Welche Bewegungsstörungen können unter Neuroleptika auftreten?
Zuletzt aktualisiert am 19. Februar 2019 um 10:35 Uhr 10. Oktober 2011 um 11:39 Uhr
Bewegungsstörungen (Dyskinesien) können vor allem bei der Behandlung mit hochpotenten, älteren Neuroleptika vorkommen. Bei neueren Vertretern der Neuroleptika treten sie seltener auf, sind aber auch hier immer noch möglich.
Unter einer Behandlung mit Antipsychotika sind verschiedene Bewegungsstörungen möglich:
- Frühdyskinesien
- Spätdyskinesien
- Parkinsonoid
- Akathisie
- malignes neuroleptisches Syndrom
Unwillkürliche Bewegungen im Gesichtsbereich
Frühdyskinesien treten bereits in der ersten Behandlungswoche auf. Dazu gehören z.B. krampfartige Zungenbewegungen, Blickkrämpfe und Zuckungen der mimischen Muskulatur.
Die Gefahr solcher akuter Bewegungsstörungen besteht vor allem bei den konventionellen Antipsychotika und raschen Dosiserhöhungen. Frühdyskinesien lassen sich medikamentös behandeln und damit oft gut in den Griff bekommen. Sie verursachen keine Langzeitschäden.
Spätdyskinesien oft erst nach Jahren
Im Gegensatz dazu sind Spätdyskinesien hartnäckiger und schwerwiegender. Wie der Name schon sagt zeigen sie sich erst im späteren Verlauf der Behandlung (drei Monate bis mehrere Jahre) und können sogar auch dann noch auftreten, wenn die Antipsychotika bereits abgesetzt sind. Auch hier bergen die herkömmlichen Substanzen ein deutlich höheres Risiko als die modernen atypischen Präparate. Frauen und ältere Menschen sind zusätzlich gefährdet.
Zu den späten Bewegungsstörungen zählen abnorme, unwillkürliche, oft stereotype Bewegungen von Zunge, Mund und Gesichtsmuskulatur. Aber auch Arme und Beine können betroffen sein und immer wieder unkontrolliert ausschlagen. Diese Symptome können dauerhaft bestehen bleiben. Daher ist es sehr wichtig, sie frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Bei den ersten Anzeichen ist die Dosis rasch zu reduzieren. Ggf. muss die Therapie auf ein anderes, besser verträgliches Medikament umgestellt werden.
Zu wenig oder zuviel Bewegung
Das Parkinsonoid leitet sich von der Parkinsonerkrankung ab, da es ähnliche Symptome umfasst. Dazu gehören Bewegungsarmut und eine eingeschränkte Feinmotorik, eine Ausdruckslosigkeit im Gesicht und ein kleinschrittiges Gangbild. Diese Beschwerden können sich in den ersten Wochen der Behandlung entwickeln. Auch hier sollte die Dosis des Medikaments gesenkt oder die Therapie umgestellt werden. Bei Bedarf können auch Medikamente lindernd wirken.
Unter einer Akathisie versteht man eine Sitz- und Stehunruhe, die sehr unangenehm und quälend sein kann. Hinzu kommen Konzentrationsstörungen, Angst und vermehrte Reizbarkeit. Die Akathisie kann bereits nach kurzer Zeit auftreten und kommt auch unter den atypischen Antipsychotika oder auch unter manchen Antidepressiva vor, ist aber wiederum abhängig von der Höhe der Dosis. Daher sollte die Therapie auch hier reduziert oder umgestellt werden.
Malignes neuroleptisches Syndrom – ein Notfall
Das maligne neuroleptische Syndrom schließlich ist eine gefährliche, potentiell lebensbedrohliche Nebenwirkung von Antipsychotika, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,02-0,5% zum Glück nur sehr selten auftritt. Hier sind vor allem junge Männer gefährdet. Eine begleitende Therapie mit Lithium erhöht die Gefahr zusätzlich.
Das maligne neuroleptische Syndrom äußert sich in einer Steifigkeit der Muskulatur sowie einer Störung des Bewusstseins und des autonomen Nervensystems. Es kommt zu Herzrasen und einer verstärkten Atmung, Fieber und starkem Schwitzen. Die Symptome entwickeln sich rasch und müssen schnellstmöglich behandelt werden. Das Antipsychotikum wird sofort abgesetzt.
Frühzeitig erkennen und gegensteuern
Das klingt alles sehr beunruhigend und abschreckend. Tatsächlich sind Bewegungsstörungen für die Betroffenen oft äußerst unangenehm. Sie stören nicht nur sie selbst, sondern können auch in der Öffentlichkeit auffallen und als peinlich empfunden werden.
Aber: Auch wenn Bewegungsstörungen vor allem unter den herkömmlichen Antipsychotika nicht selten sind, treffen Sie dennoch insgesamt nur einen kleinen Teil der Betroffenen. Wenn Sie dazu gehören, sollten Sie sich möglichst nicht lange damit herumschlagen müssen. Vor allem wenn Sie über einen längeren Zeitraum Antipsychotika einnehmen müssen, sollten Sie die Behandlung soweit vertragen, dass Sie sich darauf einlassen können. Dafür ist es jedoch wichtig, dass Sie eng mit Ihrem Arzt kooperieren und ihm rückmelden, wie Sie ein Medikament vertragen. Nur so kann er entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten bzw. die Behandlung umstellen.
Hier finden Sie einen umfassenden Überblick zum Thema:
Haben Neuroleptika Nebenwirkungen?
Autorin: Eva Bauer (Ärztin)
Als ich das Medikament abgesetzt habe unter ärztlicher Kontrolle, hatte ich monatelang einen Tremor, wo mir gesagt wurde, dass es sein kann, dass er nicht mehr weg geht. Nun ist aber Zeit vergangen und ich bin ihn los. Ohne das Medikament bin ich lockerer am ganzen Körper und ich bin agiler. Auch meine Monatsblutung ist wieder da. Die hatte ich nämlich auch nicht mehr.
Viele Grüße
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