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Ginkgo biloba ist ein Spezialextrakt, der aus den Blättern des Ginkgo-Baumes hergestellt wird. In der traditionellen chinesischen Medizin wird Ginkgo bereits seit Jahrhunderten, in der westlichen Schulmedizin seit einigen Jahrzehnten eingesetzt. Am bekanntesten ist Ginkgo als Mittel gegen Gedächtnisschwund und beginnende Demenz.

Die wichtigsten Fragen zu Ginkgo biloba beantworten wir im folgenden Beitrag.

Wirkung

Auf welche Weise wirkt Ginkgo?

Verantwortlich für die erwünschten Wirkungen der Ginkgo-Spezialextrakte sind die angereicherten Substanzgemische aus Flavonoiden und Terpenoiden. Letztere finden sich in spezifischer Form als Ginkolide und Bilobalide nur in der Ginkgo-Pflanze. Manche Wirkungen können einzelnen Substanzgruppen direkt zugeordnet werden, beispielsweise die entzündungshemmenden Eigenschaften der Flavonoide als Radikalfänger und Blockierer des plättchen-aktivierenden Faktor s(PAF).

Durchblutung und Nerven werden gestärkt

Andere Wirkmechanismen ergeben sich offenbar aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Inhaltsstoffe. Wahrscheinlich haben die Ginkgo-Wirkstoffe in Kombination Einfluss auf die Übersetzung von Erbsubstanz in Wirkproteine (Genexpression). Beobachtet werden günstige Effekte auf die Fließeigenschaften des Blutes und die Durchblutung sowie auf den Nervenzellschutz. Ginkgo verbessert zudem die Funktion von Gehirnbotenstoffen. Das wirkt sich auch positiv auf Gedächtnis, Konzentration und Lernen aus, also auf typische kognitive Fähigkeiten, die im Alter tendenziell nachlassen.

Unterschiedliche Studienergebnisse lassen allerdings die therapeutische Relevanz für die Gedächtnisleistung und die Demenzbehandlung, wie bereits erwähnt, fraglich erscheinen.

Zu den Anwendungsgebieten von Ginkgo-Präparaten zählen (mit den oben erwähnten Einschränkungen):

  • hirnorganische Leistungsstörung (Demenz)
  • Konzentrationsstörung
  • depressive Verstimmung, Depression
  • Schwindel
  • Ohrensausen (Tinnitus)
  • Kopfschmerzen
  • periphere arterielle Durchblutungsstörungen, Schaufensterkrankheit (Claudicatio intermittens)
  • Venenerkrankungen

Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer Einsatzmöglichkeiten, vor allem in der traditionellen chinesischen Medizin, die nicht nur von den Blättern, sondern auch von Samen und Wurzeln des Ginkgobaumes Gebrauch macht.

Bei welchen Erkrankungen oder Beschwerden kann Ginkgo helfen?

Sowohl die in Ginkgo enthaltenen Substanzen als auch seine Anwendungsgebiete sind vielfältig. Zahlreiche therapeutisch relevante Effekte sind wissenschaftlich belegt. Dabei gibt es eine merkwürdige Entwicklung bezüglich der Bewertung von Ginkgo: zunächst dominierte Euphorie, dann mit zunehmender Fülle und Auswertung der Daten zur Ginkgo-Therapie eher Ernüchterung, und nun aufgrund noch aktuellerer Studien wieder eine recht positive Bewertung (s.u.).

Fest steht: Bei schweren Erkrankungen wie

darf man keine Wunderdinge erwarten. Besser sieht es mit dem wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis bei beginnender Demenz und auch bei Ohrgeräuschen (Tinnitus) aus.

Hilft Ginkgo bei Demenz oder Alzheimer?

Das ist umstritten. Es gibt eine ganze Reihe von Studien, die keinen Effekt von Ginkgo-Präparaten auf eine Demenz nachweisen konnten. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft äußerte sich vor ein paar Jahren noch skeptisch bis ablehnend. Zur Vorbeugung oder Behandlung der ausgewachsenen Demenz schien Ginkgo nach damaliger Studienlage nicht zu nutzen. Zumindest war dieser Effekt nicht eindeutig nachweisbar. 

Mittlerweile aber ist das Urteil positiver. Vier kürzlich publizierte Metaanalysen zu einem hochdosierten Ginkgo-Spezialextrakt (Solfrizzi, Panza 2014; Yang et al. 2014; Hashiguchi et al. 2015; Gauthier, Schlaefke 2015; Tan et al. 2015) ergaben, dass Ginkgo in dieser Form Aufmerksamkeit und Gedächtnis bei Demenz verbessern kann. Voraussetzung allerdings: eine Dosis von 240 mg pro Tag und eine Behandlungsdauer von mindestens einem halben Jahr.

In den aktuellen Leitlinien der zuständigen medizinischen Fachgesellschaften wird Ginkgo in der Hochdosis-Variante nun als Kombinations-Medikament zusätzlich zu anderen Wirkstoffen empfohlen. 

Warum überhaupt Ginkgo gegen Demenz?

Medikamente mit Ginkgo enthalten einen Pflanzenextrakt aus den Blättern des Ginkgo biloba, einem asiatischen Baum. Der Heilpflanze werden vor allem durchblutungsfördernde Effekte zugeschrieben. Bei einer (beginnenden) Demenz sind Ginkgo-Präparate deshalb vor allem dann eine Option, wenn die Ursache eine Durchblutungsstörung ist (die sogenannte vaskuläre Demenz oder klassische Altersvergesslichkeit).

Zur Geschichte: Der Ginkgo-Baum stammt ursprünglich aus China. Schon dort war er wegen seiner durchblutungssteigernden Wirkung bekannt. 

Was bringt die Einnahme von Ginkgo bei Multipler Sklerose?

Die renommierte American Academy of Neurology (kurz AAN) spricht in ihren Richtlinien, veröffentlicht im Jahr 2014, dem Extrakt des Ginkgo biloba durchaus Potenzial zu, wenn es um die Behandlung der Multiplen Sklerose geht. Allerdings sieht die AAN die Chancen nicht etwa darin, durch entsprechende Extrakte die Gedächtnisleistung zu verbessern. Vielmehr punktet der Ginkgo demnach im Kampf gegen die oft bleierne und lähmende Müdigkeit (Fatigue), die im Zuge einer MS-Erkrankung auftreten kann.

In einer kleinen Studie aus dem Jahr 2006 wurden mit 4x60 mg eines Ginkgo-Extraktes (also eine Tagesdosis von 240 mg) signifikante Verbesserungen der Fatigue im Vergleich zu einem Plazebo erreicht. Eine andere Studie prüfte die Gedächtnisleistungen unter der Behandlung mit Ginkgo und zeigte keine Verbesserungen bei den MS-Patienten. Insgesamt ist hier die Datenlage trotz der AAN-Empfehlung noch etwas diffus.

Hilft Ginkgo biloba gegen Erektionsstörungen?

Das ist unklar. Es gibt keine einzige Studie, die eine Wirkung von Ginkgo biloba bei Erektionsstörungen systematisch untersucht hat. Wer auch immer mit Gewissheit behauptet, die Arzneipflanze helfe bei Potenzproblemen, befindet sich also auf dünnem Eis. Das gilt allerdings auch für diejenigen, die das Gegenteil behaupten.

Völlig aus der Luft gegriffen ist die Annahme, Ginkgo-Extrakte seien gut für die Potenz, allerdings nicht. Denn fest steht, dass die Heilpflanze die Durchblutung verbessert. Und zumindest bei Erektionsproblemen im gehobenen Erwachsenenalter sind in den allermeisten Fällen Durchblutungsstörungen die Ursache.

Wie lange muss man Ginkgo einnehmen, bis es wirkt?

Die Wirkung von Ginkgo-Medikamenten setzt üblicherweise erst nach mehreren Wochen ein. Bei der Vorbeugung oder Behandlung einer Demenzerkrankung ist zwar nach gegenwärtigem Kenntnisstand ihre Wirksamkeit insgesamt fraglich. In jedem Fall gilt aber eine Behandlungsdauer von mindestens acht Wochen als erforderlich, um damit Hirnleistungsstörungen günstig beeinflussen zu können. Der Effekt sollte nach drei Monaten überprüft und die Anwendung dann ggf. fortgesetzt werden.

Für die Therapie arterieller Durchblutungsstörungen gilt Ähnliches wie für die Demenz. Es ist frühestens nach sechs Wochen mit einer Besserung zu rechnen.

Bei Schwindel und Ohrgeräuschen (Tinnitus) sprechen die wissenschaftlichen Daten bisher deutlicher für eine tatsächliche Wirksamkeit der Ginkgo-Präparate. Allerdings auch dafür, dass eine Behandlungsdauer von mehr als 6-8 Wochen keinen nachweisbaren Nutzen mehr bringt.

Welches Ginkgo-Präparat soll ich kaufen? 

Es gibt zahlreiche verschiedene Ginkgo-Produkte auf dem Markt und es ist fast unmöglich, eines hervorzuheben. Apotheken empfehlen nicht selten dasjenige Präparat, bei dem besonders "gute Beziehungen" zum Hersteller bestehen, Ärzte stehen dem in nichts nach.  

Präparate mit Ginkgo sind unter anderem:

  • zahlreiche Präparate mit dem Vor- oder Nachnamen Ginkgo
  • Duogink®
  • Geriaforce®
  • Gingiloba®
  • Gingium®
  • Gingobeta®
  • Ginkobil®
  • Kaveri®
  • Rökan®
  • Tebonin®

Noch ein Extra-Tipp:
Mit den richtigen Mikronährstoffen können Sie viel für Ihre Gesundheit tun.
Unsere Empfehlungen dazu finden Sie hier.

Quellen:

  • JAMA 2008;300(19):2253-2262.
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.
  • Cochrane Database of Systematic Reviews 2007, Issue 2. Art. No.: CD003120. DOI: 10.1002/14651858.CD003120.pub2.
  • Johnson SK et al.: The effect of Ginkgo biloba on functional measures in multiple sclerosis: a pilot randomized controlled trial. Explore (NY). 2006 Jan;2(1):19-24..
  • Lovera JF et al.: Ginkgo biloba does not improve cognitive function in MS: a randomized placebo-controlled trial. Neurology. 2012 Sep 18;79(12):1278-84.
  • www.aerztezeitung.de.
  • Yadav V et al.: Summary of evidence-based guideline: complementary and alternative medicine in multiple sclerosis: report of the guideline development subcommittee of the American Academy of Neurology. Neurology. 2014 Mar 25;82(12):1083-92.
  • Kaschel R. Pharm Unserer Zeit. 2009;38(5):432-9.
  • Hamann KF. HNO. 2007 Apr;55(4):258-63.
  • Morgenstern C, Biermann E. MMW - Fortschritte der Medizin 1997: 115 (IV): 7 - 11.

Haben Sie eigene Erfahrungen oder eine andere Meinung? Dann schreiben Sie doch einen Kommentar (bitte Regeln beachten)

Kommentare

Kommentare: Archiv

Ginkgo bei Demenz
Dienstag, den 18. September 2018 um 20:21 Uhr, Wolfgang Wagner
Es wäre hilfreich, wenn der Autor darauf hingewiesen hätte, dass Ginkgo seit zwei Jahren in der S3-Richtlinie der medizinischen Fachgesellschaften als einer von drei (kombinierbaren) Behandlungswegen aufgeführt wird. Das gilt allerdings nur für eine Darbietung, die ausschließlich dem Produkt Tebonin 240 konzent entspricht.

Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

Dr. med. Jörg Zorn
Arzt

    Studium:
  • Universitätsklinik Marburg
  • Ludwig-Maximilians-Universität in München
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  • Asklepios Klinik St. Georg, Hamburg
  • Medizinischer Chefredakteur im wissenschaftlichen Springer-Verlag

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Anna Brockdorff, Heilpraktikerin / medizinische Fachautorin

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Heilpraktikerin / medizinische Fachautorin

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  • Publizistik-Studium
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Dr. Hubertus Glaser, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gesundheit e.V. (DEUGE) und medizinischer Fachautor

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Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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Dr. med. Monika Steiner
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  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
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  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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