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Dem Rosenwurz (Rhodiola rosea) wird eine ganze Reihe an gesundheitsfördernden Eigenschaften nachgesagt, von einer allgemeinen Stärkung des Körpers bis hin zur Steigerung der Fruchtbarkeit. Einiges davon mag Mythos sein, ist zumindest noch nicht wissenschaftlich bewiesen. Aber dass Rosenwurz die Widerstandsfähigkeit gegen Stress und Überlastungen erhöht, ist wissenschaftlich recht gut belegt.

Wirkung

Der Rosenwurz enthält sogenannte Adaptogene (das Wort leitet sich von dem Englischen „to adapt“ ab, was übersetzt „sich anpassen“ heißt). Das sind Pflanzenstoffe, die dabei helfen, dass wir uns – sowohl körperlich als auch psychisch – besser auf belastende Situationen einstellen können. Der Begriff "Adaptogen" wurde Mitte der 50er Jahre von dem russischen Wissenschaftler Nicolai Vasilevich Lazarev geprägt, der erstmals solche Wirkmechanismen bestimmter pflanzlicher Wirkstoffe postulierte und auch nachwies.

Zugleich werden dem Rosenwurz stimulierende Eigenschaften nachgesagt. 

Wirkweise von Rhodiola

Wie macht der Rosenwurz das nun? Es gibt dazu wissenschaftliche Untersuchungsergebnisse aus Skandinavien oder Russland, wo die Arzneipflanze schon sehr viel länger bekannt und im Gebrauch ist. Diesen Untersuchungen zufolge deutet einiges darauf hin, dass Rosenwurz-Extrakte die sogenannten Neurotransmitter im Gehirn beeinflussen. Also Botenstoffe wie Serotonin, Endorphine (die "Glückshormone") oder Dopamin. Und zwar dergestalt, dass sowohl die geistige Leistungsfähigkeit als auch die Stimmung und Belastbarkeit zunehmen.

Möglicherweise wird das Enzym Monoamin-Oxidase (MAO) gehemmt und dadurch ein stärkerer Eintritt dieser Botenstoffe ins Gehirn ermöglicht. Synthetisch hergestellte MAO-Hemmer gehören zu den Klassikern in der Depressions-Behandlung, was ja ganz gut zu dieser Theorie passen würde.

Außerhalb des Gehirns gibt es Hinweise darauf, dass Rosenwurz-Extrakte die Ausschüttung von Stresshormonen einschränken. Solche Stresshormone erhöhen zwar kurzfristig die Alarmbereitschaft des Körpers, führen aber auf Dauer auch zu chronischer Erschöpfung.

Zusätzlicher Aufputscheffekt?

Darüber hinaus mobilisiert Rosenwurz offenbar körpereigene Energiequellen, so dass die Widerstandskräfte aufleben. Im Mittelpunkt steht hier Adenosintriphosphat, kurz ATP. Die Zellen brauchen jede Menge davon, um ihre Arbeit machen zu können.

Wenn das alles stimmt (die Studienlage ist noch zu dünn, um das endgültig bestätigen zu können), beeinflusst Rosenwurz die Stressverarbeitung gleich doppelt:

  • Regulierung des Stresshormonspiegels (vermuteter Effekt: mehr Gelassenheit in Belastungsphasen) 
  • Aktivierung körpereigener Energieträger (vermuteter Effekt: mehr Energie bei Müdigkeit und Erschöpfung

Welche Wirkstoffe enthält Rosenwurz?

Die medizinisch genutzten Inhaltsstoffe des Rosenwurz sitzen in dessen Wurzel. Noch korrekter in dessen Rhizom, was botanisch etwas anderes ist als eine Wurzel, aber so genau wollen wir es hier nicht nehmen. Die Wurzel ist es übrigens auch, die so angenehm nach Rosen duftet und der Pflanze ihren Namen gab. Daraus gewonnene Extrakte enthalten Glykoside (z.B. Rosavin, Salidrosid, Tyrosol), Flavonoide, Terpene und Gerbstoffe. Letztlich ist es wohl die spezielle Kombination, die die Eigenschaften des Rosenwurzes ausmacht.

Folgende Einzel-Bestandteile wurden identifiziert:

  • Rosavin: gehört chemisch zu den Glykosiden, und hier zu den Phenylpropan-Derivaten
  • Salidrosid (Rhodiolosid): gehört chemisch zu den Glykosiden, und hier zu den Phenylethyl-Derivaten
  • p-Tyrosol: gehört chemisch zur gleichen Gruppe wie Salidrosid
  • verschiedene Flavonoide
  • verschiedene Terpene
  • Gerbstoffe

Gibt es Studien, die die Wirkung von Rhodiola nachgewiesen haben?

Ja. Verschiedene Studien bescheinigen dem Rosenwurz positive Effekte auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit sowie auf einige psychische Erkrankungen. Schauen wir uns das exemplarisch an.

Ermüdungserscheinungen verringert

In einer Erhebung waren die Probanden junge, gesunde Ärzte, bei denen die Wirkung von Rosenwurz auf die Müdigkeit bei Nachtschichten getestet wurde. Vor und nach dem Nachtdienst wurden beispielsweise Kurzzeitgedächtnis und Konzentrationsfähigkeit geprüft und bewertet. Die Teilnehmer, die ein Rhodiola-Extrakt bekommen hatten, schnitten signifikant besser ab als die Probanden der Placebo-Gruppe. Nach Einschätzung der Forscher zeigen die Ergebnisse, dass Rosenwurz die Ermüdungserscheinungen in Stresssituationen verringern kann.

Aufmerksamkeit gestiegen

In einer anderen Studie ging es um erwachsene Frauen, die selbst angaben, sich über einen längeren Zeitraum gestresst zu fühlen und unter einer psychischen Belastung zu leiden. Diesmal wurde nur eine Einzeldosis eines Rosenwurz-Extraktes bzw. eines Scheinmedikaments verabreicht. Schon zwei Stunden später testeten die Studienleiter, wie schnell, aufmerksam und genau die Frauen bestimmte Aufgaben erledigten. Und auch hier zeigten sich positive Ergebnisse in der Rosenwurz-Gruppe. Die Probandinnen machten weniger Fehler und waren sorgfältiger.

Auch bei schweren Erkrankungen?

Spannend ist eine Erhebung mit Menschen, die wegen einer lebensbedrohlichen Krankheit in einer belastenden Situation waren. Sie erhielten vier Wochen lang zweimal täglich 200 mg eines Rhodiola-Extraktes. Insgesamt waren es rund 100 Teilnehmer. Die Stress-Symptome ließen deutlich nach. Allerdings gab es hier keine Kontrollgruppe – also keinen Vergleich mit Menschen, die nur ein Scheinmedikament bekommen hatten.

Werden Rosenwurz-Präparate auch offiziell empfohlen?

Die europäische Arzneimittelagentur fordert zwar noch weitere, größere Studien, schätzt den Rosenwurz aber als potentiell effektives Mittel ein, um Stress, Schwächegefühle und Erschöpfung zu mindern. Damit erfährt der Rosenwurz also auch von offizieller Seite Anerkennung. In einem Artikel der Deutschen Medizinischen Wochenschrift von 2017 wird Rhodiola außerdem als mögliches Mittel genannt, um eine chronische Erschöpfung (Fatigue) im Zuge einer Krebs-Erkrankung zu lindern.

Stimmt es, dass Rosenwurz auch die Fruchtbarkeit erhöht?

Wenn man in sibirische Bergdörfer fährt und dort bei den Einheimischen nachfragt, ist die Antwort eindeutig: Ja! Der Rosenwurz ist hier nicht nur als Stärkungsmittel bekannt und populär, sondern auch als Fruchtbarkeitsspender. So ist es zum Beispiel ein üblicher Brauch, Hochzeitspaaren ein Gesteck aus Rosenwurz-Wurzeln zu schenken, weil allein dessen Duft die Fruchtbarkeit und die Geburt gesunder Kinder fördert. Da man aber gemeinhin eher selten in die sibirischen Berge kommt, fügen wir noch einige wissenschaftliche Erkenntnisse hinzu.

Keine seriösen Studien vorhanden, kann also sein, kann auch nicht sein

Eine wirklich ernstzunehmende Studie, die sich diesem Thema widmet und alle streng-wissenschaftlichen Kriterien eingehalten hat, gibt es bisher nicht. Bewiesen ist eine solche Fruchtbarkeitswirkung der Rosenwurz-Pflanze also nicht.

Bei unseren Recherchen sind wir auf eine einzige Untersuchung gestoßen, die sich mit der Einnahme von Rosenwurz-Extrakten bei Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch beschäftigt hat. Die Ergebnisse klingen vielversprechend (von 40 Frauen mit Amenorrhoe, also einer ausbleibenden Monatsblutung ohne Schwangerschaft, bekamen 25 nach Rosenwurz-Einnahme wieder ihre Regel, 11 wurden schwanger), sind aber so fragmentarisch dokumentiert, dass man daraus keine Aussage ableiten kann. So ist zum Beispiel völlig unklar, ob die Frauen nicht auch ohne Rosenwurz ihre Regel wieder bekommen hätten, weil es keine Vergleichsgruppe mit Plazebo gab.

Fazit:

Eine Steigerung der Fruchtbarkeit durch Rosenwurz-Extrakte ist nicht nachgewiesen. Allerdings auch nicht das Gegenteil. Und vielleicht haben die Menschen in den sibirischen Bergdörfern, die den Rosenwurz seit Jahrhunderten nutzen, ja doch Recht.

Wie wird Rhodiola (Rosenwurz) am besten eingenommen?

Wer Präparate oder Nahrungsergänzungsmittel mit Rhodiola gegen Stress und Überlastung einnimmt, sollte dies am besten morgens und mittags tun. Die meisten Hersteller empfehlen zwei Tabletten pro Tag.

Entscheidend ist neben der Tageszeit aber vor allem die Dauer der Anwendung. Wie bei fast allen pflanzlichen Stoffen entfaltet auch Rosenwurz sein volles Potenzial nicht sofort, sondern auf lange Sicht. Um also einen nachhaltigen Effekt gegen Stress, Burnout oder Überlastungsgefühle zu erreichen, wird die Anwendung über einen längeren Zeitraum empfohlen.

Wann sollte auf Rosenwurz-Präparate besser verzichtet werden?

Nach allem, was man weiß, sind Rosenwurz-Präparate so gut wie nebenwirkungsfrei. Dennoch wird davon abgeraten, Arzneimittel oder Nahrungsergänzungsmittel mit Rosenwurz während der Schwangerschaft und Stillzeit zu verzehren. Rhodiola-Präparate wurden bei Schwangeren oder in der Stillzeit nicht explizit getestet, so dass hier keine Erfahrungen vorliegen.

Dasselbe gilt für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Nicht, weil hier schon etwas passiert wäre, sondern aus purer Vorsicht, weil es hier so gut wie keine Erfahrungen oder gar wissenschaftliche Daten gibt.

Bei eingeschränkter Leberfunktion oder Nierenschäden sollten Sie Rosenwurz zur Sicherheit ebenfalls nicht verwenden. Und das Gleiche gilt natürlich, wenn jemals zuvor Überempfindlichkeitsreaktionen gegen diese Pflanzenstoffe aufgetreten sind, was allerdings sehr selten ist.

Wo und wie wächst die Heilpflanze Rosenwurz?

Der Rosenwurz gehört zu den sogenannten Dickblattgewächsen. Biologen nennen diese Pflanzengattung Crassulaceae (aber das muss man sich nicht merken). Es handelt sich um einen flachen Strauch mit einer Höhe von meist nicht mehr als 20 cm, der aufgrund seiner Struktur ideal an kältere Regionen angepasst ist. So wächst denn Rosenwurz auch in allen Kältezonen der Erde, insbesondere auf der Nordhalbkugel. Der Umstand, dass er vor allem in Skandinavien und Russland bekannt ist, ist also kein Zufall.

Sehr widerstandsfähig

Der Rosenwurz hat eine gewisse Neigung, sich die Sache nicht leicht zu machen. Felsspalten oder Schotterflächen sind typische Standorte. Er trotzt also widrigen Bedingungen.

Seinen Namen trägt der Rosenwurz übrigens, weil seine knollenartigen Wurzeln nach Rosen duften. Biologisch heißt die Pflanze Rhodiola rosea.

Rosenwurz blüht von Mai bis August. In welcher Farbe der Rosenwurz-Busch blüht, hängt von seinem Geschlecht ab: Weibliche Blüten sind zunächst gelb, später rot-orange, männliche Blüten gehen eher ins violette oder purpurfarbene. 

Was bedeutet "schwedische Formel" gegen Stress?

Die Bezeichnung "schwedische Formel gegen Stress" ist entstanden, weil der Einsatz von Rosenwurz in Schweden eine lange Tradition hat. Seit Jahrhunderten wird die Heilpflanze dort zur Besserung von Müdigkeit und Erschöpfungszuständen eingesetzt.

Quellen:

  • Amsterdam JD, Panossian AG: Rhodiola rosea L. as a putative botanical antidepressant. Phytomedicine. 2016 Jun 15;23(7):770-83.
  • Aslanyan G et al.: Double-blind, placebo-controlled, randomised study of single dose effects of ADAPT-232 on cognitive functions. Phytomedicine, 2010, 17(7), 494-9.
  • Darbinyan V et al.: Rhodiola rosea in stress induced fatigue--a double blind cross-over study of a standardized extract SHR-5 with a repeated low-dose regimen on the mental performance of healthy physicians during night duty. Phytomedicine. 2000 Oct;7(5):365-71.
  • Edwards D et al.: Therapeutic effects and safety of Rhodiola rosea extract WS® 1375 in subjects with life-stress symptoms--results of an open-label study. Phytother Res. 2012 Aug;26(8):1220-5.
  • Hung SK et al.: The effectiveness and efficacy of Rhodiola rosea L.: a systematic review of randomized clinical trials. Phytomedicine. 2011 Feb 15;18(4):235-44.
  • Olsson EM et al.: A randomised, double-blind, placebo-controlled, parallel-group study of the standardised extract shr-5 of the roots of Rhodiola rosea in the treatment of subjects with stress-related fatigue. Planta Med. 2009 Feb;75(2):105-12.

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Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Jörg Zorn, Arzt / medizinischer Fachautor

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt / medizinischer Fachautor

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
    Berufliche Stationen:
  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Anna Brockdorff, Heilpraktikerin / medizinische Fachautorin

Anna Brockdorff
Heilpraktikerin / medizinische Fachautorin

    Studium:
  • Publizistik-Studium
  • Heilpraktiker-Ausbildung
    Berufliche Stationen:
  • Autorin für Heilpraktiker-Prüfungstrainer
  • Autorin, Redakteurin und Moderatorin für Gesundheitssendungen

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Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

Medizinisch geprüft von
Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
    Berufliche Stationen:
  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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