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Soll man sich als älterer Mensch gegen Pneumokokken impfen lassen oder nicht? Vor welchen Erkrankungen schützt die Impfung? Wie wirksam ist sie? Im folgenden Beitrag finden Sie Fragen und Antworten zur Pneumokokken-Impfung.

Zielgruppe

Für wen ist eine Pneumokokken-Impfung sinnvoll? 

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen Pneumokokken für alle Kinder ab dem vollendeten 2. Lebensmonat, außerdem als Standardmaßnahme für alle Personen ab dem 60. Lebensjahr sowie als Indikationsimpfung bei bestimmten Erkrankungen.

Das ist allerdings vielen Menschen nicht bekannt. Vielen Ärzten offenbar auch nicht, oder sie haben Vorbehalte gegen diese Schutzmaßnahme. Die Impfraten sind jedenfalls noch relativ niedrig. Dazu mag auch beitragen, dass die Empfehlungen dazu noch recht unübersichtlich und teilweise sogar widersprüchlich sind.

Durch das neuartige Corona-Virus ist die Impfung gegen Pneumokokken verstärkt ins Bewusstsein gerückt, die Nachfrage steigt. Gerade bei älteren Menschen kann eine doppelte Infektion mit dem Virus und dem Bakterium fatal sein. Das könnte der Pneumokokken-Impfung in Zukunft weiteren Aufschwung verleihen.

Wovor schützt die Pneumokokken-Impfung?

Bei der Pneumokokken-Impfung geht es vor allem um den Schutz gegen eine ambulant erworbene Lungenentzündung, abgekürzt CAP (community aquired pneumonia). Infektionsgefährdet sind vor allem Kleinkinder, ältere Menschen und Personen mit Immundefekten oder chronischen Erkrankungen.

85% der Pneumokokken-Infektionen verlaufen als Nasennebenhöhlenentzündung (Sinusitis) und Mittelohrentzündung (Otitis media) nichtinvasiv. Sind die Erreger nicht in Blut oder Liquor nachweisbar, ist auch die Sterblichkeit gering.

Vielleicht ist deshalb das öffentliche Bewusstsein für die Pneumokokken-Erkrankungen nicht sonderlich ausgeprägt, obwohl jedes Jahr etwa eine halbe Million CAP-Fälle in Deutschland zu verzeichnen sind. Diese gehen vor allem auf einen invasiven Pneumokokken-Befall zurück und seltener auf Influenza- sowie einige andere Viren, Mycoplasma pneumoniae oder Legionellen. Das Kompetenznetz "Ambulant Erworbene Pneumonie" beziffert die jährliche CAP-Häufigkeit sogar auf etwa 800.000 Menschen, von denen fast 240.000 ins Krankenhaus müssen.

Erhöhte Sterblichkeit bei Patienten im Krankenhaus

Mit einem Alter von über 65 Jahren nimmt die Häufigkeit und Schwere der Lungenentzündungen zu. Das gilt auch für Menschen mit Begleiterkrankungen wie COPD, Herz-Kreislauf- oder ZNS-Problemen sowie Diabetes und Nierenerkrankungen. Mindestens ein Fünftel der Betroffenen muss ins Krankenhaus und jeder Zehnte von ihnen wird zum Intensivfall.

Wirksamkeit

Wie wirksam ist die Pneumokokken-Impfung?

Auf den Erfolg einer Antibiotika-Therapie kann man zwar meistens, aber nicht immer vertrauen. Befunde aus dem Jahr 2013 haben eine Resistenzquote an Penicillin-resistenten Pneumokokken-Isolaten von 1-5% ergeben. Im europäischen Vergleich sind die Resistenzprobleme in Österreich und Frankreich mit unter 1% geringer, in Spanien mit 25-50% dagegen verschärft hoch. Hierzulande wird die Sterblichkeit bei CAP-Patienten im Krankenhaus auf 12% und darüber veranschlagt.

5.000 Todesfälle schätzungsweise vermeidbar – Impfung dennoch umstritten

Der Bundesverband für Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz - Info Gesundheit e.V. geht davon aus, dass durch eine Impfung jährlich bis zu 5.000 Todesfälle aufgrund von Pneumokokken-bedingten Lungenentzündungen vermeidbar wären. Die Sinnhaftigkeit und Schutzwirkung der Pneumokokken-Impfung ist allerdings ungeachtet der STIKO-Empfehlung immer noch umstritten – trotz (oder wegen) eines ganzen Dutzend an bisherigen Studien dazu.

Das liegt vor allem an den Zweifeln hinsichtlich einer durchschlagenden Wirksamkeit des Polysaccharid-Impfstoffs (PPV). Er ist zwar gegen 23 Pneumokokken-Serotypen gerichtet, die Studienqualität erscheint aber durchwachsen. Die Schutzwirkung des Pneumokokken-Konjugat-Impfstoffs ist dagegen in Fachkreisen allgemein anerkannt.

CAPiTA-Studie belegt Wirksamkeit

Der 13-valente Pneumokokken-Konjugat-Impfstoff (PCV13, Prevenar13®) wurde zuletzt mit der randomisierten und plazebokontrollierten CAPiTA-Studie in den Niederlanden aufwändig untersucht. An dieser weltweit größten Impfstudie nahmen etwa 85.000 nichtimmunisierte Probanden mit einem Mindestalter von 65 Jahren teil. Die Ergebnisse wurden 2014 veröffentlicht, nach einer Studienlaufzeit von vier Jahren.

Die Vakzinierung reduzierte die Zahl der ambulant erworbenen Pneumonien, die durch einen der PCV13-Serotypen bedingt waren, signifikant um 46%. Dabei wurden Lungenentzündungen mit nicht-bakteriämischem bzw. nicht-invasivem Verlauf um 45% und invasive Pneumokokken-Erkrankungen um 75% reduziert.

Unterschiedliche Empfehlungen

Noch hat sich die STIKO davon nicht beeindrucken lassen und ist bei ihrer bisherigen Standardempfehlung für den 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff ab dem 60. Lebensjahr geblieben. Nur bei Patienten, bei denen von vornherein wiederholte Pneumokokken-Impfungen zu erwarten sind (z.B. bei Nieren- oder Immundefizienz), empfiehlt auch die STIKO schon heute den Konjugat-Impfstoff.

Andere Expertenkreise wie die Infektliga e.V. und die Sächsische Impfkommission (SIKO) plädieren dagegen grundsätzlich für den Einsatz des zwar weniger valenten, dafür deutlich immunogeneren Konjugatimpfstoffs bei Senioren.

Sequenzielle Impfung möglicherweise optimal

Wenn die Patienten bereits mit PPV23 vorgeimpft wurden, dann kann eine nachfolgende Impfung mit PCV13 in einem Mindestabstand von einem Jahr erfolgen. Dieses Vorgehen bei der Indikationsimpfung, also bei Menschen mit Risikofaktoren (z.B. Rheumatoide Arthritis, aber auch viele andere Defekte und Begleiterkrankungen), entspricht den Empfehlungen der STIKO.

Als zurzeit beste Lösung sehen andere Impfexperten die sequenzielle Impfung in umgekehrter Reihenfolge an: also zuerst der Konjugat-Impfstoff (PCV13) und anschließend zur besseren Serogruppenabdeckung der Polysaccharid-Impfstoff (PPV23). Als zeitlicher Abstand werden, dem Vorschlag des Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP) folgend, acht Wochen empfohlen.

Quellen:

  • Adam D. Stellungnahme der Infektliga e.V. zur Pneumokokkenimpfung. (www. infektliga.de; Zugriff am 15.01.2016).
  • Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) (www.stiko.de; Zugriff am 14.01.2016).
  • Kompetenznetz Ambulant Erworbene Pneumonie (www.capnetz.de; Zugriff am 18.01.2016)
  • Pletz M et al. Pneumokokkenimpfung bei Erwachsenen – Hintergründe der aktuellen Diskussion. Dtsch Med Wochenschr 2013;138:185-7.
  • Pneumokokken – so wichtig ist das Impfen!Broschüre „Schutz vor Lungenentzündung“ des Bundesverbandes für Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz - Info Gesundheit e.V. (www.lungenentzuendung-vorbeugen.de; Zugriff am 15.01.2016)

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Dr. med. Jörg Zorn, Arzt

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Dr. med. Monika Steiner, Ärztin / Gutachterin für medizinische Fortbildung

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Dr. med. Monika Steiner
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