Ausdauer-Sportarten könnten Gedächtnisleistung bei MS deutlich steigern
Zuletzt aktualisiert am Donnerstag, den 21. November 2019 um 16:39 Uhr Dienstag, den 30. Juli 2013 um 16:25 Uhr
Bewegung ist generell sinnvoll und gesund. Doch könnten MS-Betroffene von bestimmten Sportarten in ganz besonderem Maße profitieren. Bei einem kleinen, zunächst unscheinbaren Studienversuch in den USA zeigte sich, dass nach einem sogenanntem aeroben Trainingsprogramm erstaunlicherweise auch die Gedächtnisfunktion messbar anstieg. Bei einem zeitlich vergleichbaren „anaeroben“ Sportprogramm blieb die Merkfähigkeit hingegen unverändert.
Bei der Mini-Studie mit (leider nur) zwei MS-Erkrankten durchlief die erste Person über 3 Monate dreimal wöchentlich ein 30-minütiges Ausdauertraining mit einem Fahrrad-Heimtrainer. Der andere Teilnehmer bekam über denselben Zeitraum ein intensives Gymnastik-Programm.
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Auch das MRT zeigte Unterschiede
In den vorher und anschließend durchgeführten Gedächtnistests zeigte sich bei dem Probanden mit der Ausdauersportart eine auch Wochen nach dem Training feststellbare 54%-ige Steigerung. In den ebenfalls erstellten Magnetresonanztomographie-Aufnahmen wurde außerdem eine fast 17%-ige Vergrößerung des für die Gedächtnisleistung mitverantwortlichen Hippokampus beobachtet. Der Absolvent des anaeroben Gymnastikprogramms zeigte nur eine minimale Vergrößerung des Hippokampus und keinerlei Gedächtnisverbesserung.
Hintergrundinfo zu "aerob" und "anaerob":
Im Sport unterscheidet man zwischen aeroben Bewegungsarten, bei denen der Körper seine Leistung durch eine ausreichende Aufnahme von Sauerstoff bewerkstelligt – hierzu zählen Ausdauersportarten wie Langlauf, Schwimmen über längere Strecken etc. Daneben gibt es sogenannte anaerobe Sportformen, die eher schnelle und kurze Bewegungsfolgen beinhalten (z.B. Sprint, Gymnastik, Tennis, Fußball etc.). Bei diesen „stop-and-go“-Sportarten haben die Muskeln nicht genug Sauerstoff zur Verfügung und müssen kurzfristig andere Energiereserven mobilisieren. Für Kreislauf und Gesundheit ist generell die aerobe Bewegungsart vorzuziehen – also zunächst langsam, regelmäßig und kontinuierlich steigernd.
Dass hierbei (wahrscheinlich nicht nur) bei MS-Erkrankten offenbar auch die Gedächtnisfunktion profitiert, scheint ein sehr positiver Nebeneffekt zu sein.
Zugrundeliegende Studie:
Aerobic exercise increases hippocampal volume and improves memory in multiple sclerosis: Preliminary findings. Neurocase: The Neural Basis of Cognition. October 4, 2013
Autorin: Dr. med. Monika Steiner
Kommentar: Aerobe Sportarten bringen auch die Merkfähigkeit gründlich auf Trab
Zugegeben, mit nur zwei (!!) teilnehmenden MS-Erkrankten kann man selbstverständlich nicht von gesicherten Studienresultaten sprechen. Fast könnte man von einer Zufallsentdeckung oder sogar generell von einem Zufall ausgehen. Aber: Die Unterschiede zwischen beiden Personen sind nicht nur auffallend groß, die Ergebnisse erscheinen auch durchaus stimmig.
Sportexperten wissen genau um den enormen Unterschied: ob man sich nur „irgendwie“, schnell, hektisch und anfänglich oft sogar allzu verausgabend bewegt… Oder, ob man sein Sportprogramm professionell, nämlich mäßig, aber regelmäßig durchzieht. Kreislaufgesundheit, Wohlbefinden und Gewichtsreduktion sind hier meist die angestrebten Ziele. Da jedoch auch trainierte Gesunde von einer verbesserten Konzentration nach dem Ausdauersport berichten, scheint es gar nicht so abwegig, dass gerade auch MS-Betroffene überdurchschnittlich profitieren: nämlich inklusive spür- und messbarer Verbesserung ihrer Merkfähigkeit.
Wer Multiple Sklerose hat und es genau wissen will, kann es – mit guter Anleitung und natürlich im Rahmen seiner individuellen Mobilität und Leistungsfähigkeit – ja einfach mal probieren. Möglicherweise überzeugt ja der Selbstversuch mehr als jede Studientheorie.
Dr. med. Monika Steiner