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Im folgenden Beitrag beantworten wir Fragen zum den verschiedenen Varianten und zum Ablauf einer Psychotherapie, aber auch zu ganz praktischen Belangen wie zur Therapeutensuche und zum Therapeutenwechsel.

Definition und Ablauf

Was ist Psychotherapie?

Psychotherapie bedeutet, sich selbst – mit professioneller Hilfe eines Therapeuten – zu erforschen, um seelisches Leid oder eine psychische Erkrankung loszuwerden oder zumindest zu mildern. Es geht vor allem darum zu verstehen, woher das Problem kommt, unter dem man leidet. Denn allein das Verstehen ist schon Veränderung. Hinzu kommt bei der Psychotherapie, zu schauen, was helfen kann.

Der Mensch ist grundsätzlich in der Lage, mit seelischem Leid zurechtzukommen. Bei bestimmten seelischen Erkrankungen ist aber professionelle Hilfe nötig. Ohne Hilfe wird es möglicherweise schlimmer – oder chronisch. Sie werden merken, ob Ihr seelisches Leid zunimmt, ob es schon länger zu spüren ist.

Der Anspruch der Psychotherapie besteht darin, Ihren Heilungsprozess in Gang zu setzen, Sie darin zu fördern und so zu unterstützen, dass das seelische Leid weniger wird und irgendwann ganz verschwindet. Eine Therapie ist dabei ein Prozess – es geht also nicht von heute auf morgen. Ein guter Psychotherapeut hat die geeigneten Einstellungen, Verfahren oder Methoden gelernt, um diesen Prozess voranzubringen.

Heilungsversuch ohne Medikamente

Unter Psychotherapie versteht man also eine Behandlung mit psychologischen Mitteln. Das hört sich etwas banal an, ist aber tatsächlich ein völlig anderer therapeutischer Ansatz als Medikamente zu geben oder auf andere Weise "körperlich" zu agieren.

Man versucht mit der Psychotherapie, den Geist oder das Gemüt über Gespräche und Übungen anzusprechen und zu beeinflussen statt von innen über Medikamente. Denn auch wenn zum Beispiel die Symptome der Depression mit Serotonin und anderen Botenstoffen im Gehirn in Zusammenhang stehen, so lassen sich diese "Glückshormone" natürlich auch von außen, also ohne Medikamente beeinflussen. Das zeigt ja schon das tägliche Leben, in dem jeder von uns Stimmungsschwankungen erlebt, ohne dafür Medikamente einzunehmen.

Das heißt aber nicht, dass Antidepressiva oder andere Medikamente immer verkehrt sind. Auch sie beeinflussen ja den Botenstoff-Verkehr in Gehirn, und meist schneller als die Psychotherapie. Aber sie können natürlich nicht die Ursachen der Depression oder einer anderen psychischen Störung beseitigen. Sie können nicht heilen, im eigentlichen Sinn. Das kann potentiell tatsächlich am ehesten die Psychotherapie.

Unterschiede in der Gesprächstherapie

Was ist der Unterschied zu Gesprächen mit Freunden oder Verwandten?

Die Gespräche im Rahmen der Psychotherapie unterscheiden sich deutlich von Alltagsgesprächen oder gut gemeinten Gesprächen, wie sie Eltern mit ihren Kindern führen oder ein Freund mit dem anderen Freund, um in akuter seelischer Not zu helfen. Handelt es sich nämlich um ein andauerndes oder tiefergehendes psychisches Leid, hat Ihr Therapeut professionelle Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen, um die Gründe oder Ursachen im Gespräch gezielt und mit Ihnen zusammen zu erforschen. Dabei spielen eben auch nicht-sprachliche Ereignisse in der gemeinsamen Kommunikation eine Rolle, auf die Ihr Therapeut achtet. Zum Beispiel Gestik, Mimik oder Körperhaltung oder psychosomatische Beschwerden und Körperreaktionen.

Wie die Beziehung selbst zwischen Ihnen beiden ist, sollte ebenfalls in der einen oder anderen Sitzung Gegenstand der Gespräche sein, um Verhaltensweisen oder Reaktionsweisen genauer zu verstehen und dadurch verändern zu können.

Was bedeutet Psychoedukation?

Psychoedukation bedeutet, Informationen und Aufklärung über Krankheiten für kranke Menschen und deren Angehörige bereitzustellen, um das Verständnis sowie die Eigenverantwortlichkeit im Umgang mit der Krankheit zu fördern.

Die Psychoedukation unterstützt dabei maßgeblich die Krankheitsbewältigung. Psychoedukation kann in Einzelgesprächen, aber vor allem auch besonders gewinnbringend in Gruppensitzungen stattfinden.

Neben der Vermittlung von Informationen zur Erkrankung, deren Entstehung und Behandlung, sind das gemeinsame Gespräch und der Austausch von Erfahrungen wichtig. Auch die emotionale Entlastung ist besonders in Gruppen ein wesentlicher Aspekt dieser Behandlungsform.

Was passiert in einer Psychotherapie?

In einer Psychotherapie ereignet sich eine Art besonderer hilfreicher oder heilsamer Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Therapeuten. Anders gesagt, im besten Fall hat diese Kommunikation, die oft in Form von Gesprächen stattfindet, eine heilende Wirkung auf Sie. Zumindest aber, wenn eine Heilung nicht oder nicht vollständig stattfinden kann, wird Ihr seelisches Leid gelindert. Ihnen wird es in der Regel mit der Zeit besser gehen. Doch das ist ein Prozess und dauert seine Zeit.

Die Gespräche oder die therapeutische Arbeit finden in einem geschützten und vertraulichen Rahmen statt. In diesem gesamten Rahmen werden Sie Ihr Leid mit Hilfe des Therapeuten verstehen lernen. Sie finden heraus, wozu es da ist und können es verändern. Diese positive Beziehungserfahrung entfaltet heilsame Wirkung. Das ist sozusagen die ideale Vorstellung.

Nicht immer steht die Kindheit im Mittelpunkt

Es gibt nun verschiedene Therapieverfahren – und nicht selten kommen Elemente aus dem einen oder anderen Verfahren in der Therapie mit vor. Je nach Verfahren stehen also entweder mehr die Vergangenheit im Mittelpunkt und damit oft auch Ihr Kindheitserleben.

Oder aber, Ihr Therapeut folgt der Annahme, dass Verhalten in der Regel erlernt ist und auch wieder neu oder anders gelernt werden kann. Sie betrachten genauer mit Ihrem Therapeuten, wie Sie ein Verhalten gelernt haben oder was Ihr Verhalten auslöst und warum Ihnen, salopp gesagt, immer die gleichen leidvollen Dinge widerfahren. Dabei muss eben nicht genau ergründet werden, wo Ihr Leiden seinen Ursprung hat. Es geht um die Analyse Ihres Verhaltens und um ein Umlernen oder Neulernen dieses Verhaltens.

Kann der Psychotherapeut auch direkt heilen? 

In gewisser Weise schon. Mitunter liegt der Schwerpunkt der Psychotherapie auf der therapeutischen Beziehung selbst. Das heißt, die Beziehung steht im Mittelpunkt. Sie erleben durch den Therapeuten Wärme, Mitgefühl und Verständnis. Das sollte zwar in jeder Therapien spürbar sein – hier ist es jedoch das Kernelement.

Das heißt, der Therapeut folgt Ihnen und Ihrem Erleben. Für ihn gilt, Sie kennen sich selbst am besten. Sie wissen, was gerade möglich ist und was nicht. Und Sie wissen auch, was Ihnen helfen könnte. Aber sie können es ohne professionelle Hilfe nicht sehen, es ist nicht im Bewusstsein. Der Therapeut hilft Ihnen also dabei, das selbst herauszufinden.

Es können wie gesagt auch verschiedene Elemente verschiedener Verfahren in einer Therapie zusammen kommen. Der Name des Verfahrens oder die strenge Einhaltung einer einzigen Verfahrenstechnik spielen weniger eine Rolle. Entscheidend ist, dass Therapeut und Klient in einen guten und hilfreichen Kontakt, in eine gute Beziehung zueinander kommen.

Für jeden die richtige Variante

Welche Arten von Psychotherapie gibt es?

Die Psychotherapie umfasst die verständnisvoll-geduldige Zuwendung, das stützende Gespräch und verschiedene spezifische Behandlungsverfahren. Die Wirksamkeit der Psychotherapie ist bei einer Vielzahl von Problembereichen und Störungen wissenschaftlich eindeutig nachgewiesen und als gesetzliche Krankenkassenleistung seit längerer Zeit etabliert.

Nicht immer auf der Couch

Zur Psychotherapie zählen unter anderem:

  • die Verhaltenstherapie:Erlernen von bestimmten Verhaltensweisen in bestimmten Situationen (z.B., wie man Ängste bekämpft)
  • die Gesprächstherapie:Gespräch mit dem Arzt, gemeinsames Umkreisen und Beleuchten des Problems, Psychotherapeut fragt viel, hakt nach und hört zu (bestes Beispiel: "Die Sopranos").
  • tiefenpsychologische Verfahren:am ehesten das, was man sich klassischerweise unter einer Psychotherapie vorstellt: Patient auf Couch, Psychotherapeut versucht, unbewusste Gedanken und Gefühle zu wecken und zu beleuchten, zum Beispiel aus früherer Kindheit.

Daneben haben sich in den letzten Jahren viele neue Therapieformen entwickelt, die teils von den etablierten Verfahren abgeleitet sind, sich aber auch davon unterscheiden und neue methodische Ansätze verfolgen. Zu den neueren Entwicklungen in der Psychotherapie gehören z.B.:

Welche Psychotherapie ist die richtige für mich?

Es kommt darauf an. Erstens auf die „psychische Störung“, die Sie vermutlich haben oder die Sie haben könnten. Zweitens kommt es auf die Person des Therapeuten an, ob er zu Ihnen passt. Die Frage nach der Art des Verfahrens hängt nämlich mehr von der Person ab, die sie anbietet, als von dem Verfahren selbst. Wichtig ist auch abzuklären, ob möglicherweise eine organische Ursache für Ihr seelisches Leid vorliegt. Weil es psychische Erkrankungen gibt, die durch organische Ursachen ausgelöst werden.

Nicht alles wird von den Kassen erstattet

Wenn es darum geht, für welchen Therapeuten und für welche Therapie Sie sich entscheiden sollen, dann sind folgende Dinge zu beachten. Erstens ist die Auswahl an Therapieverfahren bei gesetzlich Versicherten begrenzt. Es gibt genau drei Verfahren, die über die Krankenkassen in Deutschland abgerechnet werden können:

  • analytische Verfahren,
  • tiefenpsychologisch fundierte Verfahren
  • und Verhaltenstherapie.

Das vierte klassische Verfahren, die Gesprächspsychotherapie, wird zur Zeit nicht von den Krankenkassen bezahlt, trotz ebensolcher wissenschaftlicher Anerkennung.

Wenn nun humanistische Verfahren wie die Gesprächspsychotherapie Ihnen näher sind oder auch die Gestalttherapie oder systemische Therapie – und Sie auf gar keinen Fall selber zahlen können – sprechen Sie trotzdem Ihre Krankenkasse an. Nicht alle Kassen blocken einfach ab. Zum Beispiel, wenn Sie bei niedergelassenen Psychotherapeuten keinen Platz bekommen können, kann auch in Absprache mit den Krankenkassen eine Kulanzlösung möglich sein. Das heißt, Sie dürfen möglicherweise Ihre Auswahl erweitern.

Probesitzungen möglich und empfehlenswert

Wie gesagt, Psychotherapie ist stark personenabhängig, was ihre Wirksamkeit betrifft. Es kommt darauf an, wie gut sich die Beziehung zwischen Ihnen und der Therapeutin oder dem Therapeuten entwickelt. Deshalb haben Sie auch die Möglichkeit, sogenannte probatorische Sitzungen, also Probesitzungen nutzen zu können. Das heißt, erst ausprobieren und dann entscheiden, zu wem Sie gehen wollen. Möglich sind fünf bis acht Sitzungen, für die die Krankenkasse auf jeden Fall die Kosten übernimmt – ohne dass schon ein Antrag auf Kostenerstattung gestellt sein muss. Sie können also zu verschiedenen Therapeuten gehen, um erst einmal zu schauen, wer zu Ihnen passt.

Auch die Tatsache, dass es aufgrund von Versorgungslücken nicht einfach ist, einen Therapietermin zu bekommen, sollte Sie nicht davon abhalten, genau hinzugucken. Denn mit einem Therapeuten zu arbeiten, der nicht passt, bedeutet rausgeschmissenes Geld. Außerdem kann es auch zu einer Verschlimmerung Ihres Leidenszustandes beitragen. Oder Sie sind so enttäuscht, dass Sie gar keine Hilfe mehr in Anspruch nehmen wollen.

Genau hinschauen

Deshalb schauen Sie genau hin, hören Sie genau hin: Spüren Sie echtes Interesse an ihren Problemen? Hört der Therapeut wirklich gut zu? Lässt er Sie ausreden und fragt behutsam nach? Oder scheint er gleich schon Bescheid zu wissen (was kein gutes Zeichen wäre)? Ist bei Ihnen ein Gefühl von erstem Vertrauen da? Spüren Sie spontane gegenseitige Sympathie? Oder ist da eher eine komische Distanz zwischen Ihnen. Ist der Therapeut wertschätzend, warmherzig mit Ihnen?

Wenn Sie unsicher sind, sprechen Sie es möglicherweise direkt an. Wie der Therapeut darauf reagiert, kann wichtig für eine Entscheidung sein.

Übertragungszentrierte Psychotherapie (TFP)

Was ist eine TEP?

Die TFP (engl. Transference-focused Psychotherapy) ist eine recht junge Therapieform von Persönlichkeitsstörungen. Sie gehört zu den psychodynamischen Behandlungsverfahren und bezieht den Therapeuten eng in die Therapie ein.

Im Gegensatz zu verhaltenstherapeutischen Verfahren wie der DBT (dialektisch-behaviorale Therapie) bohrt die TFP tiefer nach. Bei ihr geht es weniger darum, das konkrete Verhalten zu verändern, sondern vielmehr zu ergründen, wieso ein Mensch überhaupt so oder so denkt und handelt.

Wir erläutern das am Beispiel der Borderline-Störung.

Gefangen in sich selbst

Dabei wird vermutet, dass hinter den oft verzerrten und festgefahrenen Meinungen und Einstellungen ein gestörtes Beziehungsverhalten steckt, das früh erlernt und verinnerlicht wurde. Die Betroffenen gleiten dadurch immer wieder in bestimmte Verhaltensweisen und Beziehungsmuster zurück, ohne dies bewusst zu merken. So tragen sie die ungelösten psychischen Konflikte aus der Vergangenheit beständig mit sich herum.

Dass Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung derart darin gefangen sind, erklärt, weshalb sich viele nicht wohl in ihrer Haut fühlen und durchaus etwas an ihrer Situation verändern wollen, dies aber nicht gelingt. Indem sie wiederkehrend in alte, wenig hilfreiche Muster verfallen, schaffen sie es auch beim besten Willen nicht, an ihrer Situation und den Beziehungen, die sie führen, grundlegend etwas zu ändern. Hinzu kommt, dass viele in sehr rigiden Denkmustern gefangen sind, die oft nur „schwarz" oder "weiß" zulassen. 

Und genau hier setzt die Behandlung an.

Ablauf und Ziele der Therapie

Wie läuft eine übertragungszentrierte Psychotherapie ab?

Wie bei anderen psychotherapeutischen Verfahren auch wird der Betroffene dabei stark gefordert. Ohne eine engagierte Mitarbeit und Ausdauer kann die Behandlung nicht gelingen.

Die übertragungzentrierte Psychotherapie ist manualisiert und hat einen festgelegten Ablauf. Wie auch bei der DBT wird zu Beginn ein Therapievertrag aufgesetzt, in dem von vorne herein bestimmte Bedingungen festgelegt werden, die für eine erfolgreiche Behandlung unabdingbar sind. So muss sich der Therapeut beispielsweise darauf verlassen können, dass der Betroffene die gemeinsame Arbeit nicht mutwillig blockiert. Oberstes Gebot ist stets, dass er sich nichts antut.

Nach der Aufklärung über das Störungsbild und der genauen Erhebung der einzelnen Probleme werden klare Ziele der Behandlung formuliert. Anhand der Beziehung zum Therapeuten sollen bestimmte Beziehungsmuster aufgezeigt und bewusst gemacht werden. Je nach Situation verfällt ein Borderliner immer wieder in die gleichen Rollen, die rasch auch wieder umschlagen können. Abrupte Rollenwechsel sind für die Persönlichkeitsstörung sehr typisch. Wie in einem Theaterstück werden die einzelnen Rollen nun aufgezeigt und Schritt für Schritt auseinandergenommen.

Welche Ziele hat die übertragungszentrierte Psychotherapie?

Dass alte Gefühle und Erwartungen, die im Kontakt mit frühen Bezugspersonen erlernt wurden, in späteren Beziehungen wieder aufbrechen, wird auch als "Übertragung" bezeichnet. Solche Übertragungsszenarien zu schaffen und dem Betroffenen sein Rollenverhalten dadurch vor Augen zu führen, ist Aufgabe des Therapeuten.

In den einzelnen Sitzungen spiegelt er seinem Gegenüber dessen Verhalten wider. Es ist wie ein Rollenspiel, in dem immer wieder andere Paare auftreten. Mal steht das widerspenstige Kind seinen bestrafenden Eltern gegenüber, mal das missbrauchte Opfer seinem Peiniger, und wieder ein anderes Mal sehen sich die Eltern angesichts des wütendes Kindes überfordert und hilflos.

Diese Konflikte werden in der Therapie quasi nachgestellt, um sie letztlich zu überwinden. Der Behandler schlüpft in die Rolle früherer Bezugspersonen, wodurch alte Beziehungsmuster aufgebrochen und auf oft schmerzliche Art deutlich werden können.

So lernt der Betroffene in der Beziehung zum Therapeuten, in seinen Reaktionen auf das eigene Verhalten sich selbst in den verschiedenen Facetten immer besser kennen.

Kein Zuckerschlecken: Was macht die TFP so schwierig?

Wer sich auf eine TFP einlässt, muss nicht nur ein hohes Maß an Motivation mitbringen und bestimmte Regeln einhalten, sondern sich auch auf unangenehme Erfahrungen gefasst machen. Die Aufgabe des TFP-Therapeuten ist es explizit nicht, den ihm Anvertrauten zu "bemuttern", zu ermutigen und ihm gut zuzureden. Im Gegenteil: Bewusste Konfrontation ist Teil der Therapie, um Beziehungsstörungen aufzuzeigen.

So wird der Therapeut auch hin und wieder wenig nette und sympathische Rollen einnehmen, um seinem Gegenüber damit entgegenzutreten. Auch Konfrontationen lassen sich nicht vermeiden, sind im Rahmen der Behandlung aber durchaus gewünscht. Denn genau solche Situationen geben ja immer wieder Anlass für Beziehungsprobleme, an denen nicht wenige Freundschaften und Partnerschaften zerbrechen. Für die Betroffenen ist das verständlicherweise nicht einfach. Sie müssen sich dem stellen, mit dem sie ohnehin ständig konfrontiert sind.

Die TFP ist sicherlich nicht für jeden geeignet. Man muss sich darauf einlassen und auch kritische Konfrontationen aushalten. Wenn Sie dennoch meinen, die Therapie könnte etwas für Sie sein, sprechen Sie Ihren Therapeuten doch einmal darauf an.

Schematherapie

Was versteht man unter Schematherapie? 

Die Schematherapie ist ein spannendes und facettenreiches Therapieverfahren, das unter anderem zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung sehr gut geeignet ist. Neben der klassischen kognitiven Verhaltenstherapie umfasst sie auch Techniken, die Emotionen und das innere Erleben aktivieren.

Entwickelt wurde das Verfahren von Jeffrey E. Young, einem zeitgenössischen US-amerikanischen Psychotherapeuten. Es wird auch der sogenannten "dritten Welle" von Behandlungsmethoden zugeordnet, die ab den 1990er Jahren die Verhaltenstherapie um Ansätze wie Achtsamkeit, Fertigkeitentraining und Emotionsregulation erweitert haben.

Grundbedürfnisse wollen gestillt werden

Jeder Mensch erlernt in seiner Kindheit bestimmte Denk- und Verhaltensweisen. Je nach dem, welche Erfahrungen ein Kind mit seinen Bezugspersonen und seiner Umwelt macht, denkt, fühlt und handelt es so, dass es möglichst gut und reibungslos durchs Leben kommt.

Diese erlernten Verhaltensmuster dienen dazu, die eigenen Grundbedürfnisse zu befriedigen und andere Menschen für sich zu gewinnen. Was ziemlich egoistisch klingt, ist im Grunde ein ganz normaler Mechanismus, der nicht nur lebensnotwendig ist, sondern auch unser soziales Miteinander prägt.

Normalerweise bekommen wir als Kinder viel Wärme und emotionale Zuwendung zu spüren, die sich uns einprägt und auch unser späteres Verhalten bestimmt. Wenn die Grundbedürfnisse wie Sicherheit, Autonomie und Selbstachtung in den ersten Lebensjahren jedoch nicht befriedigt werden, werden Bewältigungsstrategien gesucht, um diese Defizite auszugleichen. Wird ein Kind beispielsweise vernachlässigt oder auch mit zu hohen Ansprüchen konfrontiert, denen es sich nicht gewachsen fühlt, dann brennen sich diese Eindrücke quasi im Kopf ein und führen zu langfristigen Gegenreaktionen, um emotional "unversehrt" zu bleiben.

Wichtige Begriffe und Ablauf der Therapie

Was bedeuten die Begriffe Schema und Modus und warum sind sie ein wichtiger Bestandteil?

Was ein Kind in solchen belastenden Momenten erlebt, wird auch als Schema bezeichnet. Das kann ein Gefühl von Verlassenwerden und Instabilität sein, der Eindruck von Unzulänglichkeit und Scham oder auch starkes Misstrauen.

Solche Schemata wiederum können in bestimmten Situationen bzw. im Umgang mit bestimmten Personen aktiviert werden und das Denken, Fühlen und Handeln dann völlig bestimmen. Fühlt sich jemand etwa zurückgesetzt, wie er es früher oft erlebt hat, dann verfällt er in typische Verhaltens- und Denkmuster, die auch sonst immer leidlich gut funktioniert haben. Diese Muster werden auch Modi genannt.

Bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung sind folgende fünf Modi charakteristisch:

  • distanzierter Selbstschutz-Modus
  • Modus des verlassenen oder missbrauchten Kindes
  • Modus des wütenden oder impulsiven Kindes
  • bestrafender oder überkritischer Modus
  • Modus des gesunden Erwachsenen

Von Modus zu Modus – und wer bin ich?

Das Modus-Modell erklärt recht gut, wie es zu den oft unvermittelten Stimmungsumbrüchen bei "Borderlinern" kommt, die den Gesprächspartner aus heiterem Himmel treffen können. Wurde nämlich durch irgendeine Situation oder Interaktion ein bestimmtes Schema aufgerufen, verfällt der Betroffene automatisch in den entsprechenden Modus. Das muss übrigens nicht immer derselbe sein. Oft verfällt ein Mensch mit Borderline je nach Anlass in bestimmte Reaktionsmuster.

Vielleicht fragen Sie sich, was ein "gesunder" Modus bei Borderline sein soll. Ja, natürlich, auch bei Ihnen gibt es eine gute, "gesunde" Seite, die Ihnen eigentlich entspricht und die Sie fördern und bestärken sollten. Nur leider gerät sie allzu oft ins Hintertreffen und geht im Reigen der dysfunktionalen, wenig hilfreichen Modi meist unter. Bei der Behandlung soll der gesunde Erwachsenenmodus immer mehr entfaltet werden und das Denken, Fühlen und Handeln irgendwann maßgeblich steuern.

Einen Teil davon bringen Sie aber bereits von Anfang an mit in die Therapie. Denn ohne diesen Modus hätten Sie sich überhaupt nicht zur Behandlung entschlossen und würden mit Sicherheit auch nicht bei der Stange bleiben, wenn es mal unangenehm wird. Dennoch wird es so sein, dass es gerade zu Beginn der Therapie vor allem Ihr Therapeut ist, der in die gesunde Rolle schlüpft, um Sie selbst mit Ihren anderen Modi zu konfrontieren.

Wie läuft eine Schematherapie ab?

Bei der Schematherapie geht es nun zunächst darum, die einzelnen Schemata und Modi zu bestimmen und einzeln herauszuarbeiten. Es ist gar nicht so leicht, sich einzugestehen, dass man gerade in einen wütenden Kindermodus verfällt und sich entsprechend starrsinnig verhält; oder dass man momentan nichts an sich herankommen lassen möchte und versucht, einen Schutzwall um sich herum zu errichten.

Sind die schädlichen Muster erst einmal identifiziert, sollen sie schrittweise verändert werden. Dazu gibt es verschiedene Verfahren und Übungen, in denen eingefahrene Grundannahmen aufgebrochen und durch alternative Sichtweisen ersetzt werden sollen.

Dafür kann man sich Methoden zunutze machen, die das innere Erleben und Empfinden anstoßen. So kann der Therapeut den Betroffenen in einer Imaginationsübung beispielsweise in eine bestimmte Situation seiner Kindheit zurückholen, die ein bestimmtes negatives Schema aufruft. Dann tritt der Therapeut als gesunder Erwachsener der Szenerie bei und bringt dem Betroffenen/Kind die Reaktionen entgegen, die er/es eigentlich in dem Moment gebraucht hätte. Die ganze Situation wird damit neu geschrieben und kann entsprechend anders wahrgenommen und verinnerlicht werden.

Im Gespräch mit den eigenen Modi: der Stuhldialog

Ein anderes sehr nützliches Mittel in der Schematherapie ist der sogenannte Stuhldialog. Dabei werden mehrere Stühle im Raum verteilt oder kreisförmig aufgestellt. Jeder Stuhl steht für einen bestimmten Modus. Ein Stuhl kann leer bleiben oder aber von dem Betroffenen oder auch dem Therapeuten besetzt werden, der die jeweilige Modus-Rolle einnimmt. Die Stühle können auch gewechselt und damit andere Sichtweise eingenommen werden.

So kann eine Situation in veränderten Konstellationen und unter verschiedenen Perspektiven durchgespielt werden. Für alle Mitwirkenden ist das oft sehr spannend und erhellend, verlangt aber auch viel Offenheit und Mut.

Bewährung im Alltag

Um die neu entdeckten Seiten an sich auch im Alltag zu erkennen und zu verstehen, kann man als Übung für zuhause Situationen im Nachhinein aufschreiben, in denen man gemerkt hat, dass ein bestimmter Modus aktiv wurde. Alles, was man über diesen Modus in der Therapie gelernt hat, wird aufgeschrieben und mit dem eigenen Verhalten abgeglichen – nicht selten werden Sie dabei frappierende Ähnlichkeiten feststellen.

Wenn Sie auch schon mögliche Alternativen erlernt haben, wie Sie die Situation anders hätten auffassen und darauf reagieren können, können Sie das ruhig einmal in der Realität ausprobieren.

Schematherapie ist ein faszinierendes Verfahren, das für viele sehr erhellend und hilfreich ist. Sowohl vom Betroffenen als auch vom Therapeuten erfordert sie allerdings einen langen Atem. Die Behandlung erstreckt sich oft über Jahre. Die enge Einbindung des Therapeuten macht ihn in dieser Zeit zu einer wichtigen Bezugsperson. Zu Beginn der Behandlung sind zwei Sitzungen pro Woche üblich, später reicht manchmal auch ein wöchentlicher Kontakt.

Wenn Sie sich dadurch angesprochen fühlen und an ihrem Denken, Fühlen und Handeln grundlegend etwas ändern möchten, dann sprechen Sie Ihren Therapeuten doch einmal auf die Schematherapie an. Vielleicht wäre sie ja was für Sie.

Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT)

Was ist die DBT?

Die DBT ist die Therapie der Wahl bei der Behandlung der Borderline-Störung und hat sich gegenüber anderen Therapien wiederholt als überlegen gezeigt. Sie beinhaltet ein umfassendes therapeutisches Konzept, das auf mehrere Jahre ausgelegt ist. Ziel ist es, Betroffene im Alltag zu stabilisieren und sie bei der Verhaltenskontrolle wie auch in ihrem emotionalen Erleben zu stärken.

Die amerikanische Psychologin Marsha M. Linehan entwickelte das Therapiekonzept in den 80er Jahren ursprünglich für Menschen mit Borderline, die immer wieder suizidal gefährdet waren. Inzwischen wurde die Therapie weiterentwickelt und kommt heute auch bei anderen Krankheitsbildern zum Tragen, die oft mit Borderline einhergehen, wie z.B. bei Essstörungen, Suchterkrankungen oder anderen Störungen der Impulskontrolle.

Das Prinzip der Dialektik

Hinter dem etwas sperrigen Begriff verbirgt sich eine bestimmte Vorstellung der Borderline-Erkrankung. Dialektik bedeutet Gegensätzlichkeit. Neben dem bloßen Begriff hat sich die Dialektik außerdem zu einer eigenen philosophischen Methode entwickelt, in der Probleme durch Aussagen (These) und Gegenaussagen (Antithese) beschrieben werden, um die Gegensätze anschließend aufzuheben und in einer sogenannten Synthese zusammenzuführen.

Bei "Borderlinern" kann man solche Gegensätze und Widersprüche im Denken, Empfinden und Handeln erkennen. So sind sie beispielsweise hin und her gerissen zwischen dem innigen Wunsch nach Partnerschaft und Nähe einerseits und dem verzweifelten Versuch andererseits, eben diese Nähe auf keinen Fall zuzulassen. Denn sie macht Betroffenen oft große Angst. Daher setzen sie mitunter alles daran, um ihr Gegenüber zu "vergraulen".

Das geschieht nicht bewusst, sondern als eine Art Schutzmechanismus, um dem Anderen nicht zu viel Einblick in die eigene vermeintliche Unzulänglichkeit zu geben. Ziel der DBT ist es, diese Gegensätze aufzuheben, indem alternative Sichtweisen und Grundannahmen gefunden werden.

Klar strukturiertes Therapiekonzept

Die DBT verbindet die klassische kognitive Verhaltenstherapie mit Methoden der Gestalt- und Hypnotherapie sowie therapeutischen Ansätzen aus dem Zen-Buddhismus wie der Meditation. Sie ist sehr klar aufgebaut und strukturiert. Gerade von diesem recht "verschulten" Ansatz profitieren Borderliner oft ungemein.

Die Behandlung besteht aus Einzel- und Gruppentherapien, die jeweils einmal wöchentlich stattfinden. In den einzeltherapeutischen Sitzungen folgen auf eine Vorbereitungsphase mehrere Therapiestufen, in denen je unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden.

Bei der Vorbereitung werden die Grundzüge der Behandlung erläutert. Zudem werden die individuellen Ziele der Therapie geklärt, auf die Therapeut und Patient gemeinsam hinarbeiten. Wichtig in der Phase der Vorbereitung ist es auch, die Motivation des Betroffenen zu klären. Denn ohne Engagement und das wirkliche Bedürfnis, an seinen Problemen zu arbeiten, wird es schwierig, die persönlich fordernde und anstrengende Therapie durchzuhalten, die eine aktive Mitarbeit erfordert.

Intensives Arbeiten mit dem Einzeltherapeuten

In den darauffolgenden Therapiestufen werden einzelne Problemfelder behandelt. Zunächst geht es um die dringlichsten Bereiche wie die Frage nach Suizidalität und nach Verhalten, das die Therapie gefährden oder die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen könnte.

Danach folgen Schwierigkeiten im Bereich des emotionalen zwischenmenschlichen Erlebens. Hier geht es darum, emotionale Reaktionsmuster, die sich im Umgang mit anderen Menschen eingeschlichen und verfestigt haben, aufzubrechen und alternative Ansichten zu entwickeln.

Die letzte Therapiestufe zielt auf Probleme der konkreten Lebensführung. Der Betroffene soll Verhaltensfertigkeiten erlernen, die ihn im Alltag unterstützen und mit denen er sich im Leben neu ausrichten kann. Mit dem Einzeltherapeuten werden die für den Betroffenen passenden Fertigkeiten ausgewählt und parallel dazu in der Gruppentherapie angewandt.

Skillstraining in der Gruppe

Das Fertigkeiten- bzw. Skillstraining in der Gruppe stellt ein Kernelement der DBT dar, wird inzwischen aber unabhängig von diesem Therapiekonzept auch bei anderen Erkrankungen eingesetzt. Skills sind Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die helfen, im Alltag zu bestehen und oft ganz unbewusst eingesetzt werden.

Diese in der Einzeltherapie erlernten Fertigkeiten wenden die Teilnehmer in der Gruppe unter Anleitung eines Skills-Trainers konkret an. Im Umgang miteinander werden das eigene Auftreten und die Wirkung auf Andere analysiert sowie alternative Verhaltensweisen eingeübt. Daneben gibt es Hausaufgaben und Übungen, mit denen sich die Teilnehmer auf jede Sitzung vorbereiten sollen.

Das Fertigkeitentraining besteht aus fünf Modulen. Neben allgemeinen Strategien zum achtsamen Umgang mit sich selbst und der Umwelt lernen die Teilnehmer den Umgang mit Stress und ungezügelten Emotionen. Weiterhin sollen zwischenmenschliche Fertigkeiten ausgebaut und die Betroffenen in ihrem Selbstwert gestärkt werden.

Herausforderung für alle Beteiligten

Nicht nur der Betroffene selbst, sondern auch sein Therapeut sind bei der DBT stark gefordert. Der Behandlung liegt eine bestimmte therapeutische Haltung zugrunde, die sich der Therapeut in einer eigenen Ausbildung aneignen muss.

Eine therapeutische Grundannahme besteht beispielsweise in der Einsicht, dass "Borderliner" selbst an ihrer Situation etwas ändern möchten, ihnen dies aber im Vergleich zu anderen Menschen unverhältnismäßig schwerfällt. Zudem wird Betroffenen zugestanden, dass sie für ihre Probleme nicht verantwortlich sind und sie in der Regel nicht alle selbst verursachen, sie jedoch lösen müssen.

Desweiteren ist nicht der Betroffene verantwortlich zu machen, wenn die Therapie nicht gelingt. Er kann in der DBT niemals versagen. Vielmehr muss sich der Therapeut an die eigene Nase fassen und sein therapeutisches Konzept hinterfragen. Er ist also gefordert, sich grundlegend in sein Gegenüber zu versetzen und dessen Perspektive stets miteinzubeziehen.

Nicht jedem Therapeuten gelingt das immer gleich gut. Genauso wenig harmoniert ein Team aus Therapeut und Patient stets problemlos. Die Interaktion zwischen beiden ist Teil der Therapie und birgt sowohl Chancen als auch Gefahren.

Über die lange Zeit hinweg wird der Therapeut oft zur wichtigsten Bezugsperson für den ihm Anvertrauten. Das kann er nutzen, um vorsichtig einen engen Draht zum Betroffenen aufzubauen, den dieser sonst nicht zulassen würde. Dann kann es gelingen, eingefahrene Sichtweisen und Reaktionsmuster in Frage zu stellen und neue Perspektiven auf sich selbst und das Verhältnis zu Anderen zu vermitteln.

Der Therapeut bewegt sich hier jedoch auf einem schmalen Grat. Sein Gegenüber hat ein äußerst feines Gespür für zwischenmenschliche Regungen. Damit verantwortlich und behutsam umzugehen, ist die große Herausforderung der Dialektisch-behavioralen Therapie.

Ablauf und Ziele der Therapie

DBT: Was geschieht in den Einzeltherapiesitzungen?

Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) der Borderline-Persönlichkeitsstörung gliedert sich in Einzel- und Gruppentherapien. Während es in der Gruppe um das Einüben der sozialen Kommunikation und Interaktion geht, wird das Verhalten der Betroffenen in der Einzeltherapie ganz genau unter die Lupe genommen.

Erreichbare Ziele setzen

Dabei geht der Einzeltherapeut nach einem bestimmten Schema vor. Am Anfang der Therapie klärt er den Betroffenen zunächst über seine Erkrankung auf und vermittelt die Grundzüge der Behandlung. In ausführlichen Gesprächen werden die Problemfelder identifiziert und Ziele für die Therapie festgelegt.

Es ist sehr hilfreich, auf ein festgelegtes konkretes Ziel hinzuarbeiten. Zugleich ist es aber auch wichtig, dass es realistisch bleibt und man sich mit dem, was man erreichen möchte, nicht überfordert und am Ende enttäuscht und frustriert das Handtuch wirft.

Der Beginn der einzeltherapeutischen Arbeit ist immer auch ein gewisses Abtasten zwischen dem Betroffenen und dem ihn behandelnden Therapeuten. Ihre Beziehung und die Interaktionen zwischen ihnen sind Teil der Therapie. Im Verlauf wird es mit Sicherheit immer wieder zu Spannungen kommen, die es zu überwinden gilt. Daher ist es in der DBT ganz entscheidend, wie das therapeutische Team harmoniert. Beiden wird während der oft langjährigen Therapie viel abverlangt.

Problemverhalten auf die Schliche kommen

Wenn es dann mit der Therapie richtig losgeht, stehen zunächst die dringlichsten Themen wie Suizidalität und Selbstschädigung wie auch Verhalten, das die Therapie unmittelbar gefährden könnte (z.B. das Ignorieren bestimmter Regeln), im Vordergrund. Erst wenn diese elementaren Verhaltensweisen unter Kontrolle sind, können in einer zweiten Stufe tieferliegende Probleme des emotionalen Erlebens behandelt werden.

Hier geht es insbesondere um Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich. Oft finden sich beispielsweise bestimmte Reaktionsmuster, die immer wieder zu Spannungen führen. "Borderliner" tendieren auch gerne dazu, unangenehmen Situationen lieber aus dem Weg zu gehen und sich nicht damit zu konfrontieren. Zudem haben sie meist ein Selbstbild, in dem sie nicht gerade gut wegkommen.

Dem Betroffenen sind diese Einstellungen und Verhaltensweisen meist gar nicht bewusst. In der Therapie geht es genau darum, diese unbemerkten Mechanismen aufzudecken und zu bearbeiten. Erst, wenn man man sich über die Problematik seines Verhaltens bewusst wird, kann man daran aktiv etwas verändern. Der Therapeut wird diesen Prozess tatkräftig unterstützen.

Sind die grundlegenden Probleme im emotionalen und sozialen Bereich einmal auf dem Tisch, folgt die dritte Stufe der Therapie, in der es um die konkrete Lebensführung geht. Hier soll das Gelernte in den Alltag integriert werden. Dabei werden Betroffene auch in der Gruppe unterstützt, die in der Regel parallel zur Einzeltherapie stattfindet.

Ein langer Weg mit Höhen und Tiefen

Auch wenn diese Abfolge etwas schematisch wirken mag, laufen die einzeltherapeutischen Sitzungen doch individuell sehr unterschiedlich ab und sind in ihrer Gestaltung durchaus flexibel. Die Themen orientieren sich stets danach, welche Probleme aktuell im Vordergrund stehen und wie dringlich sie jeweils sind.

In einer Krisensituation etwa, in der ein Betroffener womöglich nach einer anfänglichen Stabilisierung wieder suizidale Gedanken hegt, muss ein Gang zurückgeschaltet werden auf eine niedere Therapiestufe. Das kann übrigens durchaus passieren und bedeutet nicht, dass alle Arbeit bis dahin umsonst war. Rückschläge und Enttäuschungen sind ganz normal in der langen und aufwühlenden Zeit der Behandlung.

Um die passenden Themen für die einzelnen Therapiestunden zu finden, führt der Betroffene ein Tagebuch, in dem er jeden Abend seine problematischen Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen, aber auch Erfolgserlebnisse festhält. Der Therapeut sieht dann auf einen Blick, was seinen Schützling gerade beschäftigt und wo es noch hapert. Gemeinsam kann der Weg dann Schritt für Schritt in Richtung der festgelegten Ziele fortgesetzt werden.

Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT): Was ist ein Therapievertrag?

Ein Therapievertrag im Rahmen der DBT der Borderline-Persönlichkeitsstörung wird vom betroffenen "Borderliner" und dem behandelnden Therapeuten gleichermaßen geschlossen. Beide verpflichten sich darin zu bestimmten Regeln. Das ist deshalb wichtig, um die gesteckten Ziele über den langen Zeitraum der Therapie hinweg auch wirklich erfolgreich zu meistern.

Es gelten klare Regeln

Die Vereinbarung enthält die individuellen Ziele der einzeltherapeutischen Behandlung sowie grundsätzliche Zielsetzungen. Darüber hinaus verpflichten sich die Betroffenen, mitzuarbeiten und sich aktiv einzubringen wie auch, sich an Regeln und Absprachen zu halten.

Dazu gehört unter anderem die Zusage,

  • während der Behandlung keine Suizidversuche zu unternehmen
  • an der Reduktion des suizidalen und selbstschädigenden Verhaltens zu arbeiten
  • an Verhalten zu arbeiten, das die Therapie gefährdet
  • an Verhalten zu arbeiten, das zu einer stationären Aufnahme bzw. Behandlung geführt hat
  • keine Drogen, Medikamente oder Alkohol zu konsumieren
  • keine zur Selbstschädigung geeigneten "Waffen" mitzubringen
  • verbale und körperliche Angriffe zu unterlassen
  • keine impulsiven Therapieabbrüche vorzunehmen.

Für die Gruppentherapie gilt darüber hinaus,

  • keine suizidale Kommunikation mit Mitpatienten zu führen
  • keine intimen Beziehungen zu Mitpatienten einzugehen.

Auch der Therapeut steht in der Pflicht

Der Therapeut verpflichtet sich im Gegenzug dazu, so gut wie möglich Hilfestellung und Unterstützung zu leisten. Er stimmt unter anderem folgenden Punkten zu:

  • Durchführen einer kompetenten und professionellen Psychotherapie
  • Einhalten geltender ethischer und beruflicher Richtlinien
  • Wahrung der Schweigepflicht
  • offenes Umgehen mit persönlichen Grenzen
  • Einholung von Rat und Unterstützung, falls notwendig

Beide "Vertragspartner" stimmen der Übereinkunft per Unterschrift zu. Bei Nichteinhaltung bzw. schweren Verletzungen der im Vertrag festgehaltenen Regeln kann eine mehr oder weniger lange Therapiepause folgen. Kommt es immer wieder zu Übertretungen oder zu gravierendem Fehlverhalten, kann die Behandlung auch abgebrochen werden.

Wozu überhaupt ein Vertrag?

Dieser formalistische Akt im Rahmen einer vertrauensvollen therapeutischen Beziehung mag Ihnen womöglich aufstoßen und ein wenig hölzern wirken. Es hat aber seinen guten Grund, solche Regeln aufzustellen. Sie sollen die Beteiligten weder gängeln noch bevormunden. Vielmehr dienen sie als Stütze, um die Therapie sinnvoll und effektiv zu nutzen und voranzukommen.

In den Monaten bis Jahren der Behandlung werden sich immer wieder problematische Verhaltensweisen einschleichen. Wenn man sich von Anfang an darauf verständigt, ihnen einen Riegel vorzuschieben, ist man viel besser dagegen gewappnet.

Und manche Regeln müssen schlicht eingehalten werden: Gefährliches oder andere gefährdendes Verhalten ist tabu. Ebenso hat der Therapeut gewisse berufsethische Pflichten selbstverständlich einzuhalten.

Dialektisch-Behaviorale Therapie: Wo finde ich einen Therapeuten?

Das ist tatsächlich gar nicht so einfach. Leider gibt es in Deutschland vor allem im ambulanten Bereich keine flächendeckende Versorgung mit hinreichend qualifizierten Psychotherapeuten. Denn die Behandlung der Borderline-Störung im Rahmen der Dialektisch-Behavioralen Therapie erfordert eine spezielle Weiterbildung.

Spezielle Fortbildung zum DBT-Therapeuten

Nicht jeder ärztliche oder psychologische Psychotherapeut ist automatisch befähigt, Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung erfolgreich zu behandeln. Dafür ist nicht nur viel Erfahrung im Umgang mit Betroffenen nötig, sondern auch eine gezielte Fortbildung zum DBT-Therapeuten.

Neben der Approbation als Arzt bzw. Psychotherapeut, also der grundsätzlichen Zulassung zur Berufsausübung, müssen theoretische Kenntnisse wie auch praktische Erfahrungen in der Einzel- und Gruppentherapie nachgewiesen werden, die in verschiedenen Kursen angeboten werden. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, vergibt der Dachverband Dialektisch Behaviorale Therapie e.V. nach einem Abschlussgespräch das Zertifikat für die therapeutische Eignung.

Die Zulassung gilt zunächst für die Dauer von drei Jahren. In dieser Zeit muss sich der DBT-Therapeut kontinuierlich weiterbilden, was beispielsweise in sogenannten DBT-Netzwerkertreffen möglich ist. Anderenfalls muss er eine weitere Prüfung ablegen.

Unzureichende ambulante Versorgung

Therapeuten, die DBT anbieten, werden also bezüglich ihrer Kenntnisse und Befähigung genau unter die Lupe genommen, sodass Betroffene keine Angst haben müssen, bei einem Therapeuten behandelt zu werden, der sich mit ihrer Störung gar nicht auskennt.

Weitaus heikler ist es allerdings, überhaupt einen Therapeuten mit Zusatzweiterbildung zu finden. Bei der Therapeutensuche unterstützen verschiedene Internetseiten wie zum Beispiel:

https://www.therapie.de/psychotherapie/-regionalsuche-/

Es ist dringend notwendig, dass die Versorgung mit Psychotherapeuten vor allem in ländlichen Regionen grundsätzlich ausgebaut und die spezielle Fortbildung zum DBT-Therapeuten gefördert wird. Leider erfolgt die Behandlung aus Mangel an ambulanten Angeboten immer wieder im stationären oder teilstationären Setting. Das alltagsferne Umfeld ist für eine erfolgreiche Therapie aber weitaus weniger geeignet und sollte daher möglichst nur in Ausnahmesituationen in Anspruch genommen werden.

Kann ich meinen DBT-Therapeuten anrufen?

Grundsätzlich gehört die Möglichkeit der telefonischen Kontaktaufnahme zum Konzept der Dialektisch-Behavioralen Therapie (DBT) bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung. In Krisensituationen sollen Betroffene ihren Therapeuten telefonisch erreichen und um Rat fragen können.

Für den Notfall gedacht

Dass Therapeuten bei der DBT telefonisch kontaktiert werden dürfen, bedeutet aber nicht, dass man sie anrufen kann und soll, wann immer man den Drang dazu verspürt. Ein Therapeut muss auch nicht rund um die Uhr erreichbar sein. Vielmehr sollte er im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten seine private Telefonnummer für akute Krisen weitergeben.

Krisensituationen in diesem Sinne sind Suizidgedanken und -absichten oder auch andere selbstschädigende Handlungen, von denen sich der Betroffene nicht mehr distanzieren kann. Suizidalität und Selbstverletzung sind bereits zu Beginn der Therapie ein wichtiges Thema. Der verlässliche Umgang damit ist die Grundvoraussetzung, um eine Behandlung beginnen zu können. Oft werden Verträge mit dem Therapeuten geschlossen, in denen eine sogenannte Non-Suizid-Vereinbarung getroffen wird.

Wenn keine Strategie mehr greift

Dennoch kann es zu Situationen kommen, in denen ein Mensch mit Borderline nicht mehr Herr seiner selbst ist und keinen Ausweg mehr sieht. Wenn die Strategien, die man mit seinem Therapeuten erarbeitet hat, nicht mehr greifen und keine Maßnahme dem Drang zur Selbstverletzungen mehr standhält, dann darf und soll man sich Hilfe holen.

Im Grunde ist es genau das, was Betroffene im Rahmen der DBT lernen sollen: Alarmsignale wahrzunehmen und aktiv auf sie zu reagieren, statt sich von den eigenen Gefühlen und Impulsen hinreißen zu lassen und auf selbstschädigendes Verhalten zurückzugreifen.

Beim Telefonat kann der Betroffene berichten, warum er sich in einer Krise befindet und welche der erlernten Fertigkeiten er bereits angewendet hat. Gemeinsam mit dem Therapeuten lassen sich vielleicht noch andere Fertigkeiten ausprobieren, um die Krise zu beherrschen.

Klare Regeln geben Sicherheit

Wie sich telefonische Kontakte gestalten sollen, wird mit dem jeweiligen Therapeuten genau besprochen. Oft werden klare Regeln aufgestellt, wann man sich melden soll. Auch die Gespräche selbst folgen bestimmten ausgemachten Regeln. Die Rahmenbedingungen der telefonischen Kontaktaufnahme werden im Vorfeld der Behandlung geklärt und besprochen.

Ziel dieser Festlegungen ist es nicht, den Therapeuten so wenig wie möglich zu behelligen. Natürlich hat auch er seine Privatsphäre und auch mal Feierabend oder Wochenende. Es gehört jedoch zu seinen professionellen Aufgaben, das für ihn passende Verhältnis von Nähe und Distanz zu den Menschen, für deren Behandlung er verantwortlich ist, festzulegen.

Klare Absprachen sind aber vor allem auch für die Betroffenen hilfreich. Ein fester Notfallplan in der Tasche, an dem man sich in einer akuten Krise orientieren kann, vermittelt ein großes Gefühl der Sicherheit. Der Anruf beim Therapeuten sollte auf diesem Plan jedoch erst ganz am Ende stehen. Denn bestimmt hat der Betroffene bereits viel gelernt und die eine oder andere Strategie selbst schon erfolgreich angewendet. Je öfter es ihm gelingt, solche Methoden einzusetzen und sich damit ganz alleine aus schwierigen Situationen zu befreien, desto selbstbewusster wird er auf das blicken können, was er bereits geschafft hat.

"Borderliner" sollten also auf ihre Fertigkeiten vertrauen und es zunächst alleine versuchen. Können sie sich dem Impuls aber nicht mehr erwehren, sollten sie sich nicht scheuen, zum Notfallhörer zu greifen.

Mentalisierungs-basierte Therapie (MBT)

Was ist eine MBT?

Die MBT ist ein psychodynamisch ausgerichtetes Behandlungskonzept. Es wurde für die Borderline-Persönlichkeitsstörung entwickelt, wird aber auch bei anderen psychischen Störungen eingesetzt, bei denen die Fähigkeit zur Mentalisierung gestört ist.

Was ist mit diesen schwierigen Begriffen genau gemeint? Im Gegensatz zur kognitiven Verhaltenstherapie, die auf konkrete Veränderungen der eigenen Denk- und Handlungsweisen im Hier und Jetzt fokussiert, geht es bei der psychodynamischen Psychotherapie darum, die oft unbewussten biographischen Hintergründe für eine psychische Störung aufzuarbeiten.

Sich selbst und andere verstehen

Unter "Mentalisierung" wird nach dem Urheber des Modells, dem englischen Psychoanalytiker Peter Fonagy, ein komplexer Vorgang in der menschlichen Entwicklung verstanden. Gemeint ist die Reflexion und Interpretation des Verhaltens von Mitmenschen wie auch der eigenen Handlungsweisen. Die nach außen hin sichtbaren Umgangsformen und Gebärden werden auf die zugrundeliegenden mentalen Einstellungen und Überzeugungen hinterfragt. Daran, wie sich das Gegenüber oder man selbst verhält, ist demnach abzulesen, wie die Person "tickt", was sie denkt und fühlt.

Wir handeln nicht rein instinktiv und triebgesteuert, sondern unserem Verhalten liegen Gedanken, Abwägungen, Wünsche und Überzeugungen zugrunde. Mentalisieren ist die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen und zu verstehen, wieso sie dieses oder jenes tun, was sie traurig, aggressiv oder ängstlich macht.

Mentalisieren lernen

Wir lernen das sehr früh. Schon bevor ein Kind sprechen kann, versteht es im sozialen Austausch mit der Mutter und anderen Bezugspersonen, sich selbst und die Reaktionen anderer einzuschätzen.

Während bei Säuglingen im ersten Lebensjahr Emotionen und Äußerungen zwar wahrgenommen, aber noch nicht gedanklich durchdrungen werden, entwickelt sich im Lauf der Zeit eine zunehmende Fähigkeit zur Reflexion über Affekte und Handlungen. Nach und nach bekommt das Kind eine Vorstellung von geistig-mentalen Vorgängen und deren Folgen für unser Denken, Fühlen und Handeln.

Voraussetzung für diese Entwicklung ist der Bezug und die enge Bindung zu einer vertrauten Person. In der Interaktion lernt das Kind, sich selbst, sein Verhalten und Gebärden kennen und die Reaktionen darauf einzuschätzen.

Denken ≠ Handeln

Solche elementaren frühen Bindungserfahrungen fehlen vielen Menschen mit Borderline, oder sie wurden in der Kindheit derart erschüttert, dass die Betroffenen kein sicheres Selbst- und Weltbild entwickeln konnten. Missbrauch oder Verlusterfahrungen, die der Persönlichkeitsstörung oft zugrundeliegen, können die Bindung nachhaltig stören.

Nach Fonagy kann das dazu führen, dass Betroffene zwischen der erlebten Realität und der inneren, mentalen Welt keinen Unterschied machen. Was gedacht und empfunden wird, ist zugleich auch real. Der aufwühlende Streit mit dem Partner und die Sorge, ihn zu verlieren, bedeuten dann automatisch schon das endgültige Aus für die Beziehung. Bei einer Kritik der Vorgesetzten ist die Kündigung schon vorprogrammiert.

Ich selbst kann entscheiden

Bei der Mentalisierungs-basierten Psychotherapie wird versucht, diese festgefahrenen Überzeugungen aufzubrechen und die geistigen und emotionalen Vorgänge, die unser Tun bestimmen, zu verstehen. Durch diese Selbstreflexion kann es auch gelingen, frühere Erfahrungen als Grundlage für das jetzige Denken und Handeln zu begreifen. Dass ich so denke, fühle und handle, hängt mit diesen und jenen Umständen zusammen. Das sind aber keine eingeschriebenen Naturgesetze, sondern ich kann etwas daran ändern.

Es geht darum zu erlernen, dass mentale Prozesse, Gedanken und Gefühle die Wirklichkeit zwar beeinflussen, sie aber nicht automatisch bestimmen. Ich kann mich dazu verhalten und dagegen angehen und die Realität entsprechend modifizieren. Dann mache ich nicht beim ersten Streit gleich Schluss, weil es ohnehin keinen Sinn mehr hat und der andere mich nicht mehr liebt; sondern ich versuche zu verstehen, wie es zu der Auseinandersetzung kam, welche Hoffnungen und Erwartungen dahinter stehen und wie ich in Zukunft damit umgehen und sie ggf. verändern kann.

Das erfordert die Fähigkeit, sich selbst und andere zu hinterfragen und sich bewusst zu machen, wieso sich jemand so oder so verhält. Diese veränderte Selbst- und Fremdwahrnehmung kann die eigenen Einstellungen und die Beziehung zu anderen Menschen radikal verändern.

Wie läuft eine Mentalisierungs-basierte Therapie ab?

Die MBT hat einen klar strukturierten Ablauf, enthält einzel- und gruppentherapeutische Elemente und bezieht auch den Therapeuten selbst eng in die Behandlung ein. Dadurch soll Vertrauen gestärkt und Bindungssicherheit vermittelt werden. Ursprünglich als teilstationäres Konzept für die Tagesklinik entwickelt kann die Therapie heute auch ambulant erfolgen.

Vertrauen stärken, Beziehungen stützen

Im Kern geht es darum, die Fähigkeit zur Mentalisierung zu verbessern und die Betroffenen für die eigene Wahrnehmung wie auch für zwischenmenschliche Interaktionen zu sensibilisieren. Dabei steht vor allem das emotionale Erleben im Vordergrund. Es wird offen angesprochen und genau analysiert.

Ziel ist es, die eigenen Gefühle besser einzuordnen und zu steuern, das Verhalten entsprechend zu kontrollieren und einen größeren Handlungsspielraum zu gewinnen. Langfristig sollen Beziehungen gestärkt und realistische Ziele für die eigene Lebensplanung erarbeitet werden.

Wirksamkeit in Studien belegt

Die MBT ist neben der TFP (übertragungszentrierte Psychotherapie) und den eher verhaltenstherapeutisch ausgerichteten Verfahren der DBT (dialektisch-behaviorale Therapie) und der SFT (Schematherapie) ein bewährtes Behandlungskonzept bei Borderline, deren Wirkung in mehreren Studien nachgewiesen werden konnte.

Persönlichkeitsstörungen sind nicht leicht zu behandeln, und die Therapie erfordert einen langen Atem. Was sich über viele Jahre entwickelt hat, ist nicht von heute auf morgen zu verändern. Aber es gibt hilfreiche Verfahren, die nachhaltig wirken und das Leben mit der eigenen Persönlichkeit erheblich erleichtern, sofern man sich darauf einlässt. Vielleicht ist die Mentalisierungs-basierte Therapie ja das Richtige für Sie.

Therapeutensuche und -wechsel

Die Qual der Wahl: den richtigen Therapeuten finden

Worauf muss ich bei der Auswahl eines Therapeuten am meisten achten?

Am wichtigsten ist, dass Sie mit dem Therapeuten (ob Frau oder Mann) gut können oder einen guten Draht haben. Sie sollten gut aussuchen, wer am besten zu Ihnen passt. Die Möglichkeit besteht, indem Sie sogenannte Erstgespräche oder Probesitzungen in Anspruch nehmen können. In der Fachsprache sind das die sogenannten probatorischen Sitzungen. Möglich sind fünf bis acht Gespräche.

Sie können diese Gespräche entweder mit fünf verschiedenen Therapeuten führen oder zwischen zwei Therapeuten wählen, indem Sie es jeweils in drei Probesitzungen herausfinden können. Das entscheiden Sie. Auch wenn die meisten Therapeuten Wartezeiten haben – nehmen Sie sich die Zeit herauszufinden, wer zu Ihnen passt. Es ist nicht ratsam, danach zu gehen, wer am schnellsten einen Termin frei hat. Denn mit einem Therapeuten, der für Sie nicht gut passt, wird es schwer. Oder es kommt gar nichts dabei heraus.

Die erste Begegnung

Meistens zeigt sich bereits im Erstgespräch mit dem Therapeuten, ob es sich stimmig anfühlt. Fragen Sie sich, was Ihr Bauch dazu sagt!

Und hört Ihr Gegenüber wirklich gut zu? Kommen interessierte Fragen? Zeigen diese Fragen Verständnis für Ihre Leidenssituationen? Ist der Mensch Ihnen grundsätzlich sympathisch oder nicht?

Erscheint er Ihnen kompetent? Kompetenz heißt gerade nicht, dass schon erste Erklärungen von Seiten des Therapeuten kommen. Das ist eher ein schlechtes Zeichen. Es geht zuerst um wirklich interessiertes Zuhören. Dann zeigt sich die Kompetenz in der Art des Nachfragens.

Besteht ein spürbares Interesse daran, wie Sie die Welt gerade erleben? Fühlen Sie sich ernst genommen, kommt Ihnen ein warmes Gefühl entgegen? Spüren Sie Vertrauen? Ist ein direkter offener Augenkontakt möglich?

Wer führt eine Psychotherapie durch?

Verschiedene Fachgruppen bieten eine psychotherapeutische Behandlung an. Die Berufstitel lauten:

  • Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
  • Ärztlicher Psychotherapeut
  • Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie
  • Psychologischer Psychotherapeut
  • Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie
  • Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

Wer macht was?

  • Ein Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (früher „Facharzt für Psychotherapeutische Medizin“) hat sich auf die psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung, Prävention und Rehabilitation von psychosomatischen Erkrankungen spezialisiert. Er führt u.a. die sogenannte Richtlinien-Psychotherapie durch.
  • Ein ärztlicher Psychotherapeut ist ein Arzt mit einer Psychotherapie-Weiterbildung. Dazu gehören neben den Fachärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie alle Ärzte mit der Zusatzbezeichnung „Fachgebundene Psychotherapie“ (früher „Zusatzbezeichnung Psychotherapie“), also somatische (nichtpsychiatrische) Fachärzte mit Weiterbildung in psychosozialen Fragen des jeweiligen Fachgebiets (z.B. beim Internisten bezüglich psychogener Störungen der Herzfunktion).
  • Ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie kümmert sich um die psychiatrische Grundversorgung und führt auch Richtlinien-Psychotherapie durch. Er behandelt, im Gegensatz zum „Psychologischen Psychotherapeuten“, auch medikamentös.
  • Ein Psychologischer Psychotherapeut ist ein Diplom-Psychologe, der anschließend eine Psychotherapie-Ausbildung an einem Institut durchlaufen hat. Er führt Richtlinien-Psychotherapie durch.
  • Ein Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt Kinder und Jugendliche psychiatrisch oder psychotherapeutisch.
  • Ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut ist ein gelernter Psychologe, Sozialpädagoge, Sozialarbeiter oder Lehrer mit anschließender Ausbildung in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.
  • Ein Facharzt für Neurologie ist dagegen ein Spezialist für Krankheiten des Nervensystems wie z.B. Morbus Parkinson, Demenz oder Epilepsie. Früher konnten auch die Bezeichnungen „Facharzt für Neurologie und Psychiatrie“ bzw. „Nervenarzt“ erworben werden.

Wie unterscheiden sich Psychologen, Psychiater und Psychotherapeuten?

Verschiedene Berufsgruppen bieten Psychotherapien an. Dazu gehören alle in der Frage genannten Ausbildungen, also Psychiater, Psychotherapeuten und Psychologen.

Psychologen haben Psychologie studiert. Psychologie ist die Wissenschaft des Seelenlebens des Menschen, also des Denkens, Fühlens und Verhaltens. Eine Zusatzausbildung der Psychotherapie befähigt Psychologen zur Behandlung krankhafter Störungen. Psychologen sind deshalb häufig Bestandteil eines Behandlungsteams in Krankenhäusern.

Psychiater sind Ärzte, die nach dem Studium der Humanmedizin eine mehrjährige Facharztausbildung in einer psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses absolviert haben. Auch Psychiater machen eine zusätzliche Psychotherapieausbildung, die sie in die Lage versetzt, Patienten nicht nur medikamentös zu behandeln, sondern psychotherapeutisch.

Psychotherapeuten können aus verschiedenen Berufsgruppen stammen. Ihnen gemeinsam ist, dass sie eine mehrjährige psychotherapeutische Ausbildung gemacht haben.

Ein Fach, viele Spezialisten

Wer darf sich Psychotherapeut nennen?

Im Gegensatz zum Begriff "Psychotherapie" ist der Titel „Psychotherapeut“ geschützt und darf nur von Ärzten und Diplompsychologen geführt werden, die nach dem Universitätsstudium eine umfangreiche mehrjährige Zusatzausbildung absolviert haben. Per Ausnahmeregelung ist dies auch für Pädagogen möglich.

Psychotherapeutische Leistungen können darüber hinaus von jedem angeboten werden, der eine Heilpraktikerzulassung hat, auch ohne Zusatzausbildung. Die Kosten dafür werden allerdings meist nicht durch die gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Ist ein Heilpraktiker für Psychotherapie ein richtiger Therapeut?

Nein. Ein Heilpraktiker für Psychotherapie darf sich nicht Psychotherapeut nennen, aber er darf psychotherapeutische Behandlungen anbieten.

Das heißt, er macht in der Regel das, was ein Psychologischer Psychotherapeut auch macht, nämlich psychotherapeutische Heilverfahren anwenden. Aber das nur dann, wenn er eben die Heilpraktiker-Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz erlangt hat.

Das ist eine sogenannte eingeschränkte Heilerlaubnis, die auf das Gebiet der Psychotherapie beschränkt ist und damit von Nicht-Ärzten ausgeübt werden darf. Diese Heilerlaubnis wird auch kleiner Heilpraktikerschein genannt. Zum großen Heilpraktikerschein gehört der medizinische Teil dazu.

Kann ich einem Heilpraktiker für Psychotherapie vertrauen?

Das entscheiden vor allem Sie selbst. Dazu hilft es Ihnen vielleicht, hier erst mal zu lesen, was ein Heilpraktiker für Psychotherapie (HP Psych) tun muss, um sich überhaupt so nennen zu dürfen. Zum Beispiel den (kleinen) Heilpraktikerschein beim örtlichen Gesundheitsamt beantragen.

Dazu gehören zwar erst mal recht einfache Bedingungen, wie ein Mindestalter von 25 Jahren, mindestens ein Hauptschulabschluss, ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis und der Nachweis, dass man die gesundheitlichen Voraussetzungen hat. Aber das ist erst mal nur der formalen Einstieg, also längst nicht alles.

Was muss ein Heilpraktiker für Psychotherapie überhaupt nachweisen?

Wer den Antrag auf Zulassung zum Heilpraktiker für Psychotherapie stellt, muss, wenn er zugelassen werden will, in einer Überprüfung durch das jeweilige Gesundheitsamt nachweisen, dass er vor allem keine mögliche Gefahr für Ihre Gesundheit bedeutet. Genauer heißt dass, derjenige muss sich faktisch gut auskennen auf dem Gebiet der klinischen Psychologie, Psychopathologie, Psychosomatik, Psychotherapie oder dem Gesundheitsrecht. Das wird schriftlich und mündlich überprüft. Dazu gehören auch ausreichende Kenntnisse in psychologischer Diagnostik, also diagnostische Fähigkeiten.

Es geht also auch um die Klassifikation psychischer Störungen überhaupt, die in der sogenannten ICD-10 Liste (Kapitel V) verzeichnet sind. Diese Liste ist durch die Weltgesundheitsorganisation mit vielen Ländern abgestimmt und wird von ihr herausgegeben und regelmäßig überprüft. Das Kapitel V dieser Liste ist dasjenige über die psychischen Störungen und Verhaltensstörungen. Die Liste können Sie im Internet finden.

Der Antragsteller für den Heilpraktiker für Psychotherapie muss mindestens ein Psychotherapieverfahren ausreichend beherrschen. Sie sollten beim ersten Kontakt fragen, welches Verfahren das ist und wie es Ihnen helfen kann.

Vor allem zählt Ihr eigenes Empfinden

Die Frage, ob Sie einem Heilpraktiker Psychotherapie vertrauen können, ist aber nur zum Teil davon abhängig, ob dessen Ausbildung seriös ist. Da es keine einheitlichen Ausbildungsstandards gibt und auch keine staatliche Überprüfung von Heilpraktiker-Schulen, ist das Gesundheitsamt zwar eine wichtige Prüfinstanz. Aber vor allem ist Ihr eigenes Urteil wichtig. Trauen Sie diesem Menschen zu, Ihnen helfen zu können? Können Sie offen mit dem Heilpraktiker für Psychotherapie sprechen über Ihre Fragen, Ihr Anliegen? Klären Sie auch die Kostenfrage: Besteht die Chance, dass die Krankenkasse die Behandlung bezahlt?

Normalerweise ist das eher selten. Wenn Sie aber in großer seelischer Not sind und aufgrund von unzumutbaren Wartezeiten keinen Platz bei von den Krankenkassen zugelassenen Psychologischen Psychotherapeuten bekommen können, könnte es möglicherweise klappen. Es kommt hier auch sehr auf die Krankenkassen an. Und Sie sollten drei bis fünf Ablehnungen zugelassener Therapeuten nachweisen können (das kann auch eine Notiz zu einem Telefonat sein).

Kann ich den Therapeuten wechseln?

Ja. Wenn Sie das Gefühl haben, die Therapie bringt Ihnen nichts, dann macht es keinen Sinn, einfach nur so weiter zu machen. Das kann sich bereits nach wenigen Sitzungen zeigen. Oder aber auch erst mitten in der Therapie, weil es sein kann, dass man es nicht gleich in den ersten Stunden merkt. Therapie ist immer Beziehungsarbeit und Beziehungen entwickeln sich über einen Zeitraum.

Wichtig ist, wenn Sie merken, dass etwas einfach nicht stimmt: Sprechen Sie Ihren Therapeuten darauf an. Je nachdem, wie der Therapeut reagiert, werden Sie ein Gefühl dafür haben, ob es sich nach dem Ansprechen irgendwie gelöster anfühlt oder erst recht verkrampfter zu sein scheint.

Woran merke ich eigentlich genau, dass etwas nicht stimmt?

Sie merken es zum Beispiel daran, dass Sie gar keine Lust mehr haben, zu den Therapiesitzungen zu gehen. Oder, Sie gehen zwar immer hin, haben aber das Gefühl, Sie könnten es auch lassen und es bringt Ihnen nichts. Vielleicht ist es aber auch so, dass der Therapeut irgendwie eine Richtung einschlägt, die Ihnen gar nicht gut tut? In jedem Fall stimmt etwas nicht, wenn Sie sich mehr und mehr unwohl fühlen, nicht wissen, was das alles soll oder Ihnen Ihr Therapeut zunehmend unangenehmer wird.

Tipps zum Therapeutenwechsel

Wie lange soll ich warten, bevor ich einen Therapeutenwechsel angehe?

Abwarten – wenn das Unbehagen oder Unwohlsein schon spürbar ist – ist meistens keine gute Idee. Je nachdem, welchen Therapeuten Sie gewählt haben und welches Therapieverfahren dieser Therapeut anwendet, können die Sitzungen ja zwischen zwanzig und hundert Stunden dauern.

Wenn Sie schon am Anfang merken, dass es nicht gut läuft, dann sollten Sie es nicht einfach so weitergehen lassen. Denn zwanzig bis hundert Stunden sind eine lange Zeit. Schlimmstenfalls ist diese Zeit verschwendet oder Ihr Leiden verschlimmert sich. Wie gesagt, nicht selten hat man schon nach wenigen Sitzungen ein erstes Gefühl dafür, ob man richtig ist mit dieser Frau oder diesem Mann. Denn zuvor hatten Sie möglicherweise Probesitzungen? Und waren da noch nicht sicher?

Direkt Ansprechen – oder nicht?

Sprechen Sie mit Ihrem Therapeuten. Wenn das für Sie aber gar keine Möglichkeit ist, lassen Sie es bleiben. Sie müssen auch nicht vor dem Therapeuten begründen, warum Sie wechseln wollen, sondern nur vor Ihrer Krankenkasse. Zu empfehlen ist eine Klärung mit Ihrem Therapeuten aber schon, weil es sonst ein offenes Thema bleibt, und das hängt möglicherweise Ihnen wie auch dem Therapeuten nach. Möglich ist, dass Sie schon eine Probesitzung, also eine probatorische Sitzung, bei einem anderen Therapeuten in Anspruch nehmen – während Ihrer noch laufenden Therapie.

Auch dort können Sie ansprechen, ob und wie Sie die Sitzungen mit Ihrem bisherigen Therapeuten beenden können. Eine solche probatorische Sitzung ist möglich. Sie wird von der Krankenkasse bezahlt. Es ist aber sicher auch nicht verkehrt, darüber bereits im Vorfeld mit der Krankenkasse zu sprechen.

Was mache ich genau, wenn ich sicher bin, dass ich den Therapeuten wechseln will?

Wenn Sie schon wissen, dass es für Sie gar keinen Zweck mehr hat und Sie auf jeden Fall den Psychotherapeuten wechseln wollen, sprechen Sie gleich mit Ihrer Krankenkasse. Begründen Sie, warum Sie die Therapie nicht weiter machen wollen. Ein Wechsel zu einem anderen Therapeuten ist möglich und Ihr gutes Recht.

Wenn nun der Wechsel zu einem Therapeuten erfolgen soll, der das gleiche Verfahren, also die gleiche Fachrichtung anbietet, dann geht auch das. Aber es ist nicht ganz einfach, denn dazu müssen Sie einen Therapeuten finden, der die Behandlung im gleichen Verfahren übernimmt. Weil es dann um das gleiche Verfahren geht, ist in der Regel kein neuer Antrag nötig. Sie haben hierfür ja bereits eine Kostenzusage. Aber in jedem Fall sollte man die Krankenkasse darüber informieren, dass ein anderer Therapeut übernimmt.

Wen könnte ich noch fragen?

Zum Beispiel können Sie auch Ihren Hausarzt fragen. Und natürlich können Sie sich auch mit Freunden oder Ihrer Familie beraten. Doch es bringt vermutlich mehr, sich gleich an Fachleute zu wenden oder Fachartikel zu lesen. Beides finden Sie im Internet bei den zuständigen Fach- oder Berufsverbänden wie zum Beispiel beim Fachverband der Gesprächspsychotherapeuten oder bei der Bundespsychotherapeutenkammer oder den Landespsychotherapeutenkammern. Sie können auch einfach dort anrufen. Oder Sie sprechen wie gesagt mit Ihrer Krankenkasse.

Kostenübernahme

Wer übernimmt die Kosten für eine Psychotherapie?

Bei allen gesetzlichen und auch den meisten privaten Krankenkassen und Beihilfestellen handelt es sich bei der Psychotherapie um eine antragspflichtige Leistung, die von dafür zugelassenen Vertragsärzten oder -psychotherapeuten erbracht wird. Erstattungsfähig sind in der Regel nur Richtlinienverfahren (Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Psychoanalyse, Verhaltenstherapie).

In der Regel wird der Antrag an die Krankenkasse zur Kostenübernahme nach drei oder vier (maximal fünf) probatorischen Sitzungen („Vorgesprächen“) gestellt. Die bewilligungsfähige Stundenzahl beträgt höchstens 100 Einzelbehandlungen (in der Psychoanalyse eventuell auch mehr), die sich jedoch in verschiedene Behandlungsabschnitte aufteilen und immer wieder neu beantragt werden müssen. Die Formulierung des Antrags erfolgt durch den Therapeuten, den der Patient dafür gegenüber der Krankenkasse von seiner Schweigepflicht entbinden muss.

Als gesetzlich Versicherter benötigen Sie also beim Gang zum Psychotherapeuten Ihre Krankenkassenkarte und eine Überweisung (in der Regel vom Hausarzt). Als Privatversicherter sollten Sie vorher bei ihrer Krankenkasse nachfragen, unter welchen Bedingungen die psychotherapeutische Behandlung erstattet und ob eventuell eine Zuzahlung erforderlich wird.

Als Beihilfeversicherter empfiehlt es sich, rechtzeitig ein entsprechendes Antragsformular anzufordern und die Kostenübernahme spätestens vor Ablauf des fünften Vorgesprächs zu beantragen. Rückwirkende Anträge werden nicht anerkannt.

Nicht immer übernimmt die Krankenkasse die Kosten

Wann bezahlt die Krankenkasse eine Psychotherapie?

Es muss eine psychische Störung vorliegen, die von den Krankenkassen als solche anerkannt ist. Ob das der Fall ist, kann ein Facharzt, Psychiater oder anerkannter Psychotherapeut feststellen.

Zu den psychischen Störungen mit sogenanntem Krankheitswert gehören zum Beispiel

  • Suchtkrankheiten,
  • wahnhafte Störungen wie schizophrene oder psychotische Störungen,
  • Angst- und Zwangsstörungen,
  • Depressionen,
  • manische oder hypomanische Störungen,
  • Essstörungen,
  • Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen,
  • psychosomatische Störungen
  • und andere mehr.

Nur drei Verfahren werden sicher erstattet

Dabei sind kristallklare Abgrenzungen kaum möglich. Oft kommt nicht eine Störung alleine vor, sondern es zeigt sich eine Kombination aus verschiedenen Symptomen. Jedoch steht meist eine Symptomatik erkennbar im Vordergrund.

Hinzu kommt, dass die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland aktuell nur drei Verfahrensrichtungen der Psychotherapie bezahlen: analytische, tiefenpsychologische und verhaltenstherapeutische Verfahren. Aber es gibt Ausnahmen auf dem Weg außervertraglicher Kostenerstattungsverfahren als sogenannte Kulanzregelungen. Darüber kann man mit der Krankenkasse offen sprechen.

Warum ist die Gesprächpsychotherapie keine Kassenleistung mehr?

Das ist nicht ganz einfach zu beantworten. Die Gesprächspsychotherapie wurde in Deutschland durch Prof. Reinhard Tausch und Annemarie Tausch bekannt gemacht. Das Verfahren selbst ist durch den Psychologen und Psychotherapeuten Carl R. Rogers begründet worden.

Unter dem Namen Klientenzentrierte Psychotherapie und später Personzentrierte Psychotherapie hat Rogers die Wirksamkeit des Psychotherapieverfahrens jahrzehntelang erforscht und ihre Wirksamkeit für viele Störungen nachgewiesen.

Verschiedene Experten – verschiedene Meinungen

Die Gesprächspsychotherapie gehört damit zu einer der am weitesten erforschten Therapieformen und ist entsprechend wissenschaftlich anerkannt. In vielen Ländern der Welt gehört dieses Verfahren deshalb zu den gängigsten Psychotherapieverfahren.

Nur in Deutschland ist das anders. Mit dem Psychotherapeutengesetz von 1999 wurde die Gesprächspsychotherapie durch den Gemeinsamen Bundesausschuss ausgeschlossen. Dagegen hat der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie, der die Gutachten zur wissenschaftlichen Anerkennung von Psychotherapieverfahren erstellt, die Wirksamkeit der Gesprächspsychotherapie bestätigt.

Rechtsstreit dauert bis heute an

Der Rechtsstreit über die Anerkennung dauert bis heute an – sowie der Ausschluss dieses Therapieverfahrens bis heute fragwürdig bleibt. Viele kassenzugelassene Psychologische Psychotherapeuten haben die Gesprächspsychotherapie noch an Universitäten gelernt und wenden sie auch an. Obwohl sie diese nur noch über anderen Verfahren mit abrechnen können.

Positive Entwicklung

Eine positive Entwicklung ist, dass die Gesprächspsychotherapie oder Personzentrierte Psychotherapie und ihre Prinzipien über den therapeutischen Rahmen hinaus weiter entwickelt wurde zum Personzentrierten Ansatz (PZA). Der PZA wird längst in psychosozialen oder psychologischen Beratungen, in Institutionen oder in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen erfolgreich von ausgebildeten und zertifizierten Beratern angewendet. In Deutschland kann personzentrierte Beratung zum Beispiel an der Evangelischen Fachhochschule Bochum als Masterstudiengang oder an der Katholischen Hochschule Freiburg als Zusatzlehrgang absolviert werden.

Die Erfolgsgeschichte des PZA hängt damit zusammen, dass sich die personzentrierte Beratung als ein Hilfeverfahren auf die klinische Forschung eines wissenschaftlich anerkannten Heilverfahrens berufen kann. Entsprechend legen die Ausbildungsinstitute oder Hochschulen Wert darauf, dass die Ausbildung daran angelehnt wird. So arbeiten Personzentrierte Berater wie Gesprächspsychotherapeuten nach dem Prinzip der konstruktiven Beziehungsgestaltung, mit einer radikalen Zuwendung zur Person unter Einbeziehung des Umfeldes. Diese Herangehensweise findet auf der Basis bestimmter Grundeinstellungen statt, die auch die Basis der gesprächspsychotherapeutischen Arbeit sind. Sie haben viel weniger mit Technik zu tun, als mit der humanistischen Lebenseinstellung und entsprechenden Erfahrung des Beraters oder Therapeuten.

Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN), Leitlinienprogramm Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF), verfügbar unter: https://www.awmf.org/leitlinien/aktuelle-leitlinien/ll-liste/deutsche-gesellschaft-fuer-psychiatrie-psychotherapie-und-nervenheilkunde-dgppn.html

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Autoren unseres Artikels
 

Christa Kosmala
Psychologin / medizinische Fachautorin

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Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Dr. Hubertus Glaser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

Dr. Hubertus Glaser
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

    Studium:
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag
  • freiberuflich als Entwickler, Berater und Publizist

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Medizinische Prüfung
des Artikels
Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

Medizinisch geprüft von
Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
    Berufliche Stationen:
  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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Haupt-Autorin
Christa Kosmala
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