Burnout-Syndrom: Ursachen, Behandlung, Prognose
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- Erstellt: Mittwoch, 06. Mai 2020 12:03
- Aktualisiert: Dienstag, 19. Januar 2021 14:24
Was genau ist eigentlich ein Burnout-Syndrom? Woran erkennt man es und was kann man dagegen tun? Mehr dazu in diesem Beitrag.
Symptome und Anzeichen
Was sind frühe Anzeichen für ein drohendes Burnout-Syndrom?
Ein Burnout-Syndrom ist keine in Stein gemeißelte Diagnose, es gibt keine Blutwerte oder ähnliches, die eine Art Beweis liefern, dass man an einem Burnout leidet. Genauso wenig gibt es einen eindeutigen Nachweis, dass man auf ein Burnout zusteuert. Nicht jedes Stressgefühl ist ja gleich ein Burnout. Aber trotz dieser Grauzone gibt es schon ein paar typische Anzeichen dafür, dass man möglicherweise "an der Kante steht".
Frühe Hinweise auf ein Burnout-Syndrom können sein:
- Sie fühlen sich durch Ihre aktuellen Aufgaben und Anforderungen überlastet. Sie haben immer öfter das Gefühl, dass Ihnen alles über den Kopf wächst. Oder Sie befürchten das.
- Das, was Ihnen Stress bereitet, kommt vor allem von außen: von Ihrem Chef oder Ihren Geschäftspartnern, oder auch durch familiäre Anforderungen. Zumindest empfinden Sie das so.
- Sie sind gereizter als früher, reagieren angespannter auf Dinge, die Sie früher nicht aus der Ruhe gebracht hätten.
- Sie können schlechter zuhören. Über Ihre eigenen beruflichen Aufgaben zu sprechen, fällt Ihnen leicht, aber sich auf das zu konzentrieren, was andere Personen Ihnen ("alles Banalitäten im Vergleich zu meinen Sorgen") erzählen, fällt Ihnen zunehmend schwer.
- Sie fühlen sich ständig unter Zeitdruck. Selbst in der Freizeit lässt dieses gehetzte Gefühl kaum nach.
- Grundsätzlich fällt es Ihnen in der Freizeit schwer, sich überhaupt darauf einzulassen. Also die Freizeit zu genießen, wirklich zu entspannen. Am liebsten würden Sie weiterarbeiten, weil es noch so viel zu tun gibt und Sie ein Scheitern fürchten.
- Sie haben mit Ihrem aktuellen Projekt oder Ihren derzeitigen Aufgaben Angst, jemanden zu enttäuschen.
- Sie kappen nach und nach Ihre freizeitlichen und sozialen Interessen. Treffen mit Freunden oder der wöchentliche Sport werden vernachlässigt, weil "einfach gerade zu viel zu tun ist".
- Sie haben überwiegend schlechte Laune, Ihre gesamte Grundstimmung ist schlecht.
Mediziner unterscheiden im weiteren Verlauf Symptome des frühen und des späten Burnout-Syndroms.
Im frühen Stadium überwiegen in der Regel eher unspezifische Symptome, meist noch ohne Leidensdruck.
Im späten Stadium des Burnout-Syndroms kann zwischen emotionalen, körperlichen und sozialen Symptomen unterschieden werden.
Ursachen
Was sind die tieferen Ursachen eines Burnouts?
Gibt es eine typische Burnout-Persönlichkeit?
Es gibt nicht das Burnout-Merkmal schlechthin, also das untrügliche Zeichen, dass eine bestimmte Person auf jeden Fall in einem Burnout landen wird. Aber es gibt zumindest Persönlichkeitsmerkmale, die die Gefahr "auszubrennen" erhöhen. Etwas vereinfacht kann man sagen: Wer im Alltag und Beruf von einem großen Ehrgeiz oder Erledigungswillen getrieben ist und zugleich einen Hang zur depressiven Verstimmung hat, ist besonders gefährdet.
Beleuchtet man die Frage etwas tiefer, stellt man aber natürlich fest, dass es von diesem beschriebenen Persönlichkeitsbild zahlreiche Abweichungen und Variationen gibt. Es ist also sehr schwierig und auch problematisch, einen eindeutigen Persönlichkeitstyp festzumachen. Und was noch wichtiger ist: Nur den wenigsten von uns ist klar, was sie eigentlich tief im Inneren treibt. "Burnout? Das kann mir nicht passieren", ist also eine Selbsteinschätzung, die nicht immer stimmen muss.
Der "kleine Treiber" im Inneren
Zurück zu unserem tief im Innern versteckten "Treiber". Über den denken wir in der Regel wenig nach. Dabei ist er bei der Entstehung des Burnout-Syndroms extrem wichtig. Untersuchungen zeigen, dass fast alle "Burnout-Patienten" solch einen inneren Peitschenknaller beherbergen. Und was sagt der, während er die Peitsche schwingt? Zum Beispiel:
- Das musst Du unbedingt schaffen!
- Den oder die darfst Du nicht enttäuschen!
- Streng' Dich an!
- Mache bloß alles richtig!
- Wenn Du das nicht schaffst, gibt es große Probleme!
Allein ihn zu entdecken, ist viel wert
Eine solche innere Stimme kann in grauer Vorzeit eingeimpft worden sein, nicht selten von den Eltern, ohne dass die es so meinten. Oder auch durch einen selbst, zum Beispiel, weil man nach früheren Misserfolgen unbedingt vermeiden will, dass man dieser Schmach (??) noch einmal ausgesetzt wird.
Es kann also nicht schaden, wenn man sich gerade in Stressphasen mitunter folgende Fragen stellt:
- Warum bin ich eigentlich so ehrgeizig?
- Wem will ich imponieren?
- Ist mir Geltung und Wertschätzung wichtig?
- Wer wäre enttäuscht, wenn ich es nicht schaffen würde? Ginge dann die Welt unter?
Das ist natürlich viel leichter gesagt als getan. Schließlich sitzt der kleine Treiber wahrscheinlich schon lange in uns. Aber auch wenn man ihn nicht von heute auf morgen los wird: es lohnt sich unbedingt, ihn überhaupt mal zu entdecken.
Welche Rolle spielt der Chef für das Burnout-Risiko?
Offenbar eine große. Im Automobil- und LKW-Konzern MAN wurde das sogar "bewiesen": Und zwar wurde analysiert, in welchen Abteilungen die Krankschreibungsrate besonders hoch ist und wo sie besonders niedrig ist. Dann wurden probehalber einige Vorgesetzte aus Bereichen, in denen die Krankmeldungsrate sehr hoch war, in "gesündere" Abteilungen versetzt. Prompt stieg dort der Krankenstand an.
Das ist ziemlich erschreckend, aber so richtig überraschend eigentlich nicht. Denn schon lange weiß man, dass man bei hohem Stress vor allem dann in ein Burnout-Syndrom hineinrutschen kann, wenn die Belastung nicht von Erfolg, Befriedigung und Anerkennung begleitet wird. Und wer von uns hat nicht schon einmal einen Chef erlebt, dem diese Fähigkeit – zu motivieren und auch mal zu loben – komplett abgeht. Der nur ständig Druck aufbaut, ohne zu motivieren. Wenn man einem solchen Chef nicht aus dem Weg gehen kann und eine solche Demotivation plus Antreiberei über längere Zeit ertragen muss, ist es eigentlich kein Wunder, dass die Gefahr auszubrennen deutlich zunimmt.
Aber was tun, wenn man einen solchen Chef hat? Im Prinzip gibt es nur zwei Lösungen: Entweder man wechselt den Arbeitsplatz (es kann ja auch eine Versetzung sein) oder man lernt bewusst, sich von dem Idioten nicht mehr in dem Maße unter Druck setzen zu lassen. Also keine Arbeitsverweigerung, aber eine stärkere Selbststeuerung dessen, was man leisten kann und leisten will. Ist natürlich leichter gesagt als getan, trotzdem ist diese zweite Lösung die wichtigere. Denn auch bei einem Arbeitsplatzwechsel ist das Risiko nicht gering, an einen ähnlichen Schwachmaten ohne Führungsqualitäten zu geraten. Denn leider wird in Deutschlands Unternehmen nur selten derjenige befördert, der am besten führen kann.
In welchen DAX-Unternehmen sind Burnout-Fälle am häufigsten?
Diese Frage ist tatsächlich untersucht worden. Und zwar von einer Arbeitsgruppe der Asklepios-Kliniken. Die haben schlicht alle Burnout-Fälle in ihrem Klinik-Verbund mit den Unternehmen der Patienten abgeglichen und dann anhand der Patientenzahlen in allen übrigen Krankenhäusern hochgerechnet.
Ganz vorn: Die Umstrukturierungs-Fetischisten und die Banken
Das Ergebnis: In allen DAX-Unternehmen ist Burnout ein Thema (und mit Sicherheit nicht nur bei denen). Aber es gibt bemerkenswerte Unterschiede. So rutschen vor allem in solchen Unternehmen viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in ein Burnout-Syndrom ab, in denen ständig fusioniert, neu organisiert oder umstrukturiert wird, ob das nun sinnvoll ist oder nicht. Bei Eon zum Beispiel.
Weitere traurige Spitzenplätze haben inne (alles nach den Schätzungen der Wissenschaftler-Gruppe):
- Allianz: 3.400 Burn-out-Fälle pro Jahr
- Commerzbank: 3.200 Burn-out-Fälle pro Jahr
- Deutsche Bank: 1.900 Burn-out-Fälle pro Jahr
Am relativ besten schnitten in der Untersuchung die DAX-Unternehmen Volkswagen, Bayer und Linde ab.
Eine Folge unserer heiligen "freien Marktwirtschaft"?
Dass diese Studie kein Hirngespinst ist, zeigt eine andere Untersuchung: Demnach hat sich die Zahl der Berufstätigen, die ein Burnout-Syndrom entwickeln, von 2004 bis 2010 verneunfacht. Wohlgemerkt: verneunfacht! Von 8 pro 1.000 Beschäftige auf nunmehr 72 pro 1.000 Beschäftigte.
Wer schon einmal in einem relativ großen und vor allem Investor-getriebenen Unternehmen gearbeitet hat, muss fast zwingend zu dem gleichen Urteil kommen: Der kühle und emotionslose Blick auf die Geldvermehrung nimmt immer mehr zu, die persönliche Wertschätzung nimmt immer mehr ab. Auch die wilden und in den allermeisten Fällen miserabel geplanten Umstrukturierungen dienen letztlich immer nur dem Ziel, ganz oben mehr Geld abzuschöpfen. Kein Wunder, dass hier immer mehr Beteiligte ausbrennen. Wahrscheinlich ist das eine späte Ausgeburt des kapitalistischen Systems, auch wenn das kaum einer zugeben mag. Aber in kleinen Familienunternehmen oder Fachbetrieben, die noch so etwas wie soziale Verantwortung kennen, passiert das fast nie.
Behandlung
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Behandlung des Burnouts
Selbsthilfe
Kann man sich mit Medikamenten vor einem Burnout schützen?
Der beste Weg, um sich vor einem Burnout-Syndrom zu schützen, ist, aus der Stress-Spirale herauszuspringen. Dem Teufelskreis zu entrinnen, der da heißt: "Erst Druck von außen, dann zusätzlich Druck von innen, dann wegen der zu großen Belastung Leistungsabfall, dann Frust, dann noch mehr Druck". Aber den Wenigsten gelingt das, insbesondere wenn sie mittendrin stecken. Das Teuflische am Burnout-Syndrom ist ja gerade, dass die meisten Betroffenen hinterher berichten, sie hätten den ständigen Zuwachs an gefühltem Stress und den parallelen Stimmungsabfall sehr wohl wahrgenommen, hätten sich aber nicht daraus befreien können. Dann doch lieber ein paar Tabletten nehmen.
Die schnellen Helfer
Im Prinzip ist diese Denke gar nicht so falsch, weil es in einer Krisensituation natürlich sehr viel einfacher ist, etwas zu schlucken, als mal so eben sein Leben zu verändern (auch wenn Letzteres natürlich besser wäre). Dann ist aber die Frage, welche Medikamente überhaupt hilfreich sind. Die absolute Mehrheit der Betroffenen beantwortet diese Frage entweder mit Beruhigungsmitteln ("um runter zu kommen") oder mit chemischen Aufputschmitteln, oft aus der Gruppe der Antidepressiva.
Die Crux: Weder mit der einen noch mit der anderen Alternative beseitigt man das Problem. Ein Beruhigungsmittel betäubt und verschafft einem im besten Fall auch ein bisschen mehr Schlaf. Aber spätestens, wenn die Wirkung abklingt, ist alles eher noch schlimmer als zuvor. Zumal man kaum eines dieser Mittel über längere Zeit nehmen kann, ohne nicht ernsthafte Nebenwirkungen oder gar eine Abhängigkeit zu entwickeln.
Aufputschmittel wiederum, also "Stimmungsaufheller" aus der Gruppe der Antidepressiva oder Designer-Drogen, führen zwar dazu, dass Sie die Dinge eine Weile etwas leichter nehmen. Aber se haben auch relevante Nebenwirkungen, gefährden Körper und Geist und können ebenfalls in eine Abhängigkeit führen.
Quellen:
- Spiegel-online
- Manager Magazin, 25.5.2012
- Grünwald J et al.: Zeitschrift für Phytotherapie 2011; 32 (4): 161–163.