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Was ist Baricitinib (Olumiant®) für ein Medikament? Wie wirkt es bei Rheuma und bei der atopischen Dermatitis (Neurodermitis)? Welche Nebenwirkungen können eintreten? Im folgenden Beitrag finden Sie Fragen und Antworten zum Wirkstoff Baricitinib.

Wirkung

Wie wirkt Baricitinib (Olumiant) gegen rheumatoide Arthritis?

Baricitinib (Handelsname Olumiant®) ist ein ein sogenannter Januskinasen-Inhibitor. Das heißt übersetzt, der Wirkstoff hemmt bestimmte Eiweiße (Proteine), die an Entzündungsvorgängen im Körper beteiligt sind. Auf diese Weise kann das Medikament auch rheumatische Beschwerden lindern.

Das war die Kurzform. Wer es ausführlicher mag:

Sie stehen an der Eingangspforte im Inneren der Zelle, nehmen Signale von außen entgegen und leiten sie in die Zelle weiter: Januskinasen (JAK) sind kleine Eiweiße, die im Rahmen des Entzündungsgeschehens im Körper eine wichtige Schlüsselrolle einnehmen. Denn das Signal, das die Zelle erreicht, löst eine ganze Kaskade an Reaktionen aus, die letztlich zu den typischen unangenehmen Erscheinungen bei Rheuma führen: geschwollene Gelenke, Schmerzen und irgendwann womöglich sogar Funktionseinbußen und Fehlstellungen.

Derart ausgeprägte Formen einer rheumatoiden Arthritis sind heutzutage allerdings erfreulicherweise selten geworden. Zwar ist die Erkrankung nach wie vor nicht heilbar; doch es gibt immer mehr Medikamente, die die zerstörerischen Prozesse eindämmen und den Verlauf damit deutlich lindern können.

Neues Wirkprinzip: Hemmung der JAK-Enzyme

Ein recht neuer Kandidat ist dabei Olumiant®, ein Wirkstoff, der eben jene Überbringer der Botschaften, die Januskinasen, blockiert und die Weiterleitung des Signals versagt. Die entfesselten Entzündungsreaktionen werden damit unterdrückt.

Anders als Tofacitinib, ebenfalls ein Vertreter der Januskinasen, ist Baricitinib noch sehr neu auf dem Markt. Es gibt daher noch wenig Erfahrungen zu den längerfristigen Wirkungen und vor allem Risiken. Allerdings könnte der Wirkstoff hier gegenüber Tofacitinib im Vorteil zu sein. Denn Baricitinib hemmt zwar auch mehrere Januskinasen, nämlich JAK-1 und JAK-2. Im Gegensatz zu seinem Partner lässt er jedoch die Nummer 3 aus.

Wirksam in Kombination und alleine

Gegenüber bisherigen biologischen Medikamenten konnte sich Olumiant® in Studien behaupten. Sowohl die Krankheitsaktivität als auch die Lebensqualität besserten sich deutlich unter der Behandlung, ohne dass das Risiko für Infektionen gegenüber dem Vergleichsmedikament erhöht war.

Anders als Tofacitinib, das in der Regel nur in Kombination mit Methotrexat, einem altbewährten Rheumamittel, vorgesehen ist, kann Baricitinib auch alleine gegeben werden. Es verbleibt recht lange im Körper und muss daher nur einmal täglich eingenommen werden.

Wie wirkt Baricitinib (Olumiant) gegen Neurodermitis?

Baricitinib verbessert nicht nur deutlich und anhaltend die Hauterscheinungen der Neurodermitis; es wirkt vor allem auch schnell gegen typische Begleitsymptome wie Juckreiz und Schlafstörungen.

Das wird durch erreicht durch eine Hemmung der sogenannten Januskinasen. Ihren Namen haben die Januskinasen (JAK) von Janus, dem römischen Gott der Türen und Tore mit seinen zwei Gesichtern in jede Richtung. Die Januskinasen liegen am Eingang der Zelle und leiten Signale, die von außen an die Zelle gelangen, nach innen weiter. Dadurch wird eine ganze Kaskade an Reaktionen in Gang gesetzt, die letztlich die Entzündung anfachen.

Indem Baricitinib diese Türwächter blockiert, greift es ins Immunsystem ein und dämmt die Entzündungsreaktion. Dabei nimmt es sich ganz gezielt nur bestimmte Januskinasen vor, nämlich vorwiegend JAK1 und JAK2. Dazu muss man wissen: Je ausgewählter das Ziel, umso präziser auch die Wirkung.

Neurodermitis: Für wen ist Olumiant geeignet?

Olumiant hat seit November 2020 die Zulassung für die Behandlung der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis (Neurodermitis) bei Erwachsenen. Das Arzneimittel wird bereits seit 2017 in der Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetzt.

Bei der atopischen Dermatitis kommt das Medikament dann in Frage, wenn eine topische Therapie (auf der Haut) allein nicht ausreicht. Die äußerliche Behandlung mit Kortison kann dabei weitergeführt oder ganz abgesetzt werden.

Für besonders Geplagte

Baricitinib hilft aber nicht nur gegen die Hautbeschwerden. Es wird auch dann eingesetzt, wenn die Begleitsymptome der atopischen Dermatitis nicht in den Griff zu bekommen sind.

Mehr als vielleicht manch andere Hauterkrankung beeinträchtigt die atopische Dermatitis den Alltag der Betroffenen nämlich auf vielfältige Weise. Neben den klassischen Hautekzemen sind hauptsächlich der permanente Juckreiz und die Schmerzen sowie der damit einhergehende Schlafmangel und die eingeschränkte Leistungsfähigkeit stark belastend.

In den bisherigen Studien zeigte sich zudem unter der Behandlung mit Baricitinib von Anfang an eine schnelle Juckreizverbesserung sowie damit einhergehend ein besseres Durchschlafen. Ein positiver Effekt, der sich vor allem auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirkt.

Einnahme

Wie wird Olumiant eingenommen?

Einfach – 1 Tablette, 1x täglich

Olumiant® wird als Tablette einmal täglich eingenommen – und zwar unabhängig von den Mahlzeiten und der Tageszeit. Die empfohlene Dosis beträgt in der Regel 4 mg Baricitinib täglich.

Für bestimmte Personen wird Olumiant® dagegen in der 2mg-Dosierung empfohlen, wie zum Beispiel für ältere Menschen ab dem 75. Lebensjahr.

Baricitinib: Wieso muss ich öfter zur Blutentnahme?

Wie oben beschrieben greift Baricitinib nicht unerheblich ins Immunsystem ein. Dadurch wird die Abwehr des Körpers insgesamt geschwächt. Deshalb ist es wichtig, womöglich schlummernde Infektionen wie Tuberkulose und Hepatitis auszuschließen, die durch die Einnahme von Olumiant® entfacht werden könnten.

Außerdem müssen die Abwehrzellen im Blut bestimmt werden. Sind sie stark erniedrigt, darf die Therapie nicht begonnen bzw. muss ggf. unterbrochen werden.

Leber und Nieren überprüfen

Schließlich muss die Funktion von Leber und Nieren, die das Medikament im Körper verarbeiten und ausscheiden, überprüft werden.

In der Regel wird Ihnen daher vor der Behandlung mit Baricitinib sowie 12 Wochen nach Therapiebeginn Blut abgenommen.

Wann darf Olumiant nicht eingenommen werden?

In folgenden Fällen sollte man von einer Behandlung mit Olumiant® absehen:

  • bei einer schwerwiegenden Überempfindlichkeit gegenüber Baricitinib oder einer der weiteren Bestandteile des Arzneimittels
  • bei einer Schwangerschaft

Zudem darf eine Therapie in folgenden Fällen nicht eingeleitet bzw. sollte unterbrochen werden:

  • erniedrigte Anzahl an Entzündungszellen
  • erniedrigter Hämoglobin-Wert (roter Blutfarbstoff)
  • schwere Funktionsstörung von Leber oder Nieren

Schwangerschaft und Stillzeit

Olumiant® ist während einer Schwangerschaft nicht erlaubt. Frauen im gebärfähigen Alter sollten sowohl während der Behandlung mit Olumiant® als auch nach Beendigung der Therapie für mindestens eine weitere Woche sicher verhüten.

Da ein Risiko für Säuglinge nicht ausgeschlossen werden kann, sollte Olumiant® während der Stillzeit ebenfalls nicht angewendet werden.

Wichtige ergänzende Hinweise

  • Impfungen mit Lebendimpfstoffen während oder unmittelbar vor der Therapie mit Olumiant® werden nicht empfohlen.
  • Bei Hinweisen auf eine Infektion muss die Therapie ggf. unterbrochen werden.
  • Olumiant® darf bei Betroffenen mit Risikofaktoren für tiefe Venenthrombosen und Lungenembolien nur mit Vorsicht angewendet werden.

Nebenwirkungen

Welche Nebenwirkungen kann Baricitinib haben?

Eine sehr häufige unerwünschte Nebenwirkung von Baricitinib ist die Entzündung von Nase und Rachen (Nasopharyngitis). Auch andere Infektionen (z.B. mit Herpes simplex) sind möglich. Zudem kann es unter Olumiant zu Kopfschmerzen und veränderten Blutwerten kommen.

In der Regel sind diese Nebenwirkungen jedoch nicht so stark, dass das Medikament abgesetzt werden muss. Schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen traten nach bisherigen Erfahrungen nicht auf.

Wechselwirkungen eher selten

Olumiant ist recht unkompliziert in Bezug auf andere Medikamente. Arzneimittelwechselwirkungen sind kaum relevant. Allerdings sollte der Wirkstoff sicherheitshalber nicht mit anderen wirksamen Immunsuppressiva (Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken) kombiniert werden.

Baricitinib kann in einer niedrigeren Dosierung von 2 mg auch bei einer eingeschränkten Nierenfunktion gegeben werden.

Infektionsgefahr nicht zu unterschätzen

Der schwache Punkt bei Olumiant® ist die Niere, worüber die Substanz hauptsächlich ausgeschieden wird. Eine eingeschränkte Nierenfunktion kann der Verordnung einen Strich durch die Rechnung machen.

Aber auch eine verringerte Zellzahl im Blut (Zytopenie) kann ein Grund sein, auf das Medikament zu verzichten. Denn bei aller Wirkung und vergleichsweise guten Verträglichkeit bleibt es ein Stoff, der das körpereigene Immunsystem empfindlich einschränkt. Dadurch werden nicht nur überschießende Entzündungsprozesse eingedämmt, sondern leider auch die normale Abwehr gedrosselt.

Unter Baricitinib ist daher, wie unter jedem anderen Basismedikament bei der rheumatoiden Arthritis auch, die Gefahr für schwere Infektionen erhöht. Gefürchtet sind vor allem schlummernde Infektionen wie eine Hepatitis oder Tuberkulose, die bei einem unterdrückten Immunsystem wieder aufflammen könnten. Diese Erkrankungen sind vor der Behandlung unbedingt auszuschließen. Aber auch das Risiko für eine Herpes-zoster-Infektion ist erhöht.

Noch fehlen langfristige Erfahrungen

Daher werden die neuen JAK-Inhibitoren erst dann eingesetzt, wenn eines oder mehrere der bisherigen Basismedikamente, die sich schon länger bewährt haben, keine ausreichende Wirkung gezeigt hat. Wenn bei Ihnen bislang jede Therapie versagt hat, könnte Olumiant vielleicht schon jetzt das richtige für Sie sein.

Quellen:

  • Europäische Arzneimittel-Agentur: Fachinformation Olumiant®. Online unter www.ema.europa.eu (zuletzt aufgerufen am 18.11.2020).

Haben Sie eigene Erfahrungen oder eine andere Meinung? Dann schreiben Sie doch einen Kommentar (bitte Regeln beachten)

Kommentare  
Baricitinib Medikament
Mein Hautarzt sagt, dass dieses Medikament die Ursache dafür ist, dass bei mir "Aktinische Keratose" entstanden ist. Muss ins Krankenhaus zur Behandlung. Gleichzeitig hat der Arzt auch ein "Plattenepithelkarzinom" festgestellt. Was ist los?? Kann diese Therapie Erfolg haben? Kann man diesen hellen Hautkrebs vermeiden? Ich habe eine Niereninsuffizienz!?
Kommentare

Autoren unseres Artikels
 
Dr. med. Sonia Trowe, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie

Dr. med. Sonia Trowe
Fachärztin für Dermatologie und Venerologie

    Studium:
  • Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
    Berufliche Stationen:
  • BG Klinikum Hamburg, iDerm, Dermatologische Gemeinschaftspraxis in Hamburg

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Eva Bauer
Ärztin

    Studium:
  • Universitätsklinik Erlangen
    Berufliche Stationen:
  • Universitätsklinik Freiburg
  • Amtsärztin im Gesundheitsamt Haßberge

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des Artikels
Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

Medizinisch geprüft von
Dr. med. Monika Steiner
Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

    Studium:
  • Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn
    Berufliche Stationen:
  • Leitung Medizin-Online / Chefredakteurin Springer Nature
  • Medizinische Gutachterin für ärztliche CME-Fortbildung bei esanum.de

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Dr. med. Sonia Trowe
Fachärztin für Dermatologie und Venerologie / medizinische Fachautorin

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