniger für diejenigen auf pflanzlicher Basis. Allerdings auch für solche Schlafmittel, die rezeptfrei in der Apotheke erhältlich sind.  

Dazu muss man wissen, dass Medikamente eine Schlafstörung nicht heilen können. Sie wirken vor allem durch ihre dämpfenden und beruhigenden Effekte kurzfristig schlaffördernd, verhelfen also – wenn überhaupt – im besten Fall zum lange ersehnten Durchschlafen.

Auch der Entzug wird zum Problem

Da sich aber an der Schlafstruktur selbst und den tiefer liegenden Ursachen nichts ändert, droht im Verlauf der Tabletteneinnahme früher oder später ein Gewöhnungseffekt. Die Wirkung lässt nach, die Dosis muss gesteigert werden. Das wiederum beeinträchtigt den Erholungseffekt und verstärkt die Benommenheit am Tag.

Wird das Schlafmedikament abgesetzt, droht ein Entzugs-Syndrom. Und das ist besonders tückisch: Der Körper reagiert zwar "nur" vorübergehend auf den Entzug der künstlichen Schlafunterstützung mit erneuter Schlaflosigkeit. Von den Betroffenen wird dieses Phänomen aber meist als wiederkehrende Schlafstörung fehlinterpretiert. Die Folge: Es wird erneut zur Schlaftablette gegriffen. Ein Teufelskreis.

Gefahr der Medikamentenabhängigkeit

Vor allem bei Schlafmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine besteht die Gefahr der Medikamentenabhängigkeit. Dazu zählen Valium und praktisch alle Wirkstoffe, die auf "zepam" enden. In der Fachliteratur wird diese Abhängigkeit bei den moderneren Substanzen zwar als nicht mehr so relevant eingeschätzt. Die Einträge auf Patientenportalen zum Thema Schlafmittelanwendung sprechen allerdings eine andere Sprache.

Bevor es zur Schlaflosigkeit durch Schlafmittel kommt, können sich noch andere Nebenwirkungen der Schlafmedikamente einstellen. Etwa die als Hang-over-Effekt bekannte Benommenheit am nächsten Morgen sowie Gliederschmerzen, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Schweißausbrüche, Unruhezustände oder Stimmungsschwankungen. All dies passiert nie zu 100% und keineswegs bei jedem. Angesichts der vielen Millionen verordneten und auch rezeptfrei bezogenen Schlaftabletten ist aber von einem gehäuften Auftreten dieser unerwünschten Wirkungen auszugehen.

Erhöhen Schlafmittel die Sturzgefahr in höherem Alter?

Ja. Nicht bei jedem, aber im Schnitt schon. Und im Grunde ist das ja auch kein Wunder. Schlafmittel machen einen schläfrig, das ist ihr Zweck. Und wer etwas unaufmerksamer oder benommener ist, fällt leichter hin.

Generell gilt: Je älter wir Menschen werden, desto höher ist die Sturzgefahr. Und desto gefährlicher sind die möglichen Folgen. Bestimmte Medikamente erhöhen dieses Sturzrisiko zusätzlich.

Auch bei moderneren Präparaten ein Problem

Zu den relevanten Wirkstoffgruppen zählen neben Beruhigungsmitteln und Antidepressiva auch Schlafmittel. Das wurde in zahlreichen Studien ermittelt. Das gilt offenbar auch für die heute am häufigsten verschriebenen sogenannten Z-Substanzen Zolpidem, Zopiclon und Zaleplon. Sie setzen an denselben Rezeptoren an wie die klassischen Benzodiazepine (Valium® & Co), wirken aber weniger benebelnd und haben ein geringeres Abhängigkeitsrisiko als diese.

Gerade ältere Menschen sind unter Schlafmittel-Einnahme nachts mitunter verwirrt und stürzen leichter, zumal die Substanzen auch die Muskelspannung herabsetzen.

Schlafmittel nur mit Bedacht einnehmen

Ein Grund, gänzlich auf die synthetischen Schlafförderer zu verzichten, ist das zwar nicht. Denn auch die Schlafstörungen selbst können die Ursache von Stürzen sein. Oft lässt sich das nur schwer vom Arzneimitteleinfluss abgrenzen. Die teilweise vorschnelle und unreflektierte Verschreibungs- und Einnahmepraxis von Schlaftabletten muss aber kritisch hinterfragt werden.

Natürliche Schlafmittel auf Heilpflanzenbasis sind nicht so wirksam wie die Chemieprodukte, erhöhen dafür aber auch nicht die Sturzgefahr.

Schlafmittel: Es drohen Krebs und Tod

Schlafmittel sollte man wirklich nur dann nehmen, wenn es unbedingt notwendig ist. Zwar können sie in der Regel zu einem verbesserten Schlaf verhelfen, doch das wird teuer erkauft. Denn die erheblichen Nebenwirkungen wiegen den Nutzen nach Ansicht von Ärzten mehr als auf. Eine neue Studie sagt nun sogar, dass Schlaftabletten nicht nur das Krebs-, sondern auch das Sterberisiko erhöhen.

Bis zu fünf mal mehr Todesfälle bei den Schlafmittel-Anwendern

Die Wissenschaftler werteten die Daten von rund 10.000 Personen aus, die Schlafmittel einnahmen. Als Kontrolle dienten über 23.000 Menschen, die derartige Mittel nicht benutzten. Dabei zeigte sich, dass selbst Schlaftabletten in geringen Mengen – gemeint sind bis zu 18 Pillen pro Jahr – das Sterberisiko um das 3,5-fache erhöhen. Bei denjenigen, die zwischen 18 und 132 Tabletten schluckten, stieg das Risiko auf das 4,4-fache, und bei denen, die über 132 Schlafmittel zu sich nahmen, war das Risiko sogar um das 5,4-fache höher.

In der Gruppe, die am meisten Schlafmittel einnahmen, stieg auch das Risiko, an Krebs zu erkranken, deutlich an: um 35%.

Viele Indizien, kein Beweis

Die Studienautoren verweisen auf zahlreiche frühere Untersuchungen, die ebenfalls einen Zusammenhang von Schlafmitteln und Sterberisiko ermittelt hatten. Ein endgültiger Beweis fehlt zwar, weil in diesen Studien nie nachgewiesen werden konnte, dass es wirklich die Schlafmittel waren, die für die Todesfälle verantwortlich waren. Aber zumindest gibt es ernstzunehmende Hinweise auf einen solchen Zusammenhang. Und das kann einem ja schon genügen, mit den Schlafmitteln eher vorsichtig umzugehen.

Quellen:

  • Karow T, Lang-Roth R. Allgemeine und Spezielle Pharmakologie und Toxikologie

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Autor unseres Artikels
 
Dr. Hubertus Glaser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

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    Studium:
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag
  • freiberuflich als Entwickler, Berater und Publizist

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des Artikels
Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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Dr. med. Monika Steiner
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    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
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  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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