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Ist das Reizdarmsyndrom tatsächlich bloße Einbildung? Was kann ein Reizdarmsyndrom auslösen und was sollten Betroffene im Alltag daher lieber vermeiden? Diese und weitere Fragen beantworten wir für Sie im folgenden Beitrag.

Ursachen

Reizdarm: Alles rein psychisch?

Lange galt der Reizdarm als keine wirkliche Erkrankung. Betroffene wurden nicht ganz ernst genommen, zum Teil auch von Ärzten. So haben viele eine lange Leidensgeschichte zu erzählen, haben zahlreiche vergebliche Untersuchungen hinter sich und wurden nie adäquat behandelt.

Heute weiß man, dass die Symptome beim Reizdarm nicht nur eingebildet sind, sondern auf handfesten krankhaften Veränderungen beruhen. Der Reizdarm ist eine funktionelle Störung, d.h. die Verdauungsprozesse laufen nicht so rund und unauffällig, wie sie sollten, und bereiten entsprechende Beschwerden. Was genau dahintersteckt, ist allerdings nach wie vor nicht ganz klar. Die Wissenschaft hat viele Erklärungsmodelle parat, ist aber bislang zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen. Vermutlich spielen mehrere Faktoren eine Rolle bei der Entwicklung des Reizdarmsyndroms, wie der Symptomkomplex auch genannt wird.

Reizdarm ist psycho-somatisch

Dass jedoch auch die Psyche dazugehört, ist unbestritten. Oft sind es psychische Belastungen oder zu viel Stress, die die Reizdarm-Symptome hervorrufen. Umgekehrt schlagen ständige Blähungen, Bauchkrämpfe, Durchfall oder Verstopfung und all die Einschränkungen, die sich daraus im Alltag ergeben, auf die Stimmung und können bei den Betroffenen ernsthafte psychische Folgeerkrankungen wie z.B. Depressionen nach sich ziehen.

Reizdarm ist daher als psychosomatische Erkrankung zu sehen, bei der sowohl der Körper (griech. soma) als auch die Seele (griech. psyche) beteiligt sind.

Bis heute sind die Ursachen und Auslöser des Reizdarmsyndroms (RDS) nicht vollständig geklärt. Trotz intensiver Forschung liefert die Wissenschaft bislang nur vereinzelt Erklärungsansätze. Ein genauer Ablauf des Krankheitsprozesses beim RDS lässt sich bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht beschreiben.

Als mögliche Ursachen des Reizdarmsyndroms werden u.a. eine "viszerale Hypersensitivität", "Motilitätsstörungen" oder eine "Fehlsteuerung des autonomen Nervensystems" diskutiert. Eine schöne Aneinanderreihung von langen, unverständlichen Fachbegriffen, die definitiv einer näheren Erklärung bedarf. Lassen Sie sich mitnehmen auf einen kleinen Ausflug in die Welt der Wissenschaft.

Weitere mögliche Ursachen

Haben Menschen mit Reizdarm einen überempfindlichen Darm?

Untermauert durch verschiedene Studien geht man derzeit davon aus, dass die sogenannte viszerale Hypersensitivität eine nicht unerhebliche Rolle bei der Entstehung und Entwicklung des Reizdarmsyndroms spielt. Die viszerale Hypersensitivität bezeichnet eine allgemeine Überempfindlichkeit des Darms und anderer Bauchorgane (vom lateinischen "viscera" für Eingeweide) gegenüber Schmerzen.

Was bedeutet das nun für Sie? Über entsprechend aufwendige Untersuchungen ließ sich tatsächlich nachweisen, dass Menschen mit RDS im Bereich der Bauchorgane eine erniedrigte Schmerzschwelle haben. Ein steigender Druck oder bestimmte reizende Stoffe im Darm führen bei den Betroffenen deutlich schneller zu Bauchschmerzen und Völlegefühl.

Allerdings kann man sich bislang wiederum die Ursache für diese gesteigerte Empfindlichkeit nicht erklären. Wahrscheinlich ist die viszerale Hypersensitivität eine Kombination aus Ursachen im Bereich des Darms, des Rückenmarks und des Gehirns. Bekannt ist dagegen, dass Entzündungsbotenstoffe (z.B. TNF-α) hierbei eine erhebliche Rolle spielen.

Welche Ursachen sind noch möglich?

Wie bereits erwähnt existieren momentan viele mögliche Theorien und Erklärungsversuche hinsichtlich der Ätiologie (Ursache) des Reizdarmsyndroms. Vor allem gibt es in diesem Bereich auch zahlreiche widersprüchliche bzw. nicht bestätigte Ergebnisse.

Beispielsweise konnte man nachweisen, dass die Darmmotilität, d.h. die Bewegungsfähigkeit des Darms beim Durchfall-Typ (IBS-D) des Reizdarmsyndroms erhöht und beim Verstopfungs-Typ (IBS-O) erniedrigt ist.

Ob nun als Folge oder Ursache ist weiterhin unklar. Es ist aber bekannt, dass das Hormon Serotonin hierbei eine wichtige Rolle spielt. Des Weiteren gibt es Hinweise darauf, dass das Reizdarmsyndrom bei bestimmten Menschen durch eine Immunaktivierung hervorgerufen wird, die mit einer geringgradigen Entzündung einhergeht.

Dieser Zustand lässt sich anhand erhöhter Entzündungsbotenstoffe und aktivierter Abwehrzellen (T-Zellen, Mastzellen) aufzeigen. Hierbei spielen übrigens auch die in der Darmschleimhaut lokalisierten sogenannten enterochromaffinen Zellen eine Rolle.

Sie produzieren Gewebshormone, die der Steuerung des Magen-Darm-Trakts dienen. Dazu zählt auch das Serotonin, das sowohl an der Entstehung der Bauchschmerzen beteiligt ist als auch für eine Steigerung der Darmbewegung und der Abgabe von Verdauungsenzymen sorgt.

Kann es auch an den Nerven liegen?

Das ist auch eine Theorie. In anderen wissenschaftlichen Projekten konnten Forscher nachweisen, dass Menschen mit einem Reizdarm-Syndrom u.a. eine erhöhte Nervenfaserdichte in der Darmschleimhaut haben.

Außerdem waren bei den Betroffenen auch erhöhte Werte für Eiweiße messbar, die unmittelbar an der Magen-Darm-Tätigkeit beteiligt sind. Man geht bei diesem Ansatz folglich von einer Störung im "Bauchhirn" aus, dem enterischen Nervensystem.

Andere Studien sehen ganz klar die gestörte Kommunikation zwischen dem Verdauungstrakt und dem Zentralnervensystem als Verursacher der typischen Reizdarmbeschwerden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Störung des vegetativen (autonomen) Nervensystems und der Darm-Hirn-Achse.

Es bleibt spannend

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass neben einer gestörten Magen-Darm-Barriere (also eine erhöhte Durchlässigkeit der Wände des Verdauungstraktes) sowohl die genetische Veranlagung als auch die weiblichen Geschlechtshormone (RDS überwiegt in der weiblichen Bevölkerung) als weitere mögliche Ursachen diskutiert werden.

Sie sehen, die Ursachenforschung wird intensiv und breitgefächert betrieben. Noch stehen sicherlich viele Theorien im Vordergrund, die es zu beweisen gilt. Zusammenfassend kann man jedoch sagen, dass beim RDS diverse Mechanismen auf kleinster Teilchen- und Zellebene für die gestörten Körperfunktionen relevant sind und für die Zukunft noch interessante Erkenntnisse zu erwarten sind.

Ist ein Reizdarm erblich bedingt?

Obwohl Reizdarm-Symptome in einigen Familien gehäuft vorkommen, ging man bislang davon aus, dass es sich hierbei nicht um eine genetische Ursache handelt. Vermutet wurde vielmehr das Phänomen des "Social Learnings".

Das bedeutet, vereinfacht ausgedrückt, dass sich Kinder beispielsweise bei der Bewältigung eines Konflikts an ihren Eltern orientieren. Zieht sich die Mutter wegen Bauchschmerzen oft zurück, wird das Kind möglicherweise auch zu Bauchschmerzen neigen, wenn es überfordert ist.

Vor kurzem hat jedoch eine Arbeitsgruppe des Universitätsklinikums Heidelberg in Kooperation mit der University of California in Los Angeles zeigen können, dass bei Menschen mit starken Reizdarmbeschwerden auffällig häufig eine bestimmte Genmutation vorkommt.

Und diese Mutation verändert nicht etwa den Darm, sondern einen bestimmten Bezirk im Gehirn. Die Rede ist vom sogenannten Mandelkern, ein Hirnareal, in dem emotionale Reize verarbeitet werden. Über den Serotonin-3-Rezeptor werden hier aber auch gleichzeitig Reaktionen wie Übelkeit oder Schmerzen aktiviert.

Damit ist nicht bewiesen, dass das Reizdarm-Syndrom vererbbar ist. Aber zumindest kann es sein, dass eine bestimmte genetische Veranlagung dazu führt, dass man auf Belastungen eher mit Darmproblemen reagiert.

Wie hängen Reizdarm und Darmflora zusammen?

Die genauen Ursachen für das Reizdarmsyndrom (RDS) sind bislang noch nicht ausreichend erforscht. Allerdings gibt es unzählige mögliche Faktoren, die diese Erkrankung beeinflussen können. Beispielsweise gilt eine veränderte Darmflora als Auslöser bzw. Risikofaktor für die Bauchkrämpfe, Blähungen und Stuhlunregelmäßigkeiten.

Was sich hinter der Darmflora verbirgt

Wenn wir von "Darmflora" oder von "intestinaler Mikrobiota" sprechen, dann ist damit die Gesamtheit aller Mikroorganismen in unserem Darm gemeint. Der Begriff „Mikrobiom“ bezeichnet hingegen die Gesamtheit aller mikrobiellen Gene (DNA) im menschlichen Körper.

Jeder Mensch wird mit einem sterilen Verdauungstrakt geboren. Erst unter der Geburt beginnt die Besiedlung mit Mikroorganismen. Die Darmflora des erwachsenen Menschen setzt sich hauptsächlich aus vier Bakterienstämmen mit unterschiedlichen Bakterienarten zusammen. Wir sprechen an dieser Stelle übrigens von beeindruckenden 10 bis 100 Billionen Bakterien, die vorwiegend im Dickdarm lokalisiert sind.

Die Aufgaben der Darmflora

Die intestinale Mikrobiota hat vielfältige Aufgaben zu erfüllen. Sie ist sowohl an der Abwehr von krankmachenden Keimen als auch an Stoffwechselprozessen sowie an der Entwicklung des Immunsystems beteiligt. Der Mensch lebt also mit den Darmbakterien in einer Art Symbiose, beide Parteien profitieren voneinander.

Was bedeutet das im Einzelnen? Unser Darm bietet den Mikroorganismen einen geschützten nährstoffreichen Lebensraum – dafür übernimmt die Darmflora u.a. folgende Funktionen:

  • die Synthese (Zusammensetzung/Herstellung) bestimmter Vitamine, die u.a. den Kohlenhydrat-, den Fett- und Eiweißstoffwechsel regulieren bzw. auch für die Blutbildung zuständig sind
  • die Synthese von Aminosäuren (Eiweißbausteine, die dem Aufbau von Körpergewebe dienen)
  • die Entgiftung giftiger Stoffe
  • die Unterstützung der Verdauung von Nahrungsbestandteilen
  • die Verdrängung pathogener (schädlicher) Keime sowie die Beeinflussung unseres Immunsystems

Wenn der Darm nicht mehr im Lot ist

Konstante Umgebungsbedingungen im Darm sowie eine vielseitige Ernährung begünstigen die Bakterienvielfalt der Darmflora. Und die ist wichtig für das Gleichgewicht zwischen der intestinalen Mikrobiota und dem "Wirt" Mensch. Je höher die Vielfalt, desto besser.

Wird allerdings das Gleichgewicht gestört, kann sich die Darmflora sogar soweit verändern, dass sie unserem Körper schadet. Man spricht dann von einer Dysbiose. Und dieser Zustand kann unterschiedliche Ursachen haben.

Beispielsweise kann eine Ernährung mit hohem Fett- und Zuckeranteil zum Wachstum "ungünstiger" Bakterien führen, was dann eine Veränderung der bakteriellen Gärung zur Folge hat. Eine andere mögliche Ursache ist die Einnahme von Antibiotika. Diese können (je nach Art und Einnahmedauer des Medikaments) nicht nur die gewünschten Keime im Rahmen einer Infektion abtöten, sondern als Nebenwirkung auch die gesundheitsfördernden Bakterien unserer Darmflora auf ein Minimum reduzieren. Dadurch haben wiederum schädliche Keime im Darm die einmalige Gelegenheit, sich ungebremst zu vermehren.

Reizdarm und das Mikrobiom

Was ist anders an der Darmflora bei Menschen mit Reizdarmsyndrom?

Es ließ sich in diversen Studien nachweisen, dass sich die Darmflora von Personen mit RDS deutlich von der bei gesunden Personen unterscheidet.

Unklar ist dabei jedoch, ob die veränderte intestinale Mikrobiota sozusagen Ursache oder Folge des Reizdarmsyndroms ist.

Menschen mit RDS weisen in ihrer Stuhlzusammensetzung jedenfalls eine geringere Vielfalt (Diversität) an Bakterien auf als Nicht-Betroffene. Bestimmte Bakterienstämme treten beim Reizdarm stark vermehrt auf, während andere deutlich verringert sind. Was das genau bedeutet und wie man diesbezüglich ggf. therapeutisch vorgehen kann, ist noch Gegenstand der Forschung.

Was bedeutet ein „gesundes Mikrobiom“?

Trotz der großen wissenschaftlichen Fortschritte im Bereich des Reizdarmsyndroms gibt es noch viele offene Fragen und Unklarheiten. Dazu gehört auch die Rollenzuweisung des Mikrobioms.

Das Problem: Solange man noch nicht weiß, was ein "gesundes" Mikrobiom ist, kann man auch nicht wirklich therapeutisch dagegen vorgehen.

Das Mikrobiom eines Menschen, also die Gesamtheit aller mikrobiellen Gene (DNA) im menschlichen Körper, ist nämlich so einzigartig und individuell wie ein Fingerabdruck.

Dennoch ist das Mikrobiom ständig äußeren Veränderungen ausgesetzt und dadurch immer "in Bewegung". Und genau hier liegt dann auch die Schwierigkeit, es ggf. therapeutisch verändern zu wollen bzw. überhaupt zu können.

Was bedeutet das für zukünftige Behandlungen?

Obwohl der ursächliche Zusammenhang bzw. der Wirkmechanismus noch nicht vollständig geklärt ist, hat man in diversen Studien nachweisen können, dass der Einsatz bestimmter Bakterienstämme, in Form probiotischer Präparate, bei der Behandlung des RDS helfen kann. Das hat bereits dazu geführt, dass die Verwendung von Probiotika als Therapiemöglichkeit mit in die Leitlinien des Reizdarmsyndroms aufgenommen worden ist.

Auslöser

Gibt es Faktoren, die ein Reizdarmsyndrom auslösen können?

Eine schwierige Frage. Das Thema Reizdarmsyndrom (RDS) und die möglichen Ursachen und Auslöser dafür beschäftigen Forscher seit vielen Jahrzehnten. Bis heute ist nicht ganz klar, welche Rolle bestimmte Faktoren bei dieser Erkrankung immer einnehmen und welche individuell variieren. Eine Fragestellung, die gerade im Hinblick auf die Therapiemöglichkeiten nicht ganz unwichtig ist.

Wenn es nicht läuft, wie es soll

Das Reizdarmsyndrom gehört zu den funktionellen Störungen des Verdauungsapparates. Das bedeutet, dass sich durch medizinische Untersuchungen keine organischen Ursachen für die bestehenden Beschwerden finden lassen. Es ist also eine Ausschlussdiagnose.

Trotz der fehlenden organischen Ursache ist der Darm jedoch in seiner Funktion beeinträchtigt und führt bei vielen Betroffenen zu starken Einschränkungen im Alltag. Blähungen, Schmerzen, Krämpfe, Durchfall, Verstopfung – oft treten die Symptome plötzlich und unerwartet auf. Viele Betroffene schildern, dass sie gar nicht genau wissen, was der Auslöser sein könnte. Mal wird das Essen vermutet, mal der Stress, und manchmal kommt es bei völliger Entspannung aus dem Nichts.

Gerade dieses Unberechenbare ist für Menschen mit Reizdarmsyndrom so schwierig zu verstehen, zu akzeptieren und zu handhaben. Aus diesem Grund ist es für viele empfehlenswert, sich Unterstützung von Fachleuten zu holen und sich individuell im Umgang mit der Erkrankung beraten zu lassen.

Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

Die wichtigsten Fragen, die Sie sich als Betroffener vielleicht stellen, sind die nach dem "Warum?" und dem "Wodurch?". Schließlich möchte jede betroffene Person wissen, warum gerade sie unter der Erkrankung RDS leidet und wodurch diese immer wieder ausgelöst wird.

Dabei ist genau genommen zwischen Ursachen und Auslösern zu unterscheiden. Während zu den Ursachen grundlegende Fehlmechanismen oder auch die Vererbung zählen, sind Auslöser ganz bestimmte, oft punktuelle Faktoren, die die Erkrankung bei entsprechender Veranlagung zum Ausbruch bringen können. Das Gute an den Auslösern ist, dass wir viele davon beeinflussen können.

Hinsichtlich der Ursachenforschung gibt es vor allem viele Theorien, die es zukünftig noch zu beweisen gilt. Aber die Wissenschaft ist dran und macht große Fortschritte. Bei den möglichen, individuell sehr unterschiedlichen Auslösern ist man schon etwas weiter. Zumindest schildern vom Reizdarmsyndrom betroffene Menschen häufig eine Besserung der Beschwerden, nachdem Sie beispielsweise etwas an ihren Essgewohnheiten oder ihrem Lebensstil geändert haben.

Das sagt die Wissenschaft dazu

Nach aktuellem Wissensstand geht man beim Reizdarmsyndrom derzeit von folgenden möglichen Auslösefaktoren aus:

  • eine gestörte Darmflora mit einer Überzahl an krankheitsverursachenden Darmbakterien, die die "guten" Bakterien (bestimmte Bifidobakterien) verdrängen
  • eine ungesunde, unausgewogene Ernährung mit viel Fett und Zucker
  • Stress und psychische Belastungssituationen
  • vorausgegangene er-Infektionen (insbesondere mit dem Bakterium Campylobacter)
  • bestimmte Medikamente (insbesondere Antibiotika), die vor allem die "guten" Darmbakterien angreifen
  • diverse Umwelteinflüsse (chemische Reize)

Diese kleine Auflistung soll Ihnen nur einen groben Überblick über die derzeit diskutierten Auslöser eines Reizdarmsyndroms verschaffen. Häufig ist es jedoch nicht "der eine besondere Auslöser", der für die Beschwerden sorgt, sondern tendenziell eher die Kombination aus verschiedenen Faktoren – und zwar mal mehr, mal weniger.

Mögliche Auslöser und Risikofaktoren

Kann ein Darminfekt schuld sein?

Wer kennt das nicht? Plötzlich grummelt und zwickt es, leichte Übelkeit und Schlappheit bis hin zum Durchfall. Ein Magen-Darm-Infekt!

In den meisten Fällen durch Viren in der kälteren Jahreszeit hervorgerufen, können auch Bakterien und Protozoen (tierische Einzeller) an der infektiösen Gastroenteritis schuld sein.

Man geht davon aus, dass bei etwa jeder dritten vom Reizdarmsyndrom betroffenen Person ein meist bakterieller Magen-Darm-Infekt als ursächlich angesehen werden kann. In diesen Fällen wird auch vom postinfektiösen Reizdarmsyndrom gesprochen.

Vor allem bei genetisch prädisponierten Menschen (d.h. bei Personen, die die erblich bedingte Anlage für diese Erkrankung in sich tragen) konnte dieser Zusammenhang hergestellt werden.

Das Bakterium und der Reizdarm

Das Bakterium Campylobacter jejuni ist eines der häufigsten bakteriellen Verursacher einer akuten Magen-Darm-Infektion. Gerade bei Menschen mit einer genetischen Veranlagung gilt u.a. dieser Keim als Auslöser für die Entwicklung eines Reizdarmsyndroms.

Wie die Infektion nun genau mit dem RDS zusammenhängt, kann bislang nur unvollständig erklärt werden. Wissenschaftler konnten aber aufzeigen, dass eine Infektion mit dem Bakterium zu einer Veränderung der Wanddurchlässigkeit des Verdauungstraktes führt.

Auch ließen sich durch die Infektion erhöhte Abgaben des Entzündungsbotenstoffes Interleukin-8 im Darm nachweisen. Beides zusammen scheint die Entwicklung eines Reizdarmsyndroms stark zu beeinflussen.

Oder liegt es doch eher an der Entzündung der Darmschleimhaut?

Wie zuvor bereits erwähnt, geht man derzeit davon aus, dass beim postinfektiösen Reizdarmsyndrom kleine Entzündungen in der Darmwand zurückbleiben. Das lässt sich sowohl anhand erhöhter Entzündungsbotenstoffe als auch durch aktivierte Abwehrzellen (T-Zellen, Mastzellen) in der Darmschleimhaut feststellen.

Ein weiterer Bereich, der durch eine Magen-Darm-Infektion in Mitleidenschaft gezogen wird, ist die Darmflora (Mikrobiom). Man vermutet hier eine durch die Gastroenteritis hervorgerufene nachhaltige Veränderung der Darm-Mikroorganismen.

Ein ausgeprägtes Ungleichgewicht innerhalb der Bakterienstämme kann dann das Risiko eines postinfektiösen Reizdarmsyndroms natürlich weiter erhöhen. Nicht selten empfiehlt man in diesem Zusammenhang, trotz fehlender beweiskräftiger Studien, die unterstützende Einnahme von Bakterienpräparaten.

Kann die Ernährung ein Auslöser des Reizdarms sein und was hilft dann?

Der Zusammenhang zwischen Reizdarmsyndrom (RDS) und bestimmten Nahrungsmitteln wird immer wieder heftig diskutiert.

Die Meinungen und Ansichten zum Risikofaktor Ernährung variieren sowohl bei Ärzten als auch bei Ernährungsberatern und Betroffenen sehr stark. Ein interessantes Thema, das näher betrachtet werden sollte.

Wenn man nichts mehr essen mag

Vielleicht kennen Sie das Problem ja auch. Man isst gemütlich und entspannt mit Freunden im Restaurant, und spätestens, wenn man wieder zuhause ist, geht das Dilemma auch schon los: Bauchkrämpfe, Blähungen und schließlich Durchfall.

Frustriert über das Ende des schönen Abends fängt man an zu grübeln, was man mal wieder nicht vertragen haben könnte. Sehr viele vom Reizdarmsyndrom betroffene Menschen sind der Überzeugung, dass sie eine Nahrungsmittelunverträglichkeit oder sogar Nahrungsmittelallergie haben, die der Auslöser für ihre Beschwerden sein könnte.

In den seltensten Fällen ist diese Vermutung medizinisch nachweisbar. Dennoch schränken viele Betroffene ihre Nahrungsaufnahme eigenständig ein und riskieren damit eine Fehl- oder Mangelernährung. Ob Ihre persönlichen Beschwerden durch Ihr Essverhalten ausgelöst werden, können letztendlich nur Sie selbst herausfinden.

Beispielsweise, indem Sie ein Ernährungstagebuch führen, in dem Sie auch Ihre Beschwerden nach dem Essen notieren. So können Sie schnell herausfinden, was Sie gut vertragen und was nicht. Ist etwas mühevoll, aber die Mühe kann sich enorm lohnen.

Essen Sie wieder bewusster

In einem sind sich die Experten einig: Wer viel, schnell und unausgewogen isst, der provoziert auch eher die klassischen Beschwerden des Reizdarmsyndroms.

Aus diesem Grund wird nicht nur empfohlen, darauf zu achten, was man zu sich nimmt, sondern auch, auf welche Art und Weise. Versuchen Sie mal, falls Sie es nicht sowieso schon machen, im Alltag auf folgende Kleinigkeiten zu achten:

  • Nehmen Sie kleine, häufige Mahlzeiten zu sich.
  • Trinken Sie den ganzen Tag über ausreichend (Kräutertees, Wasser ohne Kohlensäure).
  • Nehmen Sie Sich Zeit für das Essen: Schlingen Sie nicht, sondern kauen Sie bewusst und langsam.
  • Verzichten Sie nach Möglichkeit auf zu viel Kaffee, Alkohol und schwarzen bzw. grünen Tee.
  • Meiden Sie allzu stark gewürztes, scharfes, fettiges Essen.

Es gibt nicht "die Diät"

Übrigens, hinsichtlich der Frage nach einer speziellen Ernährung beim Reizdarmsyndrom liefert die Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) klare Aussagen.

Es gibt zwar keine spezielle Diät in der Vorbeugung oder ursächlichen Therapie eines Reizdarmes und vor allem keine spezielle Ernährung, die für alle Betroffenen geeignet ist.

Die Experten betonen aber, dass es durchaus individuelle Ernährungsempfehlungen gibt, die sich an den Symptomen des Einzelnen orientieren und für eine Besserung der Beschwerden sorgen können.

Low-FODMAP-Diät mit Nachteilen, Aloe vera überzeugt in Studie

In diesem Zusammenhang wird häufig über die sogenannte Low-FODMAP-Diät gesprochen, eine Kohlenhydrat-Reduktionsdiät, die ursprünglich für Menschen mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) entwickelt worden ist.

Diese spezielle Diät ist jedoch bezüglich der Lebensmittelauswahl sehr streng und birgt das Risiko einer Fehl- und Mangelernährung. Sinnvoll kann auch ein Versuch mit der Heilpflanze Aloe vera sein. Eine schwedische Studie hat hier sehr eindrucksvolle Ergebnisse geliefert.

Bei den meisten Menschen mit RDS lassen sich die Symptome eines Reizdarmsyndroms bereits durch die leichter umsetzbaren konventionellen Ernährungsempfehlungen günstig beeinflussen.

So oder so. Das Reizdarmsyndrom ist ein sehr variabler und individueller Beschwerdekomplex. Insbesondere wenn Sie einen Zusammenhang zwischen Ihren Symptomen und der Nahrungsaufnahme sehen, sollten Sie sich professionelle Hilfe holen und nicht eigenmächtig handeln.

Die Zeit, in eine individualisierte und qualifizierte Ernährungsberatung unter Berücksichtigung Ihrer Lebenssituation zu investieren, ist sinnvoll und zahlt sich langfristig sicherlich aus.

Ist Stress ein Risikofaktor für Reizdarm und was mache ich dagegen?

Das Reizdarmsyndrom hat zwar keine organische Ursache, dennoch ist der Darm aus bislang noch ungeklärten Gründen in seiner Funktion stark beeinträchtigt.

Neben den körperlichen Beschwerden wie Blähungen, Bauchkrämpfe und Stuhlunregelmäßigkeiten ist es für die Betroffenen oft auch eine psychische Belastung. Stress kann sich hierbei zusätzlich negativ auswirken.

Stress im Alltag

Eigentlich hat das schon so ziemlich jeder erlebt. Man ist nervös, die Aufgaben und Probleme wachsen einem über den Kopf, man fühlt sich gehetzt, kann sich nicht konzentrieren, und irgendwann bekommt man auch die körperlichen Auswirkungen zu spüren.

Bei dem einen sind es Kopfschmerzen, ein anderer kann nicht schlafen, der Dritte bekommt Bauchschmerzen. Man fühlt sich gestresst. Jetzt fragen Sie sich vielleicht: "Aber was bedeutet eigentlich Stress, und was hat das mit meinem Darm zu tun?"

Da es an dieser Stelle vor allem um Stress als möglichen Auslöser für das Reizdarmsyndrom geht, möchten wir Sie auch nicht mit Details überschütten. Dennoch muss man zum besseren Verständnis dieser komplexen körperlichen Wechselspiele ein klein wenig ausholen und in die Welt der Nervengeflechte eintauchen.

Unser Nervensystem

Unser Nervensystem gliedert sich in das autonome (vegetative) und das somatische Nervensystem. Das somatische Nervensystem ermöglicht uns sowohl eine bewusste Wahrnehmung unserer Umwelt über die Sinnesorgane als auch willentliche Muskelaktionen.

Über das autonome Nervensystem werden dagegen automatisch ablaufende innerkörperliche Vorgänge angepasst und reguliert. Diese können von uns nicht direkt beeinflusst werden. Schauen wir uns das autonome Nervensystem genauer an.

Es besteht aus dem sympathischen, dem parasympathischen und dem enterischen Nervensystem (ENS). Letzteres wird auch als "Bauchhirn" bezeichnet und befindet sich in unserem Magen-Darm-Trakt. Obwohl vollkommen selbstständig, kann es von Sympathikus und Parasympathikus beeinflusst werden.

Alles eine Sache der Arbeitsteilung

Das sympathische und das parasympathische Nervensystem ergänzen sich gegenseitig. Teilweise arbeiten sie zusammen, manchmal auch gegeneinander.

Der Parasympathikus wird übrigens auch als "Ruhenerv" bezeichnet, da über ihn vor allem erholungsfördernde Signale gegeben werden. Der Sympathikus, auch als "Kampf-und-Flucht-Nerv" bekannt, bewirkt dagegen eine allgemeine Aktivierung des Körpers.

Über ihn werden hauptsächlich leistungsfördernde Signale gegeben, die den Körper in erhöhte Alarmbereitschaft versetzen – sei es nun bei tatsächlicher (gefährliche, lebensbedrohliche Situation) oder gefühlter (Konflikte bei der Arbeit, Prüfungen) Belastung.

Das Bauchhirn und seine Kollegen

Das enterische Nervensystem des Verdauungstraktes ("Bauchhirn") steuert u.a. die Verdauung und steht in Verbindung mit den ebenfalls autonomen Kollegen Parasympathikus und Sympathikus.

Das parasympathische Nervensystem beeinflusst die Funktion unseres Darms, indem es uns beim Entspannen und Verdauen hilft. Das sympathische Nervensystem hemmt dagegen die Darmtätigkeit in Situationen besonderer Anstrengung (Stress) oder Gefahr.

Um den Körper voll zu aktivieren (z.B. über eine Steigerung der Herztätigkeit, des Blutdrucks, der Durchblutung der Arm- und Beinmuskulatur), muss es andere, aktuell nicht unbedingt erforderliche Abläufe drosseln. So verringert der Sympathikus in solchen Momenten beispielsweise die Durchblutung in der Haut, in den Nieren und eben auch im Darm.

Wie der Stress zum Reizdarm führt

Das Problem bei unserem Alltagsstress ist, dass unser sympathisches Nervensystem genauso in Alarmbereitschaft gerät wie bei einer echten Gefahrensituation.

Das bedeutet, dass alle körperlichen Funktionen auf "Kampf und Flucht" aktiviert werden. Es werden Stresshormone (Adrenalin, Noradrenalin, Cortisol) ausgeschüttet, die Leber produziert massenhaft Zucker für unsere Muskeln, und die Durchblutung steigt.

Und das alles, obwohl gar keine plötzliche körperliche Anstrengung benötigt wird und die nun zur Verfügung stehende Energie nicht verbraucht wird. Beim Energieüberschuss sieht man auch den möglichen Zusammenhang zu den unterschiedlichen körperlichen Symptomen chronisch gestresster Menschen (wie Kopf- und Nackenschmerzen, Muskelverspannungen, Herzrasen oder Verdauungsstörungen). Bezogen auf den Darm führen die Stresshormone u.a. zu einer erhöhten Anzahl an Entzündungsbotenstoffen und aktivierten Abwehrzellen, die dann wiederum die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut und die Darmbewegungen verändern.

Fazit zum Schluss

Stress kann also nachvollziehbar zu einer Fehlregulation und somit auch zu einem Ungleichgewicht unseres Nervensystems führen. Beim Reizdarmsyndrom kann sich diese gestörte Kommunikation zwischen aktivierendem und beruhigendem Nervensystem durch Durchfall oder Verstopfung äußern.

Gehören Sie vielleicht auch zu den Personen, die stressbedingt verstärkt mit Reizdarm-Beschwerden reagieren? Dann kann es durchaus sinnvoll sein, sich im Rahmen Ihrer Reizdarm-Behandlung auch mit Entspannungstechniken oder Bewegungstherapien vertraut zu machen.

Leben mit Reizdarm-Syndrom

Kann ich trotz Reizdarm Sport treiben?

Körperliche Bewegung hilft auch bei Reizdarm-Beschwerden. Tägliches Radfahren, Spazierengehen oder Joggen fördern die Entspannung und gleichen Stress aus, der ja oft ein Auslöser der Beschwerden ist.

Auch Entspannungstechniken wie Yoga oder Progressive Muskelentspannung nach Jacobson haben sich als hilfreich erwiesen. Eine Mannschafts- oder Gruppensportart führt aus sozialer Isolation verhilft zu wohltuender, körperlicher Erschöpfung.

Entspannung für den Darm

Insgesamt ist beim Reizdarm immer wichtig zu bedenken, dass die Beschwerden "funktionell" sind. Damit ist gemeint, dass organisch kein Schaden besteht. Das heißt nicht, dass die Beschwerden eingebildet sind, im Gegenteil, die sind sogar teilweise sehr heftig. Aber es bedeutet, dass die Schmerzen und weiteren Symptome eher durch die Art und Weise entstehen, wie der Darm arbeitet und welche Impulse er dabei an die umliegenden Nerven sendet.

Wenn man sich das erst einmal vor Augen geführt hat, wird auch klarer, warum jede Art der Entspannung für den Bauchraum hilfreich ist. Gut zu erkennen ist das ja auch daran, dass die sogenannte Bauchhypnose sehr gut helfen kann.

Fazit: Sport und Bewegung entspannen den Körper und auch den Bauchraum, sind also in der Regel auch beim Reizdarm hilfreich und wohltuend.

Selbsthilfe durch Auszeit

Sollte ich mir eine Auszeit nehmen?

Viele sehen einen Zusammenhang zwischen dem Reizdarmsyndrom und unserer hektischen Lebensweise. Oft reicht bereits eine Ernährungsumstellung oder mehr Bewegung aus.

Durchatmen im Alltag – gar nicht so einfach

Blicken Sie mal ganz nüchtern auf die letzten drei bis fünf Jahre zurück: auf Ihre berufliche Situation, Ihr Privatleben, auf Ihre Freizeitaktivitäten. Wie oft waren Sie zuletzt im Kino, tanzen, sind mit Freunden Essen gegangen oder haben einen Ausflug unternommen?

Wann haben Sie sich bewusst in letzter Zeit zurückgelehnt, ein Buch gelesen oder einfach nur die Füße hochgelegt und nichts gemacht? Die meisten werden wahrscheinlich feststellen müssen, dass sie im hektischen Alltagstrubel gar nicht mehr dazu kommen, sich gezielt Auszeiten zu nehmen und zu entspannen.

Man muss in der Gesellschaft schließlich funktionieren, was leisten, über die Runden kommen. Der häufige Satz "Dafür habe ich gar keine Zeit!" ist inzwischen zur Standardfloskel geworden.

Hören und schauen Sie genauer hin

Aber Zeit ist genau das, was Sie sich nehmen sollten und müssen – für sich, für Ihren Körper, für Ihre Gesundheit. Denn wenn wir genauer hinhören und -schauen würden, dann würden wir auch erkennen, dass der Körper Warnsignale sendet.

Es sind die kleinen Hinweise, die über Monate und Jahre unbeachtet zu dauerhaften Symptomen führen und chronisch werden können. Nicht selten treten das Zwicken, das Unwohlsein und das Grummeln zunächst als unspezifische Beschwerden auf, um sich im Verlauf beispielsweise als klassisches Reizdarmsyndrom zu verfestigen.

Nicht, dass es an dieser Stelle zu Missverständnissen kommt. Selbstverständlich ist das RDS eine handfeste Erkrankung, bei der die Verdauung empfindlich gestört ist und manche Prozesse nicht mehr funktionieren. Außerdem handelt es sich immer um einen individuellen Beschwerdekomplex mit unterschiedlichsten Symptomen und diversen möglichen Auslösefaktoren.

Stress im Alltag, falsches Zeitmanagement und fehlende Ruhezeiten sind Risikofaktoren, die nicht bei jedem Betroffenen eine Rolle spielen, aber eben bei einem Großteil.

Wie viel Auszeit brauche ich überhaupt?

Wenn man von Auszeit spricht, denken viele Menschen gleich an eine längere Pause von sechs Monaten oder sogar einem Jahr. "Sabbatjahr" ist Ihnen in diesem Zusammenhang vielleicht ein Begriff. Ein Zeitraum, den einige u.a. für Reisen, Selbstfindungen oder persönliche Projekte nutzen.

Die eigentliche Herausforderung besteht darin, sich langfristig eine Strategie zuzulegen, die sich in die tägliche Routine des Lebens einbinden und umsetzen lässt.

Gönnen Sie sich kleine Ruhephasen

Körper und Geist brauchen regelmäßige Erholungsphasen. Und das zeigt uns unser Organismus auch. Wenn wir nicht ab und zu kleine Auszeiten einlegen, kann sich das auf Dauer rächen.

Während sich Stress bei einigen Menschen in Form von Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit äußert, tritt er bei RDS-Betroffenen verstärkt in Form von Bauchkrämpfen, Durchfall oder Verstopfung auf.

Deshalb gilt: Bauen Sie sich kleine Auszeiten in Ihren Alltag ein! Egal, ob es der Spaziergang in der Mittagspause ist, das Musikhören oder das Lesen eines Buches auf dem Weg zur Arbeit, das Verwöhnbad am Abend oder das gemeinsame Zubereiten eines leckeren Abendessens mit Freunden. Gönnen Sie sich wie selbstverständlich diese schönen Höhepunkte im täglichen Leben.

Lassen Sie einfach mal was liegen. Setzen Sie sich draußen hin und genießen Sie die ersten Sonnenstrahlen – auf einer Parkbank, im Café um die Ecke, draußen vor dem Bürogebäude. Leben Sie Ihr tägliches Leben einfach bewusster, indem Sie sich immer wieder kleine Ruheoasen im Alltag schaffen und sich so für kurze Zeit aus dem Berufstrott und der Hektik befreien.

Reisen mit Reizdarm: Was muss ich beachten?

Das Reizdarmsyndrom führt bei vielen Betroffenen zu starken Einschränkungen im Alltag. Insbesondere das plötzliche und unerwartete Auftreten der Symptome kann zu einer echten Belastungsprobe werden. Verständlich, dass manch einer deshalb sogar auf spontane Reisen oder Urlaub verzichtet.

Der Darm ist ein Gewohnheitstier

Das als funktionelle Erkrankung bezeichnete Reizdarmsyndrom hat viele Gesichter. Das Beschwerdebild ist geprägt durch eine Kombination verschiedenster Krankheitszeichen, die sich alle auf den Magen-Darm-Trakt beschränken, jedoch keine organische Ursache haben.

Blähungen, Schmerzen, Krämpfe, Durchfall, Verstopfung – wann und in welcher Intensität diese Symptome auftreten, ist kaum vorhersehbar. Die möglichen Auslöser bzw. Risikofaktoren sind vielfältig und sehr individuell.

Allerdings schildern sehr viele Menschen mit Reizdarmsyndrom, dass sich vor allem die Veränderung äußerer Bedingungen auf ihren Körper auswirken. So würden bereits anstehende Ausflüge, Reisen oder auch spontane Einladungen zum Essen zu unvorhersehbaren körperlichen Reaktionen führen.

Stressen Sie sich nicht

Allein die Vorstellung, seine vertraute Umgebung, die Ernährungsgewohnheiten und somit das "geschützte" Umfeld verlassen zu müssen, löst bei einigen Reizdarm-Betroffenen Stress aus. Und schon beginnt der Bauch zu grummeln und zu zwicken. Am liebsten möchte man sich krankmelden und die geplanten Veranstaltungen absagen.

Ihnen geht es manchmal auch so? Sie verzichten lieber auf schöne Fahrten und gemeinsame Unternehmungen, weil Sie Angst haben, dass Ihnen Ihr Reizdarm dazwischenfunken könnte? Das sollten und müssen Sie nicht! In vielen Situationen lässt sich nämlich bereits durch eine gute Planung einiges an Stress vermeiden. Und ein entspannter Start in den Urlaub ist die beste Voraussetzung für einen reibungslosen weiteren Aufenthalt.

Eine gute Vorbereitung hilft

Egal, ob es der verlängerte Wochenendtrip an die Ostsee ist oder der zweiwöchige Jahresurlaub auf die Kanaren – beides bedeutet für Menschen mit Reizdarmsyndrom zunächst einmal Veränderung. Und allein diese Vorstellung kann dem einen oder anderen bereits die Vorfreude trüben.

Was für andere Personen ohne diese Erkrankung einfach zum Urlaub dazu gehört, stellt für Reizdarm-Betroffene ein nicht kalkulierbares Risiko dar. Die Aufregung vor und während der Reise, die fremde Umgebung vor Ort und das ungewohnte Essen sind für diese Menschen Stressfaktoren und damit mögliche Auslöser für ihre Darmbeschwerden.

Was also tun? Ein paar Tipps zur Vorbereitung und zum Aufenthalt:

  • Sie sollten, insbesondere im Falle einer längeren Anreisezeit mit dem Flugzeug, am Tag zuvor und am Reisetag selber vorzugsweise wenig essen. Machen Sie keine Experimente, sondern legen Sie ggf. sogar einen Fastentag ein. Denken Sie aber daran, ausreichend zu trinken (stilles Wasser).
  • Nehmen Sie, wenn möglich, einen kleinen Reiseproviant mit. Darin packen Sie die Ihnen gewohnten und verträglichen Lebensmittel zur Grundversorgung für einen Tag ein. Sie haben dadurch die Möglichkeit, am Zielort ganz in Ruhe nach für Sie geeigneten Lebensmitteln zu schauen, ohne hungrig auf Unbekanntes zurückgreifen zu müssen.
  • Überlegen Sie sich im Vorfeld, ob ein Appartement mit Kochmöglichkeit vielleicht einem Hotelzimmer vorzuziehen wäre. Sie müssten sich dann nicht mehr täglich damit beschäftigen, ob das Essen im Restaurant irgendwelche versteckten Zutaten enthält, die Ihnen Beschwerden verursachen könnten. Und die Gelegenheit, spontan Essen zu gehen, haben Sie dadurch ja immer noch.
  • Stellen Sie nicht zu hohe Erwartungen an die Reise. Planen Sie nicht zu viel, sondern lassen Sie die Sachen einfach auf sich zukommen. Dann sind Sie bei einem "schlechten Bauchtag" auch nicht so enttäuscht, wenn Sie mal auf dem Hotelzimmer bleiben müssen und ein gutes Buch lesen.
  • Ganz wichtig: Vergessen Sie Ihre Reiseapotheke nicht! Als Reizdarm-Betroffener bedeutet das natürlich auch, dass Sie zuzüglich der empfohlenen Reise-Arzneimittel Ihre ganz individuellen Darmmedikamente dabeihaben sollten – nur für den Fall der Fälle.

Selbsthilfegruppen: das Richtige für mich?

Kann eine Selbsthilfegruppe beim Reizdarmsyndrom helfen?

Menschen, die unter dem Reizdarmsyndrom (RDS) leiden, haben oft einen beeindruckenden Ärzte- und Untersuchungsmarathon hinter sich. Das mit Bauchschmerzen, Blähungen und verändertem Stuhlverhalten einhergehende Krankheitsbild ist nämlich eine Ausschlussdiagnose.

Das bedeutet, dass der Darm trotz fehlender organischer Ursachen dennoch in seiner Funktion eingeschränkt ist und zu einem hohen Leidensdruck bei den Betroffenen führt.

Steht dann endlich die Diagnose, beginnt die Suche bei den meisten allerdings von vorn. Diesmal ist es die Suche nach der optimalen Behandlung. Für viele an Reizdarm leidende Personen ist es eine Odyssee durch die Welt der Schulmedizin, der Naturheilkunde, der Psycho- und Ernährungstherapie.

Grund dafür ist, dass die Ursachen des Reizdarmsyndroms bis heute Gegenstand der Forschung sind und die möglichen Auslöser bzw. Risikofaktoren stark von Mensch zu Mensch variieren. Es ist also nicht verwunderlich, dass es nicht DIE eine Lösung für diese komplexe Krankheit gibt.

Utopie und Realität

Die Behandlung und Betreuung von Personen mit Reizdarmsyndrom erfordert neben dem Fachwissen auch Zeit, Erfahrung und Einfühlungsvermögen – Kriterien, die im heutigen Gesundheitssystem nicht immer gegeben sind.

Umso wichtiger ist es für Sie zu wissen, wo und wie Sie an entsprechend qualifiziertes Fachpersonal und Fachinformation herankommen. Um ein ideales Therapiekonzept für das sehr individuelle Reizdarmsyndrom zu entwickeln, müssten sich Allgemeinmediziner, Fachärzte für Innere Medizin, Sport- und Ernährungstherapeuten und ggf. auch Psychotherapeuten miteinander vernetzen und sich austauschen.

Leider entspricht diese Vorstellung jedoch oft nicht der Realität. Sie müssen sich als Betroffener meist selbst helfen und um Informationen bemühen. Genau aus diesem Grund suchen sich viele RDS-Erkrankte Unterstützung bei Selbsthilfegruppen.

Reden Sie, tauschen Sie sich aus

Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen mit Reizdarmsyndrom alles versuchen, um ihre Beschwerden zu lindern bzw. besser in den Griff zu bekommen. Sie scheuen weder Kosten noch Mühen in der Hoffnung, irgendwann die für sie optimale Behandlung zu finden.

Sie erkennen sich bei diesen Worten wieder? Denken Sie daran, dass Sie nicht alleine dastehen mit dieser Erkrankung. Allein in Deutschland reden wir von etwa 15 Millionen Betroffenen, von der Dunkelziffer mal ganz abgesehen. Nutzen Sie also die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und von den gegenseitigen Erfahrungen zu profitieren.

Was erwartet mich in so einer Selbsthilfegruppe?

Ob Sie nun über ein Forum für Reizdarm, über eine Vereinsmitgliedschaft oder den Besuch einer offenen Selbsthilfeorganisation in Ihrer Stadt Kontakt aufnehmen – wichtig ist, dass Sie sich mit Ihrer Erkrankung nicht zurückziehen, sondern lernen, sie zu akzeptieren und mit ihr umzugehen..

Selbsthilfegruppen sind sicher nicht für alle Menschen die geeignetste Plattform. Aber wenn man es noch nie ausprobiert hat, weiß man es auch nicht zu beurteilen. Überlegen Sie sich beispielsweise, was Sie sich von einer solchen Gruppe erhoffen würden.

Sind es die neuesten Medikamentenempfehlungen, die persönlichen Meinungen zu Fachärzten und Therapeuten, der innovative Ernährungstipp oder vielleicht einfach der Wunsch, mit der Erkrankung auf Verständnis zu stoßen und sich nicht mehr verstecken zu müssen?

Was sagen andere, hilft der Austausch oder eher nicht?

Die meisten Menschen mit Reizdarmsyndrom schildern, dass sie sich durch den regelmäßigen Kontakt mit anderen Betroffenen sicherer und selbstbewusster im Umgang mit ihrer Erkrankung fühlen.

Sowohl der Austausch an fachspezifischen Informationen, an negativen und positiven Erfahrungen zum Thema Reizdarm, als auch die neuen Freundschaften – bei vielen führt diese besondere Art der Kommunikation dazu, dass sie ein großes Stück Selbstkontrolle und Lebensqualität zurückgewinnen. Also, trauen Sie sich!

Ein paar Worte zum Schluss

Das Reizdarmsyndrom ist eine Erkrankung, die nicht nur körperlich, sondern euch psychisch sehr belastend sein kann. Viele Betroffene führen durch diese Diagnose leider ein sehr eingeschränktes und zurückgezogenes Dasein. Sie fühlen sich unverstanden und in Gesellschaft anderer oft auch unwohl.

Lassen Sie sich die Freude am Leben nicht nehmen, indem Sie die Krankheit Ihren Alltag bestimmen lassen. Akzeptieren Sie sie und lernen Sie, mit ihr umzugehen. Tauschen Sie sich mit Gleichgesinnten aus und unternehmen Sie was.

Denken Sie daran: Es ist eine chronische, aber erfreulicherweise keine gefährliche Erkrankung. Es ist eine Funktionsstörung des Darms, die man aktuell zwar noch nicht ursächlich behandeln kann, die sich aber in vielen Fällen durch bestimmte Maßnahmen und Verhaltensänderungen "zähmen" lässt.

Quellen:

  • Reizdarmsyndrom - Leitlinienprogramm Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF), verfügbar unter: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-016l_S3_Reizdarmsyndrom_2011-abgelaufen.pdf

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Schmerzen
Meine Frau hat immer Schmerzen, wenn sie ein wenig isst. Sie ist körperlich gesund, hat aber Alzheimer.
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Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Sonia Trowe, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie

Dr. med. Sonia Trowe
Fachärztin für Dermatologie und Venerologie

    Studium:
  • Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
    Berufliche Stationen:
  • BG Klinikum Hamburg, iDerm, Dermatologische Gemeinschaftspraxis in Hamburg

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Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
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  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
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  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
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